Beitrag So 16. Feb 2020, 14:42

Halberstadt CL.II/IV

Halberstadt CL.II/IV






Vorwort


Die Geschichte der Entwicklung eines Flugzeuges zur Bodenunterstützung reicht bis in die Zeit des Ersten Weltkrieges zurück. In einer der großen Sommeschlachten zwischen Juli und November 1916 wurde der deutschen Heeresführung bewusst, dass oftmals die Kommunikation zwischen Infanterie, Artillerie und den Luftstreitkräften nur unzureichend funktionierte, um die Angriffs- und Verteidigungsaktionen sinnvoll zu koordinieren. In dieser Zeit reifte die Idee, Beobachtungsflugzeuge tief über den Frontlinien fliegen zu lassen, um sich ein besseres Bild über die aktuelle Lage zu verschaffen. Da die damaligen Aufklärungsflugzeuge nur leicht bis gar nicht bewaffnet und zudem nur schwach gegen Abwehrfeuer geschützt waren, sollten robuste, stärker bewaffnete Flugzeuge als Begleitschutz in sogenannten Schutzstaffeln (Schusta) mitfliegen. Die neue Flugzeugklasse CL sollte dies ermöglichen, besser bewaffnet und nur für eine kurze Flugdauer ausgelegt versprach man sich eine höhere Präsens über den Frontlinien. Bei den ersten Einsätzen von notdürftig umgerüsteten Bestandsflugzeugen zeigte sich zudem, dass die Piloten dieser Flugzeuge durch die Mitnahme von Handgranaten und kleineren Bomben sogar die gegnerischen Stellungen wirkungsvoll angreifen konnten. Mit der neuen Funktion als Begleitschutz oder Bodenangriffsflugzeug wurde der Begriff Schlachtflugzeug ins Leben gerufen.


Entwicklung


Ende 1916 begann man in der Halberstädter Flugzeugwerke GmbH (HFW) unter der Leitung von Dipl. Ing Karl Theis mit der Entwicklung eines speziell für die neuen Bedürfnisse ausgelegten Flugzeuges. In kurzer Zeit wurden drei Prototypen des Halberstadt CL.II Zweisitzers im Auftrag der Inspektion der Fliegertruppe (IdFlieg) gefertigt. Der Erstflug fand Anfang Mai 1917 statt und die anschließenden Tests zeugten von der guten Leistungsfähigkeit des Flugzeuges.


Konstruktion


Die Grundkonstruktion der Halberstadt CL.II bestand aus einem Holzgerüst, dass mit einem speziellen Leinen überzogen wurde. Frühe Produktionen der Halberstadt CL.II erhielten an der Backbordseite des Triebwerks ein vorwärts schießendes LMG 08/15 „Spandau“, sowie aerodynamische Steuerstangen für die Quer- und das Seitenruder montiert, das kurz nach Produktionsbeginn vergrößert wurde. In der Spätproduktion der CL.II wurde das LMG 08/15 „Spandau“ über der Steuerbordseite des Motors montiert und die Querrudersteuerstangen vereinfacht. Spätere Versionen erhielten wie die Nachfolgeversion CL.IV ein zweites nach vorne feuerndes LMG 08/15. Der Pilot und der hinter ihm sitzende Beobachter waren in einem verlängerten gemeinsamen Cockpit untergebracht, was die Kommunikation der Besatzung deutlich verbesserte. Die Maschine wirkte mit diesen Ausmaßen kompakt, bot allerdings auch nur wenig Raum für weitere Ausrüstungen und Munition. Der Beobachter erhielt für den Kampf ein 7,92 mm Parabellum MG auf einer Drehringlafette. Die für den Beobachter vorgesehene MG-Drehringlafette war allerdings so montiert, dass er beim Feuern auf unten liegende Ziele auf den Sitz oder den Benzintank steigen musste und so riskierte, beim Kurvenflug aus dem Flugzeug zu stürzen oder sich anderweitig zu verletzen. Anfängliche Probleme gab es auch beim Fahrgestell, das später verstärkt wurde. Als Triebwerk wurde der bewährte Daimler-Mercedes Flugzeugmotor D III und IIIa eingesetzt, der bei vielen anderen deutschen Flugzeugtypen ebenfalls Verwendung fand. Der Rumpfboden unter dem Cockpit wurde aus Metall gefertigt, um einen gewissen Schutz vor Bodenbeschuss zu bieten. Abhängig von den Einsatzanforderungen konnte die Halberstadt CL.II verschiedene Modelle von Kamera- und Funkgeräten sowie kleine Bomben transportieren. Als Stromquelle zur Versorgung der Funkgeräte diente ein Dynamo, der vom Motor oder durch einen am Fahrgestell befestigten kleinen Propeller angetrieben wurde. In der Halberstädter Flugzeugwerke GmbH wurden insgesamt 703 Flugzeuge hergestellt. In Lizenz wurden etwa 200 weitere Exemplare bei den Bayrischen Flugzeugwerken gefertigt, so dass insgesamt ca. 900 Halberstadt CL.II hergestellt wurden.


