Beitrag Sa 15. Nov 2014, 15:42

SS-Obergruppenführer Reinhard Tristan Eugen Heydrich

SS-Obergruppenführer Reinhard Tristan Eugen Heydrich



* 7. März 1904 in Halle (Saale)
† 4. Juni 1942 in Prag



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"Es gibt nichts, was man nicht glaubt, durch die Geheime Staatspolizei lösen zu können.
So sind wir, scherzhaft ausgedrückt, variabel vom „Mädchen für alles“ bis zum „Mülleimer des Reiches“!"

Reinhard Heydrich, Zum Tag der deutschen Polizei 1941



Reinhard Heydrich war wohl die Person des Dritten Reichs, um die sich noch heute die meisten Mythen ranken. Als das Dritte Reich an der Spitze, am Zenit seiner Machtentfaltung angekommen war, war auch er an seinem Höhepunkt. Eine Aneinanderkettung von Zufällen ließ ihn zum Drahtzieher hinter den Kulissen der SS werden. Manche bezeichneten ihn sogar als den Kopf der SS - als den Denker hinter Himmler.

Geburt und Jugend



Alte Postkarte Halle / Saale aus dem Jahr 1900


Am 7. März 1904 in Halle an der Saale war es dann soweit. Reinhard Tristan Eugen Heydrich erblickte das Licht der Welt. Schon zu Lebzeiten war Heydrich vielen Menschen ein Rätsel. Selbst seinen eigenen Mitarbeitern gegenüber blieb er weitestgehend anonym. Freundschaftliche Kontakte waren eine absolute Seltenheit. Reinhard, diesen Namen hatte er von seiner Mutter bekommen, benannt nach einer Heldenfigur einer Oper, die Heydrichs Vater komponierte. Den Namen Tristan bekam er von seinem Vater, benannt nach der Figur aus einer Oper Richard Wagners, den die Familie Heydrich verehrte. Eugen hieß bereits sein Großvater mütterlicherseits, zu ehren dessen er auch noch diesen Namen erhielt.

Sein Vater, Richard Bruno Heydrich war Mitbegründer und Direktor des örtlichen Konservatoriums, welches anfangs als Privatschule für Musik und Theater gegründet wurde. Seine Mutter, eine geborene Krantz, war die Tochter des Gründers des weltberühmten, königlichen Konservatoriums in Dresden. Elisabeth Anna Maria Krantz, geboren 1871 in Dresden, ermöglichte der noch jungen Familie Heydrich ein Leben in gehobenen sozialen Schichten.

Reinhard war das zweite Kind nach seiner Schwester Maria, die zu diesem Zeitpunkt bereits drei Jahre alt war. Es sollte nach Reinhard noch ein weiterer Sohn folgen, der auf den Namen Heinz Siegfried getauft wurde. Die Erziehung der Kinder war der strengen Mutter überlassen. Heydrichs Vater konnte aufgrund seiner vielen gesellschaftlichen Verpflichtungen nie eine wirklich innige Beziehung zu seinen Kindern aufbauen. Vor allem die Mutter brachte einen erheblichen religiösen Aspekt mit ein in die Beziehung, da sie selbst beinah schon eine fanatische Katholikin war. Ein gemeinsames Abendgebet und der sonntägliche Besuch der heiligen Messe war daher obligatorisch. Noch bevor Reinhard zur Schule ging, konnte er bereits perfekt Noten lesen und diese auch vortrefflich auf dem hauseigenen Klavier wiedergeben. Des Weiteren nahm er bereits im Vorschulalter Violinen Unterricht. In der Schule galt „Reini“ (wie er genannt wurde), als unauffälliger, in sich gekehrter, jedoch aber begabter Schüler. Seine Kameraden beschrieben ihn durchwegs als schwierig. Er wirkte einsam und alleingelassen, teilweise sogar arrogant.

1914 wurde Heydrich in ein "Reform Gymnasium" umgeschult. Die Schulform des Reform-Gymnasiums ging auf eine Idee Kaiser Wilhelms II. zurück, der Schüler bereits früh auf Fremdsprachen und Naturwissenschaften vorzubereiten gedachte, um Deutschland später am gerade aufkeimenden Welthandel einen etablierten Platz zu sichern. So war Heydrich bis zu seinem Abitur von den Naturwissenschaften, von Chemie, Physik und Mathematik angetan. Er lernte Englisch und Französisch bereits ab der sechsten Klasse. Seine schulischen Leistungen wurden allgemein als „Sehr gut“ beurteilt. Schon damals war für den jungen Heydrich klar, er wollte Chemiker werden. Sogar zu Hause laborierte er in strikter Abgeschiedenheit mit chemischen Substanzen und auch in der Schule waren seine Leistungen in Chemie hervorragend.

Schon in seiner Schulzeit entwickelte Heydrich ein übersteigertes Konkurrenzbewusstsein. Er wollte um jeden Preis besser als alle anderen sein. Grund für sein teilweise extremes Verhalten dürfte ein Minderwertigkeitskomplex sein, den er auf diese Art und Weise zu kompensieren versuchte. So hatte Reinhard Heydrich es mit seinen Klassenkameraden nicht leicht und wurde oft verprügelt, da er von schmächtiger Gestalt war und eine außergewöhnlich hohe Stimme für sein Alter hatte. Die hohe Stimme sollte sich noch lange Zeit nicht ändern, woraufhin er "die Hebbe" (Ziege) oder der "weiße Ziegenbock" genannt wurde.

Schon damals wurden der Familie Heydrich gute Kontakte zu jüdischen Kreisen - ja sogar eine jüdische Abstammung nachgesagt. Die Familie wurde jedoch nicht müde Beides zu dementieren, obwohl natürlich auch Juden bei den Heydrichs ein- und ausgingen, nicht zuletzt, weil viele davon die Privatschule von Bruno Heydrich besuchten. Reinhard lebte zusehends in seiner eigenen Welt. Selbst seine Familie, sein engstes Umfeld fand immer schwerer Zugang zu ihm. Seine eigene ältere Schwester behauptete nach dem Krieg, dass sie Reinhard praktisch nie ein Buch lesen sah, wenn dann nur schlechte Abenteuerromane - was allerdings keineswegs der Realität entsprach. Außerdem hatte Reinhard nur einen einzigen engen Freund. Der vier Jahre ältere Erich, Sohn einer Försterfamilie kannte den jungen Heydrich besser als alle anderen Menschen. Reinhard verbrachte zwischen 1914 und 1918 große Teile seiner Ferien in dem Forsthaus und half dort sogar in der Landwirtschaft mit. Diese Zeit bei der bodenständigen Familie stärkte Reinhards Selbstvertrauen und ließ ihn den nötigen Abstand von seinem frommen Elternhaus gewinnen.

Die Ereignisse des Novembers 1918 brachten die Familie Heydrich an den Rand des Ruins. Als kaum 15-jähriger musste Reinhard am eigenen Leibe nun erfahren, wie deutlich sich Politik auf das Leben der Menschen auswirken kann. Diese negativen Erfahrungen sollten Reinhard Heydrich durch seine gesamte Jugend begleiten. Dabei besserte sich bis zum Jahre 1920 zwar die Lage der Familie etwas, jedoch wurden die sogenannten „Verbrecher des November 1918“ von der Familie für ihre Lage verantwortlich gemacht. Mit dieser Ansicht waren sie nicht alleine im damaligen Deutschland. Auch Reinhard, der diese Ansichten seine ganze prägende Jugendzeit lang zu Hause mitbekommen hatte, trat nun angeblich der Bürgerwehr in Halle bei. Allerdings stellten sich diese Informationen aus seinem Lebenslauf als falsch heraus. Mitglied der damaligen Bürgerwehr war nicht Reinhard, sondern sein Vater Bruno Heydrich! Tatsächlich brachte Bruno Heydrich seinen Sohn für kurze Zeit in der Bürgerwehr unter, als Radfahrerordonnanz diente er kurze Zeit einem Offizier, der ihm einen tadellosen Dienst bezeugte.


Heydrich und die Marine



Reichskriegsflagge der Reichsmarine (1922 / 1923 bis 1933)


Ein paar Wochen nach seinem 18. Geburtstag trat Reinhard Heydrich am 30. März 1922 als Seekadett in Kiel-Holtenau in den Dienst der Reichsmarine ein. Entgegen den Hoffnungen seines Vaters wollte der Abiturient eine Karriere als Offizier antreten. Sein Traum war die Erreichung des Admiralsrangs. Der sogenannte "Seeteufel" Graf Luckner ging bei den Heydrichs ein und aus. An so manchen Abenden erzählte er von seinen Erlebnissen bei der Marine rund um die Welt. Diese Erzählungen eines ereignisreichen Lebens auf hoher See, dürften Reinhard entscheidend beeinflusst haben, in die verhältnismäßig kleine Marine (durch die Beschränkungen des Versailler Vertrages) einzutreten. Letztendlich stimmten seine Eltern einer Offizierslaufbahn zu, da dieser Beruf trotz aller Schmach nach dem ersten Weltkrieg immer noch Ansehen und ein gesichertes Einkommen versprach. Man hatte damals nach 10 Jahren Dienst als Offizier bereits Anspruch auf Pension.