Blick auf die Drehringlafette mit dem 7,92 mm Parabellum MG für den Beobachter. Die Ober- und
Unterseiten der Tragflächen waren meistens mit der typischen Lozenge Tarnung versehen.



Einsatz


Ab Ende Juli 1917 trafen die ersten Serienflugzeuge an der Front ein. Das Flugzeug wurde sehr schnell für seine gute Sicht geschätzt, Steiggeschwindigkeit, Wendigkeit, Stabilität und leichte interne Kommunikation, die durch die Nähe des Piloten und des mitfliegenden Beobachters geboten wurde. Die Flugzeuge wurden überwiegend den Schutzstaffeln (Schusta) zugeteilt. Diese wurden im April 1918 zur Infanterieunterstützung in Schlachtstaffeln (Schlasta) umbenannt. Insgesamt gab es 38 Schusta/Schlasta, von denen 20 ausschließlich mit Halberstadt CL.II ausgestattet waren. Die Flugeigenschaften des Flugzeugs waren so gut - es war voll kunstflugtauglich - dass es auch bei den Jagdstaffeln erfolgreich erprobt wurde. Allerdings war das Zweisitzerkonzept für diesen Zweck bereits als überholt anzusehen, so dass die Idee für den Einsatz als Jagdflugzeug nicht weiter verfolgt wurde. Einige Maschinen wurden wie der Nachfolger CL.IV als Nachtjäger gegen einfliegende feindliche Bombergeschwader eingesetzt.


Blick auf den Holzpropeller in Laminatbauweise.



Version CL.IV


Die ebenfalls in der Halberstädter Flugzeugwerke GmbH konstruierte Nachfolgeversion CL.IV ersetzte die Vorgängervariante CL.II von 1917. Grundsätzlich basierte das Nachfolgemodell auf der Halberstadt CL.II. Der Konstrukteur änderte hierbei die Form des Rumpfes, kürzte und verstärkte ihn und sorgte für eine angepasste Stromlinienform bei gleichzeitiger Vergrößerung des Besatzungsraums. Auch das Heck und das Leitwerk wurden überarbeitet, wodurch das Flugzeug manövrierfähiger wurde. Die Flügel blieben im Wesentlichen unverändert, allerdings wurde das Mittelstück vereinfacht und dessen Gewicht verringert.
Die Halberstadt CL.IV erreichte die Front im Frühsommer 1918. Bis zum Ende des Krieges waren 18 Schlachtstaffeln ganz oder teilweise mit dem Typ ausgestattet. Von den 1.300 bestellten Flugzeugen wurden etwa 840 gebaut. Davon waren 7 Produktionslose bei Halberstadt und zwei Lose bei LFG Roland (ca. 250 Stück) entstanden. Die bei LFG Roland produzierten Maschinen hatten dabei ein um 40 cm verlängertes Heck, um den Horizontalflug zu stabilisieren. Der neue Flugzeugtyp wurde erstmals bei der großen deutschen Frühjahrsoffensive 1918 als Erdkampfflugzeug eingesetzt. Hierbei konnten erfolgreich gegnerische Stellungen mit kleinen Bomben, die noch per Hand abgeworfen wurden und mit Maschinengewehrfeuer angegriffen werden. Vereinzelt wurde das Flugzeug auch als Nachtbomber eingesetzt.
Nach Kriegsende wurden viele Maschinen zu Post- und Passagierflugzeugen umgebaut und für zivile Zwecke in verschiedenen Ländern eingesetzt.


Technische Daten
Länge:7,75 m
Flügelspannweite:10,77 m
Flügelfläche:27,50 qm
Höhe:2,75 m
Höchstgeschwindigkeit:165 km/h in 5.000 m Höhe
Besatzung:2
Flugzeit auf 1.000 m Höhe:5 min
Reichweite:500 km
Dienstgipfelhöhe:5.500 m
Gesamtflugzeit:180 min
Leergewicht:730 kg
Startmasse:1.070 kg
Triebwerksleistung:160 PS (Startleistung)
Bewaffnung:1 bis 2 MG 08/15 mit 7,92 mm und 1 MG Parabellum 7,92 mm sowie 5 Handgranaten / kleine Bomben



Quellen



Autor: asuser