In der Reichsmarine gab es zwei Ausbildungsmannschaften (Korporalschaft). Die Erste wurde von Elite-Ausbildern betreut, in der Zweiten wurden Offiziersanwärter und Mannschaften gemeinsam ausgebildet. Da Reinhard als verweichlicht eingestuft wurde, kam er in die zweite Korporalschaft. Man ließ ihn spüren, dass ein angehender Marineoffizier keinesfalls mit Geige zum Dienst antreten könne, noch dazu konnte er kein richtiger Mann sein, wenn er nicht rauchte und nicht trank. Nicht zuletzt wegen seiner Nase und seinem hageren Erscheinungsbild wurde er von seinen Kameraden als "Ziegenbock" verunglimpft. Da er in seiner Freizeit Geige spielte wurde der Spitzname später in "Himmelsziege" umgetauft. Einer seiner Ausbilder, ein polnisch-stämmiger Korporal triezte Heydrich wo er nur konnte. Nicht einmal musste er sich beim Sport hinknien, mit den Händen am Rücken verschränkt und sich nach vorne fallen lassen. Der kleine, untersetzte Ausbilder fiel regelmäßig auf seinen dicken Bauch, der hagere Heydrich jedoch immer auf sein Gesicht. Auch ließ der Ausbilder die "Himmelsziege" in seinem Bierrausch oft mitten in der Nacht aus seinem Bett holen und auf der Geige etwas vorspielen. Immer wieder verlangte der Ausbilder die "Toselli-Serenade" - später, wenn diese Serenade im Radio gespielt wurde, stellte Heydrich das Gerät sofort ab. Auch nach der Grundausbildung und einem weiteren Jahr Bordausbildung auf dem Linienschiff "Braunschweig" hatte sich die Stellung Heydrichs innerhalb der Crew nicht verändert. Immer noch war er der Einzelgänger.



Linienschiff der Braunschweig-Klasse


Während eines Freigangs wurde Heydrich in Halle von einem Studenten angepöbelt, der ihn auf seine angeblich jüdische Abstammung hin als "junger Itzig Süß in Marineuniform" ansprach. Seine Crewkameraden wandten sich daraufhin von Heydrich ab, da er sich weigerte sich mit dem Studenten zu prügeln um so seine Ehre wiederherzustellen. Er wurde von da an als ehrlos bezeichnet und hatte damit in den Augen seiner Kameraden Schande über die Marine gebracht. Mit einem derart ehrlosen Kameraden wollten sie nichts mehr zu tun haben. Auch seine restlichen Kameraden der Marineschule Mürwik schlossen sich diesem Beispiel an, wodurch Heydrich zunehmend isoliert war. Heydrich schuf sich in dieser Zeit seine eigene Welt, in die er sich immer wieder zurückzog.

Nach einer drei monatigen Ausbildung auf dem Segelschulschiff "Niobe" im Jahre 1923 wurde er am 1. Juli 1923 bis Ende März 1924 auf den Kreuzer "Berlin" abkommandiert. Dies war seine letzte Station seiner Kadettenausbildung. Dieser 1. Juli 1923 sollte Heydrich sein weiteres Leben prägen, denn an diesem Tag wurde er Erster Offizier bei Korvettenkapitän Wilhelm Canaris.

Dies war die Zeit, in der Reinhard Heydrich seine Leidenschaft für den Fechtsport entdeckte. Er schrieb sich in Hamburg in einen privaten Fechtclub ein und unternahm lange Fahrten mit seinem neuen Motorrad. Hatte Heydrichs Geige ihm bisher immer nur Hohn und Spott eingebracht, so brachte sie ihm nun Zugang zur Gesellschaft. Oft wirkte Heydrich aufgrund seines Erscheinungsbilds als einfacher Matrose, wenn er jedoch musizierte, oder über Musik sprach, änderte sich dies schlagartig.

Die Frau des Korvettenkapitäns Canaris unterhielt im eigenen Haus ein kleines Streichquartett dessen zweite Geige damals nicht besetzt war - so lud ihn Canaris kurzerhand nach Hause ein. Schnell war Canaris Frau von Heydrichs hingebungsvollem Spiel beeindruckt. Viele Abende verbrachte Heydrich nun bei den Canaris. Er musizierte und lauschte so manche Stunde den Erzählungen des Korvettenkapitäns vom ersten Weltkrieg, den Canaris als Leutnant zur See auf dem Kreuzer "Dresden" erlebte. Dem einzigen Schiff, das die Schlacht bei den Falklands überlebt hatte.

Die Zeit bei Canaris und seiner Familie half Heydrich, sein trostloses Leben als Seeoffizier zu ertragen. So fand Heydrich auch bei anderen Offiziersfamilien Eingang. Schon bald war Heydrich bekannt und beliebt zugleich. Er galt plötzlich als charmant, korrekt, gebildet und witzig - allerdings nur solange er sich im kleinen Kreis bewegte, größere Gesellschaften waren ihm verhasst und hemmten ihn.

Nun stellten sich auch "erste Erfolge" bei den Frauen ein. Heydrich wurde immer wieder mit neuen blonden Schönheiten gesehen. Sein Drang sich bestätigen zu müssen machte sich auch in dieser Beziehung bemerkbar. Langsam konnte Heydrich so sein schlechtes Image aus seiner Ausbildungszeit ablegen und galt nun als vielversprechender Offizier. Trotz allem suchte Heydrich gesellschaftlichen Verpflichtungen möglichst zu entgehen. Er wirkte trotz allem immer noch plump und ungehobelt, was auf seine ungebroche große Unsicherheit zurückzuführen war.

Am 1. Oktober 1926, nach vierjähriger Ausbildungszeit wurde Heydrich zum Leutnant zur See befördert. Sofort begann er eine Ausbildung zum Nachrichtenoffizier. In dieser Funktion blieb er weiterhin auf der "Berlin", des damaligen Flaggschiffs der Flotte. Heydrich entwickelte sich nun zum Leistungssportler. Er verfeinerte seine Fechtkünste, begann zu schwimmen, machte ausgedehnte Waldläufe, lernte Reiten und verfeuerte tausende Schüsse Pistolenmunition. Um jeden Preis wollte er seine ungeschickten Bewegungen ablegen um nicht mehr plump zu wirken.



Der deutsche Kreuzer "Berlin" im Hafen von Kiel.


1927 wurde Heydrich gemeinsam mit Reserveoffizieren zum Offiziers-Fechtturnier zugelassen. Bei diesem, seinem ersten Turnier schied er jedoch bereits in der Vorrunde aus und warf nach seiner Niederlage den Säbel voller Wut auf den Boden. Seine Kameraden schämten sich aufgrund seines unbeherrschten Verhaltens. Heydrich jedoch nahm diese Niederlage zum Anlass noch fanatischer zu trainieren und noch besser zu werden. Um jeden Preis wollte er allen beweisen, dass er der Beste sein konnte. Nebenbei lernte er auf eigene Faust Russisch und legte später erfolgreich seine Sprachprüfungen in Englisch, Französisch und Russisch an der Marineschule Mürwik ab. In den meisten Fächern eher durchschnittlich, war Heydrich in den naturwissenschaftlichen Bereichen, wie Mathematik überdurchschnittlich gut. Dies kam seiner Ausbildung zum Nachrichtenoffizier sehr zu Gute.

1928 kam er daher als Hilfsreferent und Nachrichtenoffizier in die Admiralsabteilung der Marinestation der Ostsee und wurde zugleich zum Oberleutnant zur See befördert. Heydrich galt als ehrgeizig und bestrebt alles nach seinen Ansichten und Auffassungen darzustellen, aber fachlich wurde er stets ausgezeichnet beurteilt und so stand seiner gesicherten Laufbahn als Offizier nichts mehr im Wege. Schon sein Jugendfreund Schultze, mit dem Heydrich auch in seiner Zeit bei der Marine noch Kontakt hielt, bescheinigte ihm, dass er es in der Marine noch sehr weit bringen könne:

"Nie war er mit etwas erreichtem zufrieden, immer wollte er noch mehr und noch weiter kommen" [...] "Schon als Leutnant träumte er davon Admiral zu sein."


Auf dem Ball der Schleswig-Holsteinischen Rudervereinigung lernte Reinhard Heydrich am 6. Dezember 1930 eine 18-jährige, blonde Schönheit kennen. Ihr Name war Lina von Osten. Den ganzen Abend hatte er nur Augen für die junge Schöne und tanzte ständig nur mit ihr. Lina von Osten stand damals kurz vor dem Abitur und nahm mit einigen Mädchen ihrer Klasse an diesem Ball teil. Im Anschluss an den Ball brachte Heydrich sie nach Hause. Schon am übernächsten Tag, dem 8. Dezember verabredeten sich die Beiden in einem Café. Bereits für den Tag darauf hatte Reinhard Theaterkarten besorgt. Im Anschluss an die Vorstellung lud er Lina in "Wicks Weinkeller" ein. Heydrich hielt sich strikt an die bürgerliche Konvention des Kennenlernen-Rituals Ballsaal-Café-Theater-Weinlokal. Bereits am vierten Tag nach ihrem Kennenlernen fragte Reinhard Heydrich Lina von Osten im Weinkeller: "Fräulein von Osten, wollen Sie meine Frau werden?" Ihren Einwand, dass er ja nicht einmal wisse, ob ihr Vater nicht vielleicht ein Schuhputzer sei und ein deutscher Offizier in so einen Stand ja nicht einheiraten könne, antwortete Heydrich nur lapidar: "Das ist mir ganz egal was ein Offizier der deutschen Kriegsmarine kann" und wiederholte seinen Antrag.

Am 18. Dezember 1930 verlobten sich die Beiden heimlich. Zugleich bat Heydrich schriftlich bei Lina von Ostens Vater, einem Dorfschullehrer um die Hand seiner Tochter. Zu Weihnachten wurde Heydrich von Linas Familie eingeladen. Er erschien mit seinem Geigenkasten unterm Arm und spielte um die Gunst des Vaters. Lina sollte sich beinahe 50 Jahre später noch an diesen Weihnachtsabend im Kreise Ihrer Familie erinnern und meinte dazu: "Ich hätte ihn, glaube ich, nicht geheiratet, hätte er nicht so schön Geige gespielt." Ein Oberleutnant der Marine war jedoch auch ohne Geige den durchwegs deutschnational gesinnten von Ostens nur recht. Schon früh waren die von Ostens in der NSDAP bekannt und etabliert. Heydrich kam so in diesen Weihnachtstagen 1930 zum ersten Mal mit dem Nationalsozialismus und der NSDAP in Kontakt. Sein künftiger Schwager Jürgen von Osten war bereits 1928 bei einer Rede Hitler begegnet und sofort in die Partei und die SA eingetreten. Die Familie hielt seither beste Kontakte zu führenden Nationalsozialisten.



Reinhard Heydrich mit seiner Frau Lina am 26. Mai 1942


Lina selbst trat bereits 1929 mit der Mitgliedsnummer 1201380 der NS-Frauenschaft bei. Heydrich selbst jedoch konnte sich nicht für den Nationalsozialismus begeistern. Laut Lina soll er sich allein auf seine Karriere bei der Marine konzentriert haben - politisches Engagement war ihm zuwider. Am zweiten Weihnachtsfeiertag wurde offiziell Verlobung gefeiert. Heydrich schickte die Verlobungsanzeige auch einer Schülerin eines Internats der Kolonialfrauenschule in Rendsburg. Heydrich hatte sich im Sommer 1930 mit diesem Mädchen öfters getroffen. Sie haben sich gegenseitig besucht und so träumte dieses Mädchen bereits von einem Leben an der Seite des Marine-Offiziers. Heydrichs Pech war, dass sie die Tochter eines Marine-Oberbaurats war, der seines Zeichens bekannt mit Admiral Raeder war. Das Mädchen erlitt beim Erhalt der Verlobungsanzeige und damit des überraschend kommentarlosen Endes ihres Traums einen Nervenzusammenbruch. Dieses Verhalten Heydrichs sollte noch Folgen haben, denn der Vater des Mädchens reichte Beschwerde an höchster Stelle bei Admiral Raeder ein. Er beantragte die "Nachprüfung der Angelegenheit durch den zuständigen Ehrenrat". Heydrich wurde daraufhin sofort vom Dienst suspendiert und musste zur Anhörung vor dem Ehrenrat. Er war sich sicher, dass die Anschuldigungen haltlos waren, da das Verhältnis zu dem Mädchen harmlos war. Die angebliche Schwangerschaft dieses Mädchens war ein verbreitetes Gerücht, konnte jedoch nicht bewiesen werden und wurde als haltlos verworfen. Dementsprechend siegessicher trat Heydrich vor den Ehrenrat.

Den Vorwurf der Ehrenrührigkeit musste Heydrich sich allein aufgrund der Tatsache gefallen lassen, da er das Mädchen nach Kiel zu sich einlud und nicht wie von ihr gefordert ein Hotelzimmer organisierte, sondern sie bei seinen Wirtsleuten unterbrachte weil das billiger war. Das Mädchen widerstand seinen Annäherungsversuchen, erhoffte sich trotz allem jedoch "mehr". An sich war diese Anschuldigung bei weitem nicht ausreichend um den jungen Oberleutnant aus der Marine auszuschließen. Allerdings trat Heydrich vor dem Ehrenrat aufgrund der lächerlichen Anschuldigungen bei weitem nicht so ritterlich auf wie der Rat sich dies erwartete. Anstatt Reue zu zeigen, bezichtigte er das Mädchen der Lüge und versuchte sich von aller Schuld reinzuwaschen. Die vier Marineoffiziere, die dem Rat angehörten (Vorsitzender war Admiral Gottfried Hansen, Vizeadmiral Gustav Kleinkamp, und die späteren Admiräle Puttkamer und Freiwald) sahen Heydrichs Verhalten als unaufrichtig an.



Admiral Erich Raeder, der neue Chef der Marineleitung, 1928


Im Urteil ließ der Ehrenrat deshalb bewusst die Frage offen, ob das Verbleiben eines solchen Offiziers in der Marine überhaupt noch möglich sei. Heydrichs Verhalten während der Anhörung hinterließ ein derart schlechtes Bild, dass es den Grund des Verfahrens bei weitem überschattete. Die Bewertung des Ehrenrats ging zur letzten Entscheidung an den Chef der Marineleitung Admiral Raeder. Dieser entschied ohne weiteres gegen den jungen Oberleutnant und stieß Heydrich daher im April 1931 wegen "Unwürdigkeit" aus der Marine aus. Auch die Möglichkeit Offizier der Reserve zu werden wurde ihm genommen. Diese unehrenhafte Entlassung wurde dem gesamten Offizierskorps der Marine mitgeteilt. Heydrich erhielt zwei Jahre lang ein Übergangsgehalt von 200 Reichsmark monatlich, da er ein Jahr vor Erreichung der Pensionsfähigkeit entlassen wurde.

Als gebrochener Mann reiste er vorerst zurück zu seinen Eltern nach Halle. Der Ausschluss aus der Marine traf Heydrich hart. Allgemein ging es der Familie Heydrich in dieser Zeit nicht gut. Der Vater kämpfte mit aller Macht gegen den Zusammenbruch des Konservatoriums, sein Bruder musste das Studium abbrechen um die Familie mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser zu halten. In der allgemeinen Depression dieser Zeit fand Reinhard so auch zu Hause keinen Trost und suchte diesen bei seinem alten Schulfreund Schultze und seiner Familie. Heydrich sah eine Chance für 300 Reichsmark im Monat als Segellehrer arbeiten zu können. Auch bestand für ihn noch die Möglichkeit in die Handelsmarine einzutreten. Doch nichts konnte seinen Verlust der Uniform und des Soldatenstandes wettmachen. Er war mit jeder Faser seines Seins Soldat gewesen. Die Entlassung aus der Marine war der schwerste Schlag im jungen Leben Heydrichs. Laut Lina von Osten war die Entlassung sogar schlimmer für Reinhard, als die schwere Verletzung später bei dem Attentat in Prag.


Sein Weg zu den Nationalsozialisten



SS-Obergruppenführer Friedrich Karl von Freiherr Eberstein am 30. September 1938


Heydrich zog schlussendlich nach Hamburg, da er der Meinung war, dort leichter Arbeit finden zu können. Auch war er seiner Verlobten damit näher. Mittlerweile waren allerdings die Eltern von Beiden gegen diese Verbindung. Heydrichs Eltern, weil sie sich eine bessere Partie für ihren Sohn erhofften und Linas Eltern, weil sie vom Grund der unehrenhaften Entlassung erfuhren. Lina und Reinhard jedoch ließen sich nicht beirren und hielten fest zusammen. Ihre Probleme und der Gegenwind der Eltern stärkte ihre Beziehung nur noch.

Elisabeth Heydrich, die Mutter Reinhards war es auch, die letztendlich ihre Kontakte spielen ließ. Sie war bekannt mit einer gewissen Frau von Eberstein, deren Sohn Karl von Eberstein ein Nationalsozialist der ersten Stunde war. Sie bat die Ebersteins, ein gutes Wort für Reinhard einzulegen und ihm wenn möglich eine Position zu verschaffen in der er eine Uniform tragen konnte. Freiherr Karl von Eberstein (später SS-Obergruppenführer) bekleidete zu dieser Zeit den Rang eines SA-Oberführers und verkehrte in höchsten Nazi-Kreisen. Ernst Röhm und Heinrich Himmler waren ihm bestens bekannt. Allerdings konnte sich Heydrich keinesfalls in der Uniform eines SA-Mannes vorstellen, sogar Lina war die SA schon damals verhasst - sie bezeichnete, selbst als glühende Nationalsozialistin, die SA-Horden sogar als Lumpenpack. Reinhard wollte die Vermittlung Ebersteins schon ablehnen, als Lina ihn drängte anzunehmen, jedoch auf eine höhere Position bei der SS zu drängen. Die damals noch sehr kleine und unbedeutende SS kam Lina als die wahre Elite vor. Erst als Eberstein ihm tatsächlich eine entsprechende Position in der SS in Aussicht stellen konnte, war Heydrich bereit der Partei beizutreten. Keinesfalls jedoch aus Überzeugung. Nach wie vor war Heydrich die Politik generell verhasst. Der Beitritt zur NSDAP war damals nur Mittel zum Zweck.

Heydrich bewarb sich schriftlich um eine Hauptleitungsstelle und ließ das Schreiben von Eberstein überbringen. Hauptmann Röhm wusste jedoch nichts mit einem ehemaligen Oberleutnant der Marine anzufangen und schickte das Schreiben auf dem Dienstweg weiter zum Büro des Reichsführers SS Heinrich Himmler.

Im Jahre 1929 hatte die SS gerade mal 280 Mitglieder - die Zahl wuchs jedoch bis 1931 auf mehr als 10.000 an. Mehr als 10 % der damaligen SS-Abschnitts- und Sturmbannführer waren "Blauen Blutes". Himmlers Stabsleiter beispielsweise war ein Neffe der holländischen Königin, der Erbprinz Josias zu Waldeck und Pyrmont. Die SS machte damals einen Wandel durch, eingeleitet von Himmler persönlich. Er wollte aus der Leibgarde Hitlers die "Garde der Nation" formen. Er wollte besonders ausgesuchte Menschen in seinen Orden bringen. Er wollte die Elite des Reiches um sich scharen. Himmlers besonderes Interesse erregte die Tatsache, dass Heydrich bei der Marine als Nachrichtenoffizier gedient hatte. Wenige Wochen zuvor hatte Himmler nämlich von Hitler persönlich den Auftrag erhalten einen politischen Nachrichtendienst aufzubauen. Himmler selbst, der nicht so recht wusste, wie ein solcher Nachrichtendienst aufgebaut werden sollte, wie er ihn formen und ausrichten konnte, war nun auf der Suche nach einem geeigneten Mann, der für diesen Auftrag prädestiniert war. Wie der Zufall es wollte, war Himmler scheinbar der Unterschied zwischen einem Nachrichtenoffizier und Nachrichtendienstoffizier nicht geläufig und so lud er Heydrich kurzerhand zu einem Gespräch ein.



Heinrich Himmler, 1929


Am 16. Juni 1931 war es soweit, ungeduldig hatte Heydrich dem Termin mit Himmler entgegengefiebert, da er bereits von der durchaus positiven Reaktion Himmlers auf seine Bewerbung erfahren hatte.
Einen Tag vor dem Gespräch jedoch lies Himmler durch von Eberstein mitteilen, dass der Termin verschoben werden müsse, da er sich erkältet hatte. In Wahrheit erreichte ihn eine zweite Bewerbung eines gewissen Polizeihauptmanns Horninger. Himmler konnte sich nun nicht mehr entscheiden, welchen der beiden Bewerber er den Vorzug geben sollte und so schob er sie auf die lange Bank. Heydrich war deprimiert und wollte abwarten, bis Himmler wieder gesund sei. Lina allerdings drängte Reinhard die Absage zu ignorieren und trotzdem nach München zu reisen. Von Eberstein empfing Heydrich leicht verärgert bereits am Münchner Hauptbahnhof und wiederholte die Absage und meinte, dass Himmler ihn nicht empfangen könne. Heydrich ließ sich jedoch nicht beirren und verlangte unbedingt zum Reichsführer SS in dessen Privatwohnung in Waldtrudering (einem Münchener Vorort) vorgelassen zu werden. Himmler, sichtlich überrascht über den Besuch Heydrichs trotz Absage, kam sofort zum Punkt und fragte Heydrich frei heraus, ob er Erfahrung im Nachrichtendienst habe. Heydrich bejahte sofort und so forderte ihn Himmler auf, in 20 Minuten seine Gedanken zu Papier zu bringen, wie er sich einen Nachrichtendienst in Deutschland vorstellen könnte. Heydrich ließ das Missverständnis unaufgeklärt und machte sich Gedanken über einen möglichen Nachrichtendienst, obwohl er keine Ahnung hatte wie ein solcher aufgebaut werden könne bzw. wie er geführt werden müsste, geschweige denn von den Zielen die er verfolgen sollte. Tatsächlich brachte Heydrich alles zu Papier, was er in alten Romanen über den Secret-Service gelesen hatte und zeichnete ein seiner Meinung nach passendes Organisations-Schema dazu. Himmler war vom "Fachwissen" Heydrichs begeistert, dass seines scheinbar überstieg. Auch war er vom Auftreten und vom nordischen Aussehen Heydrichs beeindruckt und stellte ihn kurzerhand ein. Im August sollte er seine Arbeit in München aufnehmen.

Nicht nur Heydrich hatte Glück, mit dieser "Aktion" die Gunst Himmlers zu erringen, denn Himmler hätte sich mit dem Polizeihauptmann a.D. Horninger einen Spitzel der politischen Polizei München eingetreten, der den Auftrag hatte, sich in den höchsten Kreisen der SS einzunisten. Nach der Machtübernahme der NSDAP 1933 erhängte sich Horninger.

Obwohl Heydrich nach seiner Rückkehr aus München erfuhr, dass er auch eine Zusage der Hanseatischen Jachtschule erhielt bzw. auch eine Referentenstelle beim Landgemeindeverband hätte antreten können, lehnte er alle "zivilen" Angebote ab. Er wollte unbedingt seinen Dienst bei der SS für gerade mal die Hälfte der ihm angebotenen Gehälter im zivilen Bereich antreten. Himmler bot ihm lediglich 180 Reichsmark im Monat für den Anfang. (in der Jachtschule hätte er gut 350 RM verdienen können) - Das Soldatische in Heydrich kam hier wieder zum Vorschein, er wollte unbedingt eine Uniform tragen.

Am 14. Juli bereits trat Heydrich seinen Dienst in der SS Hamburg als einfacher Sturmmann an. Seine Aufgabe war, neben den anderen meist arbeitslosen Sturmmännern, der Saalschutz und die Propaganda in den zahlreichen Rotlicht-Vierteln Hamburgs. Wie versprochen holte ihn Himmler im Spätsommer nach München und übertrug ihm den Aufbau des Nachrichtendienstes. Da die Eltern von Lina und Reinhard nun doch noch besänftigt werden konnten, nicht zuletzt aufgrund der erreichten gehobenen Position Heydrichs innerhalb der SS, wurde die Hochzeit auf Weihnachten 1931 festgesetzt.

Bizarr musste die Trauung der Beiden anmuten. Da zu diesem Zeitpunkt noch ein Verbot der SA und der SS bzw. das Tragen derer Uniformen bestand, konnte die Trauung nicht öffentlich vollzogen werden. Linas Idee war, die Trauung auf dem örtlichen Friedhof von Großenbrode zu feiern. Die Polizei konnte am Friedhof schlecht eingreifen und ließ die SA und SS Männer, die zahlreich Spalier standen, gewähren. Zu den Klängen des "Horst-Wessel-Lieds" sprach der Pastor den Trauspruch: "Und wenn die Welt voll Teufel wär, es muss uns doch gelingen." Nach der Trauung wurden zahlreiche der Spaliersteher von der Polizei verhaftet.

Heydrich blickte trotz allen Glücks der letzten Monate doch in eine ungewisse Zukunft. Denn das Gehalt was er erhielt war viel zu wenig, um davon halbwegs leben zu können und solange die Nationalsozialisten nicht an der Macht waren, konnte es durchaus sein, dass alle seine Bemühungen früher oder später unnütz waren. Noch immer haderte er mit der Entlassung aus der Marine, die er noch jahrelang nicht verdauen konnte. Erst als er später im Jahre 1936 schon als Brigadeführer der SS mit Himmler gemeinsam zu einer Feier der Kriegsmarine eingeladen war und in voller SS-Uniform vor seinen früheren "Peinigern" stand, war die Stunde seines Triumphs gekommen. Der mittlerweile pensionierte Admiral Hansen, Admiral Raeder und der "Seeteufel" Graf Luckner, allesamt mussten sie Ihn offiziell begrüßen und willkommen heißen. Selbst im Jahre 1939 noch, als er mit Admiral Canaris in einen Vortragsraum kam, eröffnete er mit den Worten: "Sie sehen meine Herren, dass ich hier mit Admiral Canaris vor Sie hintrete, ich, der ich früher nur ein kleiner Oberleutnant der Marine war." Gustav Kleinkamp attestierte Heydrich nachträglich nach seinem Tode Größe, da dieser auch in seiner mächtigen Position die er später innehatte, nie etwas gegen die damaligen Mitglieder des Ehrenrats unternommen hatte.


Die Anfänge des Geheimen Nachrichtendienstes



Sepp Dietrich, September 1940


Heydrich rechnete mit einer Position im gehobenen Dienst. Er erhoffte sich, seine Offizierslaufbahn so doch noch fortsetzen zu können. Was er am ersten Tag jedoch vorfand, war ein winziges Büro im Braunen Haus, dass er sich obendrein noch mit dem Stabsführer Sepp Dietrichs, mit Sturmbannführer Richard Hildebrandt teilen musste. Sein erster Schreibtisch war noch ein eilig herbeigeschaffter Küchentisch gewesen. Die Schreibmaschine von Richard Hildebrandt durfte sich Heydrich stundenweise ausleihen. Heydrich bekam anfangs nur ein winziges Gehalt, wovon das junge Paar praktisch nicht leben konnte.

Die Leitung des Nachrichtendienstes behielt zur Enttäuschung Heydrichs vorerst Himmler selbst. Die Arbeit bzw. den Aufbau musste Heydrich jedoch von Anfang an alleine erledigen. Er bekam an seinem ersten Tag einen Stapel an Akten von Himmler überreicht, die dieser selbst in den Jahren zuvor angelegt hatte. Die Akten enthielten Zeitungsausschnitte und Gesprächsprotokolle über Gegner Hitlers und der Partei. Auch Informationen über Parteimitglieder waren enthalten. In der Anfangszeit führte Heydrich diese Aufzeichnungen im selben Stile fort und hantierte auf Basis der Akten Himmlers von nun an selbst mit Schere, Kleber und Karteikarten. Heydrich arbeitete wesentlich gewissenhafter als zuvor Himmler – und so entwickelte sich aus dem anfänglichen Aktenstapel ein riesiges Puzzle, aus dem man Steinchen für Steinchen herauslesen konnte, wer der Partei nun wohlgesonnen war und wer nicht. Die Liste der Gegner war lang und so präsentierte sich Heydrich rasch ein düsteres Gesamtbild.

Die NSDAP war noch nicht an der Macht, umso interessanter war es für Himmler in diesem Spätsommer 1931 dank Heydrich zu sehen, auf wen man ein Auge richten musste und auf wen nicht. In erster Linie sah Heydrich zu diesem Zeitpunkt die größten Gegner in der staatlichen Exekutive bzw. in den Regierungsparteien, die die oppositionelle, aufstrebende Bewegung der Nationalsozialisten mit aller Macht zu bekämpfen versuchten. Weiter warnte Heydrich vor „weltanschaulichen Gegnern“ wie das internationale Freimaurertum, die katholische Kirche, das Judentum und den Marxismus. Zu dieser Zeit wurde Heydrich innerhalb der Parteiorganisationen noch nicht wahrgenommen und selbst innerhalb der SS noch als Mann erwähnt, der „die großen Gedanken in kümmerlicher Kleinarbeit zu Papier bringen muss“. Heydrich war sozusagen der Ic der SS. Er war alleine, ein Einzelkämpfer, ohne Budget, ohne Helfer oder Mitarbeiter. Vielleicht gerade deshalb war Heydrich lange Zeit ein unbeschriebenes Blatt für die Münchener Polizei gewesen. Lange konnten sie nicht einordnen, welche Funktion der neue Mann bei der SS innehatte.

Knapp zwei Wochen nach Antritt seines Dienstes durfte Heydrich ein kurzes Referat vor höheren SS-Führern halten. Bei diesem Referat ging es um die Zersetzungsarbeit, die die Gegner der Partei leisteten und enthielt zugleich Pläne, wie man dem entgegenwirken konnte. Er schlug vor, eine eigene „Spitzelbekämpfungsabteilung“ zu schaffen, um die SS intern vor Unterwanderung durch Agenten anderer Organisationen zu schützen. Heydrich beeindruckte bei diesem Vortrag die SS-Führung derart, dass tatsächlich mit sofortiger Wirkung das Referat Ic eingerichtet wurde. Es dauerte nur wenige Tage, bis die ersten Meldungen über Aktivitäten der politischen Feinde, aber auch Informationen über die eigene Truppe einliefen. Binnen kürzester Zeit stapelten sich die Meldungen und Akten auf Heydrichs Küchentisch. Nun gelang ihm auch ein erster Erfolg den ihm niemand so bald zugetraut hatte und der ihm im Rennen um den einzigen anerkannten Geheimdienst in der NS-Organisation einen ersten großen Schritt näher brachte: Er deckte die „undichte Stelle“ im „Braunen Haus“ auf, die immer wieder wichtige Informationen an die örtliche Polizei weitergab.

Ein alter Kämpfer der Partei wurde von Heydrich als Kriminalrat und Spitzel aufgedeckt. Heydrich setzte den Verräter unter Druck und drehte ihn um – von nun an erhielt Heydrich selbst direkte Informationen aus dem internen Kreis der Polizei. Ab November 1931 war somit die Bayerische Polizei auf ihrem „SS-Auge“ blind. Ein erster großer Erfolg für Heydrich – der Reichsführer war zufrieden mit seinem „Nachrichtenmann“.

Ende 1931 wurde Heydrich aus dem Braunen Haus wieder herausgenommen. Er sollte sich ein Büro in einer Wohnung einrichten, um so abgeschirmter vom Parteiapparat operieren zu können. Niemand sollte Heydrich bei seiner Arbeit auf die Finger schauen können. Noch im Dezember bekam er seine ersten drei Mitarbeiter bewilligt. Bei einer treuen Nationalsozialistin, Frau Viktoria Edrich, wurden zwei Zimmer angemietet, in der sich Heydrich mit seinen drei Mitarbeitern ungestört an die Arbeit machen konnte. Frau Edrich war es auch, die während der Zeit des Verbots von SA und SS die „Blutfahne“ in einem Kleiderschrank aufbewahrte.

In dieser vertrauensvollen Umgebung war sich Heydrich sicher, in Ruhe arbeiten zu können. Allerdings verbesserte sich die finanzielle Situation bzw. die ärmliche Ausstattung von Heydrichs Abteilung auch durch diesen Umzug und durch die ersten Erfolge nicht wirklich. Der Küchentisch war noch derselbe und auch die Schreibmaschine musste immer noch ausgeliehen und wieder zurückgebracht werden. Der Umstand, dass Heydrich mit dem Umzug zum Hauptsturmführer ernannt wurde, brachte somit keinerlei Verbesserungen. In seinem Weihnachtsurlaub 1931 heiratete er seine Verlobte Lina von Osten. Als Hochzeitsgeschenk vom Reichsführer SS gab es am 25. Dezember 1931 gleich eine weitere Beförderung. Heydrich war somit bereits Sturmbannführer (Major) und hatte seinen Rang bei der Marine bereits um zwei Ränge übertroffen.

Anfang 1932 fand das frisch vermählte Paar auch endlich eine eigene kleine Wohnung, die sich Heydrich von seinem Gehalt von 180 Reichsmark leisten konnte. In einem Münchener Vorort namens Lochhausen Nr. 55. Die Wohnung war in keinem sonderlich guten Zustand. Sie lag im ersten Stock und hatte fingerbreite Ritzen im Fußboden. Heydrich pendelte so täglich mit der deutschen Reichsbahn nach München in die Türkenstr. 23 in sein Büro bei Fr. Edrich und wieder retour nach Lochhausen. In seiner Dienststelle in der Türkenstraße wurde zunächst einmal alles an Informationen gesammelt was sich über die politischen Gegner auftreiben ließ. Alles wurde katalogisiert und nach Querverbindungen untersucht. Alle wurden in spezielle Karteien sortiert… Freimaurer, Kommunisten, Sozialisten, Adelige usw. Heydrich interessierte sich jedoch besonders für Personen, die man mehreren Gruppen zuordnen konnte wie z. B. jüdische Kommunisten oder adelige Freimaurer… alle diejenigen, die gleichzeitig zwei Gruppen zugeordnet werden konnten, kamen in eine spezielle „Giftkartei“. Man muss jedoch an dieser Stelle anmerken, dass zu dieser Zeit noch keine „automatische Gegnerschaft“ zu Juden oder Freimaurern bestand – diese Personenkreise waren zunächst für Heydrich nur interessant, wenn sie in irgendeiner Form politisch in Erscheinung getreten waren. Heydrich begann mit der Erfassung der Personen im Münchener Raum, erweiterte seine Kartei dann auf ganz Bayern um sie schließlich auf das ganze Reich auszudehnen und letztlich nach Verbindungen ins Ausland zu untersuchen. Auch „schwache“ Mitglieder der eigenen Partei wurden in einer eigenen Kartei erfasst. Dabei achtete Heydrich auf Mitglieder, die zu hoch verschuldet waren, auf Homosexuelle, auf Kontakte zu Prostituierten, auf Vorstrafen die bei Eintritt nicht angegeben wurden, oder auf enge private Beziehungen zu potentiellen Gegnern.

Im Februar 1932 wurde ein V-Mann von Heydrich in Braunschweig von der Polizei aufgedeckt. Er gestand Informationen für den Geheimdienst der SS beschafft zu haben und an einen gewissen Herrn Kobelinski melden zu müssen. Kobelinski war damals der Ic von Heydrich für den Bereich Braunschweig. Die Polizei konnte die Spur jedoch nicht bis zu Heydrich zurückverfolgen und so verlief sich die ganze Sache im Sande. Heydrich zog jedoch als Lehre aus dem Vorfall, dass er seinen Nachrichtendienst anders organisieren müsse. Heydrich plante nun, den SD als eigenständige Organisation innerhalb der SS aufzustellen. Er müsse seine Leute selbst rekrutieren können und nur solche als Ic einsetzen dürfen, denen er selbst Vertrauen schenken könne. Er wollte die Struktur und Organisation der SS nutzen, jedoch eigenständig agieren können. Alle Abwehragenten und Informanten sollten direkt ihm unterstellt sein. Mit dem Verbot von SA und SS im April 1932 war die ideale Situation für Heydrichs Pläne geschaffen. Sein SD wurde in „Presse- und Informationsdienst“ umbenannt und konnte von nun an praktisch eigenständig operieren – wenn auch zunächst noch mehr im Untergrund als zuvor.

Noch im April 1932 reiste Heydrich durch ganz Deutschland um seine Abschnittsleiter persönlich auszuwählen. Ganz nach dem Vorbild des Secret Service wählte Heydrich ausschließlich Akademiker als neue Abschnittsleiter. Hervorzuheben ist hierbei z. B. der spätere Stabsleiter des SD Leffler (Leffler war ein Diplomingenieur für Wasserbau) oder der mit magna-cum-laude promovierte Jurist und Volkswirt Dr. Herbert Mehlhorn. Bei Mitarbeitern in Führungspositionen überprüfte Heydrich nicht nur dessen Vorleben, politische Vergangenheit oder wirtschaftliche Verhältnisse, sondern bezog auch deren Ehefrauen und Familien in seine Ermittlungen mit ein.

„[Der SD tut] in großzügiger und umfassender Weise wahrheitsgetreues und stichhaltiges Material über Ziele, Methoden und Pläne der innenpolitischen Gegner zusammentragen und auswerten, gegebenenfalls über Missstände in den eigenen Reihen berichten und hat die Führer und Parteileitung und später die nationalsozialistische Staatsführung über alles wissenswerte zu unterrichten. Träger und personelle Ausfüllung des Dienstes dürfe aber nie eine Organisation von bezahlten Agenten und Angebern sein. Gebrauchen könne man nur charakterlich einwandfreie, unantastbare Menschen. Die Zahl der hauptamtlichen Kräfte sei möglichst niedrig zu halten. Außerhalb der Zentrale dürfe sich der SD nur auf eine Organisation von ehrenamtlichen, nur aus ideellen Motiven tätigen Vertrauensleuten stützen, die aufgrund ihrer Lebensleistung, ihrer fachlichen Tüchtigkeit und ihres objektiven, nüchternen Urteils Ansehen in der Bevölkerung genießen.“
Heydrichs Definition von seinem SD



SS-Gruppenführer Carl Oberg. Am 5. Mai 1942 wurde er als höherer SS- und Polizeiführer nach Paris versetzt.


Ebenfalls bereits 1932 bei Heydrich eingetreten war Albrecht Oberg. Oberg war zwar kein Akademiker, trotzdem passte er in das Bild der frühen Führungsriege im SD. Oberg wurde in eine renommierte Professorenfamilie geboren, besuchte die angesehensten Schulen in Hamburg, zog als Kriegsfreiwilliger noch vor seinem Schulabschluss in den Krieg, wurde nach dem Krieg Kaufmann und Freikorpskämpfer, wurde durch die Weltwirtschaftskrise arbeitslos und kaufte sich dann ein Zigarettengeschäft, bis er 1932 bei Heydrich in den SD eintrat. Alle Schaltstellen des SDs im Reich, wurden nun mit Ingenieuren, Juristen, Kaufleuten, Apothekern, Volkswirten, Buchhaltern bzw. ehemaligen Offizieren besetzt. Bis zur Machtübernahme der Nazis besetzte Heydrich Schritt für Schritt seine Schaltstellen und arbeitete teils illegal, teils legal und streng geheim im Untergrund.

Im Juli 1932 wurde Heydrich von Himmler nun auch formell zum Leiter des Sicherheitsdienstes ernannt und im Geschäftsverteilungsplan der SS eingetragen. Im Zuge dessen wurde Heydrich zum SS-Standartenführer (Oberst) befördert.

Im September 1932 zog der SD aus der Türkenstraße und das Ehepaar Heydrich aus Lochhausen in eine kleine Villa in die Zuccalistraße 4 um. Neben der Dienstwohnung des Ehepaars gab es noch sieben Büroräume für die engsten Mitarbeiter Heydrichs. Diese Villa wurde nun zur ersten richtigen Zentrale des SD. Die Villa täuschte jedoch etwas über die finanzielle Lage des SDs hinweg, denn diese war nach wie vor prekär. Die Partei nahm weniger Spendengelder als noch die Jahre zu vor ein, die SS war immer noch der SA und damit Röhm unterstellt, welcher wiederum Heß und der Partei unterstellt war. Der SD wurde hier zu allerletzt bedacht und hatte in den Augen der SA keine Priorität. Heydrich konnte teilweise seine Rechnungen nicht bezahlen, geschweige denn seine engsten Mitarbeiter, die fast alle Familienväter waren. Selbst Heydrichs Gehalt kam nicht immer pünktlich.

Heydrichs Frau Lina war in der Villa „Mädchen für alles“. Sie kochte für alle im Haus, sie erledigte Botengänge, sie war Wachposten. Von ihrer Küche aus konnte sie die ganze Straße überblicken – Heydrich fürchtete ständig Hausdurchsuchungen durch die örtliche Polizei. Da das Geld für den SD immer spärlicher floss, entschloss sich Heydrich persönlich bei Röhm vorzusprechen, um dem SD die dringend benötigten Mittel zu verschaffen. Röhm sagte zu, sich den SD und seine Räumlichkeiten einmal anzusehen, denn bisher wusste er nichts von der kleinen Organisation und deren „Geheimnistuerei“.

Heydrichs Villa wurde damals mit Kokskachelöfen beheizt. Lina, die für das Anheizen der Öfen zuständig war, legte die Streichholzschachteln dafür immer am Kachelofen selbst ab. Jeden Morgen musste sie jedoch eine neue Schachtel öffnen, da die alte immer verschwunden war. Um dem Täter auf die Schliche zu kommen, kaufte sie in einem Scherzartikelladen Streichhölzer, die mit einem lauten Knall explodierten, wenn man sie anzündete. Gesagt, getan… just an dem Tag, als Röhm, Heß und Himmler die Räumlichkeiten des SD besichtigen wollten, legte Lina am Morgen, nach dem Anheizen der Kachelöfen die Scherz-Streichhölzer ab.

Röhm war von der Professionalität Heydrichs begeistert und sagte zunächst einen Betrag von 1.000 Reichsmark für den SD zu. Zur Feier des Tages wollte man eine Flasche Portwein öffnen und sich dazu eine Zigarre anzünden. Wie es der Teufel will greift Heydrichs Sekretär Strohmeyer in seine Jackentasche um dem hohen Besuch die Zigarren anzuzünden und schon gab's einen lauten Knall. Himmler suchte Deckung und Röhm lief kreidebleich an. Als Lina dieses Missverständnis aufklärte fand Röhm die ganze Sache witzig und der Tag war gerettet.

Im Endeffekt erhielt der SD letztlich nur 500 Reichsmark im Monat, Röhm und Heydrich blieben jedoch in Verbindung. Röhm wollte den jungen Mann weiter fördern. Ernst Röhm wurde später sogar Taufpate von Heydrichs erstem Sohn Klaus. Das Verhältnis zwischen Himmler und Heydrich kühlte indes jedoch ab. Heydrich schirmte sogar Himmler, der immerhin sein direkter Vorgesetzter war, komplett von der täglichen Arbeit des SD ab. Himmler bekam immer nur die Ergebnisse der Arbeit zu sehen, nicht aber wie sie erlangt wurden. Himmler hatte daher selbst keine Ahnung, wie der SD arbeitete oder welche Methoden angewandt wurden. Mit allen Sachbearbeitern oder Abteilungsleitern konferierte Heydrich nur persönlich unter vier Augen. Jeder Sachbearbeiter hatte seinen Teil der Arbeit zu erledigen und wusste nicht, woran der andere zu arbeiten hatte. Jeder steuerte somit immer nur einen Teil des Puzzles bei – erst bei „C“ wie sich Heydrich selbst gerne nannte ergaben die Teile ein Ganzes – erst bei ihm ergab alles ein Gesamtbild. Nur bei ihm liefen alle Fäden zusammen.


Hitler an der Macht!


Am 30. Januar 1933 war es so weit, Hitler wurde zum Reichskanzler ernannt. Endlich war die Partei mit ihrem Führer an der Macht. Heydrich war nicht wie andere von der Ideologie begeistert, er sah lediglich die Möglichkeiten, die ihm die Machtübernahme der Nationalsozialisten eröffnen würden. Er sah die einmalige Chance, aus seinem kleinen SD, einen staatlichen Geheimdienst formen zu können, der uneingeschränkte Macht im Reichsgebiet ausüben könne, doch Heydrich wurde erst einmal enttäuscht.

Auf Geheiß Himmlers musste Heydrich am 27. Januar erst einmal sein Amt als Leiter des SD niederlegen, um als z.b.V. in den Stab von Himmler berufen zu werden. Heydrich hatte nun an allen Besprechungen an der Seite von Himmler teilzunehmen, alle Schreiben der SS Ämter mussten auch zur Kenntnis von Heydrich ausgestellt werden. Auf den ersten Blick hatte Heydrich sein Amt und seinen Einfluss verloren, bei genauerem Hinsehen jedoch wird schnell klar, dass er nun zum persönlichen Berater von Himmler aufgestiegen war.

Von Geheimdienst oder Chef der Polizei ist zu dieser Zeit keine Rede mehr. Himmlers und zugleich Heydrichs Zukunft war bis Anfang März 1933 noch unklar. Dies lag schlichtweg daran, dass noch nicht alle Bundesländer „gleichgeschalten“ waren. Einige hatten bereits vor der Ernennung von Hitler zum Reichskanzler nationalsozialistische Landesregierungen – in Bayern jedoch regierte Ministerpräsident Heinrich Held von der Bayerischen Volkspartei.

Held ließ sich noch am 6. Februar von Hindenburg persönlich zusichern, dass es keinen nationalsozialistischen Reichskommissar in Bayern geben wird. Er wollte daher jeden Versuch der NSDAP Führung, in München einen eigenen Reichskommissar zu platzieren unterbinden, indem er drohte, jeden potentiellen Kandidaten sofort verhaften zu lassen. Hitler zitierte Held nach Berlin und drohte ihm offen, sich nicht quer zu legen. Hitler verfügte im Rahmen der Bestimmung „zum Schutz von Volk und Staat“ (die ihm erlaubte, in die Belange der Landesregierungen einzugreifen), dass General Ritter von Epp als Generalstaatskommissar für Bayern ernannt werden müsse. Im ersten Moment lehnte der bayerische Ministerrat ab und prüfte die Möglichkeit mit Reichswehr und Landespolizeiverbänden gegen die Nazis vorgehen zu können. Es half jedoch alles nichts, denn schon am 9. März um 19 Uhr sollte Ritter von Epp ernannt werden. Die bayerische Landesregierung wurde von dieser Ernennung lediglich per Telegramm in Kenntnis gesetzt. Dieses Telegramm musste jedoch unbedingt von Heinrich Held empfangen und gelesen werden. Erst dann gab es für Held keine Möglichkeit mehr etwas gegen die Ernennung Ritter von Epps tun zu können. Um sicher zu stellen, dass Held das Telegramm auch wirklich zur Kenntnis nimmt, wurde ein verlässlicher Mann nach München geschickt, der das Telegramm beim Telegrafenamt abholt und sicher beim Ministerpräsidenten zustellt. Der Mann, der mit Pistole bewaffnet das Telegramm überbracht hatte war niemand geringerer als Reinhard Heydrich!

Noch in derselben Nacht bildete Epp seine Regierung und ernannte Himmler zum Polizeipräsidenten der Polizeidirektion München. Himmler holte natürlich Heydrich als Leiter der politischen Abteilung mit ins Boot. Wenige Tage später erlangte Himmler auch die Kontrolle über die Polizeidirektion Nürnberg / Fürth, um bis zum 1. April 1933 Politischer Polizeikommandeur von ganz Bayern zu werden.

Im Hintergrund arbeitete Heydrich bereits fieberhaft am Neuaufbau der Politischen Polizei Bayerns. Heydrich säuberte die Politische Polizei zunächst von „politisch untragbaren und unfähigen“ Beamten um den Personalstand in wenigen Wochen, trotz allen „Säuberungsaktionen“ zu verdoppeln. Neben den Arbeiten innerhalb der Polizei wurde auch bereits am 9. März mit dem Tag der Machtübernahme in Bayern begonnen, tausende Regimegegner zu verhaften.

Da die Gefängnisse diese Massenverhaftungen nicht aufnehmen konnten, kam der Vorschlag von Innenminister Wagner an Justizminister Frank (beide wurden später Gauleiter – Wagner in München und Frank im besetzten Polen), in der Nähe von Dachau ein Konzentrationslager (KL) zu bauen. Ab dem 1. April war das Lager in Dachau direkt Himmler unterstellt. Himmler setzte SS-Führer Wäckerle und später Eicke als Kommandanten ein. In Dachau wurde sofort eine politische Abteilung eingerichtet, auf die Heydrich direkten Zugriff hatte. In diesen ersten Wochen des KL Dachau bestimmte Heydrich, wer interniert wurde und wer nicht.

Was innerhalb des Lagers geschah und was aus Internierten wurde, darauf hatte Heydrich keinerlei Einfluss. Wäckerle und auch Eicke waren keine Freunde Heydrichs und er trachtete diesen Herren wo es ging, aus dem Weg zu gehen. Heydrich hatte vor, alle politischen Gegner, wenn auch teilweise nur sehr kurz in Dachau zu inhaftieren, um sie einzuschüchtern. Die Zahlen der Einweisungen und Entlassungen aus Dachau des Jahres 1933 belegen diese These: 16.409 Einweisungen stehen hier 12.554 Entlassungen gegenüber. Er versuchte nicht nur die Inhaftierten mit dieser Methode einzuschüchtern, sondern baute auf die generelle Wirkung. Menschen verschwanden teilweise über Nacht oder auch am helllichten Tag, um nach Tagen oder Wochen, gebrochen und niedergeschlagen wieder zurück zu kehren. Und die Methode verfehlte ihre Wirkung nicht. Bevorzugt wurde diese Art der Einschüchterung anfangs nur an politischen Gegnern angewandt, wie z. B. bei Politikern anderer Parteien oder erklärten Gegnern der NSDAP. Im zweiten Schritt wurde der Klerus und im dritten Schritt die Juden separiert.

Mitte Juli 1933 ordnete Heydrich ein Betätigungsverbot für alle jüdischen Organisationen an, die nicht rein religiösen oder karitativen Zwecken dienten. Damit wollte Heydrich das Ziel erreichen, alle Juden in Bayern zu „entpolitisieren“. Ähnliches passierte zur selben Zeit in Preußen. Göring hatte in Preußen die politische Polizei an sich gerissen und mit Dr. Rudolf Diels einen der fähigsten Männer im Amt. Diels war bereits als Oberregierungsrat in der Preußischen Politischen Polizei tätig – hier musste auch intern nicht mehr allzu viel „ausgemistet“ werden. Göring und Diels machten sich sogleich sofort an die Arbeit und begannen wie Himmler und Heydrich in München, Regimegegner unter Druck zu setzen.



Berlin, Geheimes Staatspolizeihauptamt


Göring gründete mit Diels als Chef das „Geheime Staatspolizeiamt“ (GESTAPA) wofür Diels mit 250 Mann nach Berlin in die Prinz-Albrecht-Straße 8 zog. Damit kam Göring der aufstrebenden SS zuvor – Himmler und Heydrich hatten nun kaum mehr Hoffnung die Berliner GESTAPA irgendwann übernehmen zu können. Ihre letzte Hoffnung war Innenminister Frick, der Ende 1933 die Idee hatte, die Exekutive aller 16 Länder zu vereinigen. Er wollte eine Reichsverwaltung schaffen, die länderunabhängig aufgestellt sein sollte, denn bisher hatten alle 16 Länder ihre eigene Polizei.

Im November 1933 erließ Göring daher ein Gesetz, welches die GESTAPA der Kontrolle des Reichsinnenministers entzog. Die preußische GESTAPA hatte nun nur mehr an Göring allein zu berichten.

Für Frick gab es nur die Möglichkeit mit Himmler gemeinsam, der ebenso wie er, eine einheitliche Struktur innerhalb der Polizei im gesamten Reich anstrebte, seinen Plan doch noch zu verwirklichen. Frick unterstellte daher nach und nach alle Politischen Polizeikommandanturen Himmler. Ende 1933 unterstanden alle ehemaligen Länder-Kommandanturen Himmler – bis auf die Preußische.

Zu dieser Zeit schaffte ein Agent Heydrichs SDs einen Anschlag auf Görings Leben zu verhindern. Diels mit seiner Politischen Polizei Preußens, die davon rein gar nichts mitbekommen haben, standen nun in einem schlechten Licht da. Göring fühlte sich Heydrich zu Dank verpflichtet und stimmte einer Übernahme der Preußischen Polizei durch „HH“ (Himmler / Heydrich) schließlich zu.

Diels wurde abgesetzt und als Regierungspräsident ins Rheinland geschickt. Himmler wurde Inspekteur der Geheimen Staatspolizei, die Leitung übernahm am 22. April 1934 jedoch Reinhard Heydrich.
Heydrich war nun am Ziel – die gesamte politische Polizei Deutschlands unterstand nun ihm persönlich. Er legte sofort eine Aktivität an den Tag die beeindruckend war. Heydrich formte sofort Hauptabteilungen, Dezernate und Abteilungen, besetzte die meisten Stellen mit Leuten aus Bayern, die er bereits persönlich kannte – allen voran Huber und Müller („Gestapo-Müller“), die in Bayern bereits höchst erfolgreich auf Kommunisten und Regimegegner angesetzt waren.

Er bildete drei Ämter:

  • Hauptabteilung I (Verwaltung, Organisation, Recht)
    Als Amtsleiter wurde Dr. Werner Best ausgewählt.
  • Hauptabteilung II (die eigentliche Geheime Staatspolizei)
    zunächst mit Heydrich selbst als Amtsleiter
  • Hauptabteilung III (Spionageabwehr)
    Amtsleiter wurde hier Dr. Günther Patschowsky – ein früher Weggefährte von Heydrich.

Heydrich hatte sich nun den Apparat geschaffen, den er schon 1931 vor Augen hatte. Er hatte die richtigen Leute an den Positionen, wo er sie brauchte und er hatte trotz allem noch alle Fäden in der eigenen Hand. Heydrich war sich, obwohl er einer der Jüngsten im gesamten Amtsapparat war, eines großen Respekts seiner „Untergebenen“ sicher. Er war teilweise bei seinen eigenen Mitarbeitern ähnlich gefürchtet wie unter seinen Gegnern. Er hatte ein beeindruckendes Zahlengedächtnis, wusste alle Telefonnummern, Namen, teilweise sogar Aktenzahlen auswendig, die vor Monaten verwendet wurden und rief damit immer wieder Verwunderung unter seinen Mitarbeitern hervor. Heydrich verstand es, die Akademiker, die intelligentesten Köpfe dieser Zeit in seinen SD zu ziehen. Viele Akademiker wollten zwar wichtige Positionen im Reich inne haben, wollten mitarbeiten, etwas Neues, Großes schaffen, hatten aber keine Lust den Prügelknaben der SA beizutreten oder der verfilzten Partei mit ihren fett gewordenen Bonzen. Für die hellen Köpfe blieb nur die SS bzw. der SD um sich innerhalb des Dritten Reichs verwirklichen zu können. Heydrich nutzte also die Chance, sich die „Besten der Besten“ für seinen SD zu rekrutieren.



Reinhard Heydrich in seinem Büro am Schreibtisch


Im Juni 1934 ordnete der Stellvertreter des Führers Rudolf Heß persönlich an, dass es künftig außer dem SD ansonsten keinen anderen Geheimdienst im Staate mehr geben darf. Der Auslandsgeheimdienst von Alfred Rosenbergs Auswärtigem Amt hatte binnen Monatsfrist ebenfalls in den SD integriert zu sein - Himmler und Heydrich waren am Ziel.

Im November / Dezember 1934 zog der SD von München in die Reichshauptstadt, nach Berlin in die Wilhelmstraße 2. Nun wagten „HH“ den letzten entscheidenden Schritt – sie versuchten die komplette Polizei, also auch die „normale Exekutive“ unter ihre Fittiche zu bekommen. Sie planten den gesamten deutschen Polizeiapparat zu konsolidieren. Innenminister Frick roch den Braten und versuchte mit aller Macht dagegen zu wirken. Doch Himmler und Heydrich waren schneller. Frick intervenierte bei Hitler persönlich, um den Parteirang des Reichsführers SS nicht mit einem Staatsrangs des Chefs der Polizei zu vermischen und damit Himmler indirekt in das Ministerkabinett zu holen. Heydrich hatte aber eine geschickte Verhandlungstaktik und konnte Hitler in einer scharf geführten Diskussion schließlich überzeugen.

Am 17. Juli 1936 gab es schließlich einen „Erlass des Führers und Reichskanzlers“ über die Einsetzung des Chefs der Deutschen Polizei. Die Personalunion zwischen Reichsführer SS und Chefs der Deutschen Polizei wurde damit per Erlass von Hitler zum Gesetz. Frick war als Innenminister praktisch machtlos und der „Schwarze Orden“ hatte auf voller Linie gewonnen und war nun eine echte Macht innerhalb des Reichs geworden. Heydrich bekam sogleich den Löwenanteil des Kuchens, indem Himmler die Deutsche Polizei in zwei Bereiche teilte. Auf der einen Seite sollte es in Zukunft die Ordnungspolizei geben und auf der anderen Seite die Sicherheitspolizei.

Heydrich wurde Chef des Hauptamtes Sicherheitspolizei, indem die Geheime Staatspolizei, die Reichskriminalpolizei und die Grenz- und Abwehrpolizei angesiedelt waren. Kurt Daluege wurde Chef des Hauptamtes Ordnungspolizei, indem die Schutzpolizei, die Gendarmerie, die Feuerschutz- und Verwaltungspolizei aufging. Heydrich hatte nun innerhalb des Reiches was die Polizei betraf, die Fäden komplett in der Hand. Noch nie zuvor war einem einzelnen derart viel Macht zuteil geworden, wie Heydrich in den 1930er Jahren.

Heydrich sah sich selbst als Überwacher des Gesundheitszustandes der deutschen Bevölkerung. Er musste „das Unkraut jäten, bevor es Schaden anrichten konnte!“. Laut Heydrich konnten „Gerichte die Gefährlichkeit eines Täters nur beschränkt auf eine Tat beurteilen, nicht jedoch seine generelle Gefährlichkeit“. Wie gefährlich ein Mensch sei und ob er eine Tat begehen würde in Zukunft, könnten seine geschulten Kriminalbeamten doch viel besser beurteilen. Aus diesem Grunde führte Heydrich die sogenannte „Vorbeugehaft“ für jenen Personenkreis ein, der als potentiell gefährlich eingestuft wurde und zwar wurden nicht einzelne Personen als gefährlich eingestuft sondern ganze Gruppen von Personen, die Heydrich nannte. Diese Gruppen wurden schließlich auch verhaftet und in Konzentrationslager verfrachtet – zum Schutze der deutschen Volksgesundheit!

Bei der Polizei fielen nach und nach alle Skrupel und ganze Familien wurden in Vorbeugehaft gesteckt. Ganze politische Personengruppen die einer „feindlichen“ Partei angehörten wurden als Volksschädlinge verhaftet und in Konzentrationslager gebracht. Heydrich ging dazu über nun nicht nur pauschal alle „Asoziale“ in die KZs zu stecken, sondern ließ auch Landstreicher, Bettler, Prostituierte und ihre Zuhälter, Homosexuelle, „Preistreiber“, Psychopaten, ja sogar Verkehrssünder die öfter mal auffällig wurden oder „Arbeitsscheue“, die grundlos eine Arbeitsstelle abgelehnt hatten, verhaften.

Der nächste Schritt Heydrichs sollte die Kontrolle über die Konzentrationslager sein. Er wollte auch sie unter seinem Befehl wissen, denn er konnte wohl tausende Menschen in die Lager einsperren lassen, hatte aber keinerlei Kontrolle darüber, was mit den Menschen in den Lagern geschah. Himmler jedenfalls dachte nicht daran, auch noch die Konzentrationslager in die Hände Heydrichs zu geben und verweigerte seinem Reinhard diese Forderung immer wieder.


Heydrich und die Kirchen


“Ursprünglich sollten die Kirchen dienende Mittler zwischen Gott und den Menschen sein. Wie ihre Gründer verkündeten, sollte das Reich nicht von dieser Welt sein. Ein völlig politisches und weltlich ehrgeiziges Priesterbeamtentum aber hat die Lehre ihres Gründers umgebogen. Alle behaupten sie heute, gerade sie und nur ihre Kirche hätte die Generalvollmacht Gottes für diese Mittlerrolle. Unabhängig davon, ob sie die Berechtigung zu dieser Behauptung haben oder nicht, leiten sie alle ihr weltlich politisches Handeln von dieser Vollmacht ab. Nicht genug, dass sie versucht haben, blutliche und geistige Werte unseres Volkes zu vernichten, täuschten sie durch Übernahme der äußerlichen Formen die Erhaltung dieser Werte vor und behaupten heute, sie seien die Wahrer dieser Welt. Anstatt wahrhafte selbstlose Mittler zu sein, eroberten sie unter Vorschützung kirchlicher Dinge eine weltliche Machtposition nach der anderen.“
Heydrich über die Gefahr der Kirchen


Man merkt hier ganz schnell, wie groß Heydrich die Gefahr durch die Kirchen und ihre Helfer einschätzt. Dementsprechend rücksichtslos hatte er vor, gegen diese Gefahr vorzugehen. Vorhersehbar waren auch die Proteste der Kirchen gegen die gesetzlich vorgeschriebene Zwangssterilisierung erheblich Geisteskranker. Für Heydrich war dieser Protest Hochverrat und Heuchelei:

"Ist es nicht ein Meisterwerk an Heuchelei, wenn einerseits all die wichtigen Gesetze als mit der Lehre der Kirche für unvereinbar erklärt werden, während gleichzeitig andererseits rücksichtslos zum Schaden von Volk und Staat, aber zum Wohle der Kirche gegen die Devisengesetze … verstoßen wird?"


Heydrich schreibt hier weiter:

"Ob die Kirche den zur Zeit über 100 Mönchen, die wegen übelster und ekelhaftester Sittlichkeitsverbrechen vor dem Richter stehen, auch zubilligt, dass sie im Interesse der Kirche gegen die Gesetze von Staat und Volk verstießen?"

„Um aber diese weltlichen Stellungen zu sichern und zu untermauern, wurden die Anhänger der Kirchen politisch organisiert. Vor der Machtübernahme kam in der reinen Form der Partei (Zentrum, Bayerische Volkspartei) der politisch weltliche Charakter klar zum Ausdruck. Heute sind die schon früher in weiser Voraussicht als Auffangorganisationen gegründeten Vereine die Nachfolger der Parteien geworden (Katholische Aktion usw). In kirchliche Verbrämung wird hier die Durchdringung aller Gebiete unseres Volkslebens gefordert und angestrebt. Während die kirchliche Presse Deutschlands den politischen Charakter dieser Verbände abstreitet, geben die ausländischen Stimmen der gleichen Kirchen ihn offen zu. Das beste Beispiel für diese Anmaßung weltlicher Art ist wohl die Stellungnahme der Kirchen und der Versuch der Sabotage des Sterilisationsgesetzes und der Rassengesetzgebung. Um ihr weltliches Einflussgebiet zu erweitern, setzte nach der Machtübernahme an ungeheurer Stärke die kirchliche Schulung der nichtpriesterlichen Hilfskräfte, der sogenannten Laien, ein. In Hunderten von Exerzitienhäusern werden sie exerziert, wie der Name bezeichnend sagt, das heißt, es muss möglichst alles mechanisiert werden, damit die Betreffenden nicht merken, wie ihnen systematisch alle ererbten Stärken des Blutes und Geistes verbogen oder abgetötet werden.“




Einen Protest gegen die Vorgänge im Konzentrationslager Esterwegen, des amtierenden Domkapitular Bernhard Lichtenberg in einem Brief an Göring beantwortete Heydrich durch seinen Justitiar Dr. Werner Best folgendermaßen: Erschießungen, die dort „auf der Flucht“ geschahen, seien gerichtlich nachgeprüft und „in Ordnung“ befunden worden. Es sind immer dieselben Hetzkapläne, die im geistlichen Gewande ihre gemeine Dreckschleuder in Tätigkeit setzen unter dem Motto: Etwas bleibt immer hängen!

Wenn der Hetzapostel Lichtenberg seinen Altar so sauber halten würde, wie die verantwortlichen SS-Führer ihren Dienstbetrieb, dann wäre es um das Dritte Reich wohl bestellt. Solange aber die Wühlmäuse die deutschen Devisen auffressen und ihren Kot auf den Altären zurücklassen, solange weiter der staatszerfressende politische Hassgeifer die Flammen der Altarkerzen in Schwingungen versetzt, so lange haben diese ultramontanen staatsvernichtenden Kräfte kein Recht, sich um staatliche Belange zu kümmern.

Selbst Hitler musste Heydrich manchmal zurückpfeifen, weil dieser in seinem Hass gegen die Kirchen über die Stränge schlug. Als Heydrich den Bischof von Meißen verhaften ließ, überwarf sich sogar seine eigene Mutter mit ihm, die bekannter Weise eine fanatische Katholikin war. Heydrich sah die Kirchen als Konkurrenz zum herrschenden totalitären System. Nach der Zerschlagung des Kommunismus durfte es nur noch das nationalsozialistische System geben. Heydrich gestand wohl jedem Menschen zu, durch welche Brille er Gott sehen wolle, jedoch lehnte er jedweden Anspruch auf einen öffentlichen Auftrag der Kirche bzw. deren Einfluss auf die Politik des Staates komplett ab. Einer seiner Intimfeinde und größten Gegner war Ministerialrat Klausener. Als Leiter der Katholischen Aktion war er Heydrich ein Dorn im Auge. Obwohl Klausener sich als Leiter der Polizeiabteilung im preußischen Innenministerium einen Namen gemacht hatte, wurde er anfangs von Göring ins Verkehrsministerium abgeschoben, um später plötzlich auf einer der Erschießungslisten des „Röhm-Putsches“ zu landen. Bekannt war, dass diverse Listen im Rahmen der Niederschlagung des angeblichen Putsches abgearbeitet wurden. Die Listen wurden von Heydrich und Himmler erstellt. Klauseners Name wurde von Heydrich persönlich auf die Liste gesetzt, um seinem großen Feind, den Kirchen, einen schweren Schlag versetzen zu können.

Am 30. Juni 1934 wurde Klausener von SS-Hauptsturmführer Gildisch ermordet. Noch vom Büro Klauseners rief dieser Heydrich an, um weitere Instruktionen zu erhalten. „C“ wies ihn lediglich an, den Mord als Selbstmord zu tarnen. Im Oktober 1939 legte Heydrich Hitler persönlich eine Denkschrift vor, in der er offenlegt, wie leicht das Kirchenvolk zu instrumentalisieren sei.

In GESTAPO-Kreisen sprach man bereits davon, dass man spätestens 1942 alle Jesuiten in Lagern im Osten zusammengetrieben haben werde. Laut Heydrich sei das Nachrichtennetz zu vervollkommnen, damit am „Tag der Abrechnung“ alle Beweise der Staatsfeindlichkeit der Kirchen zur Hand seien. Zuverlässige V-Männer seien sofort in allen bischöflichen und vatikanischen Kurierlinien einzubauen.

Im Juni 1940 verstarb der Polizeipräsident von Wien SS-Oberführer Otto Steinhäusel. Otto Steinhäusel war allerdings nicht nur Chef der Wiener Polizei, sondern auch Präsident der IKPK, der Internationalen Kriminalpolizeilichen Kommission. Die IKPK stellte den direkten Vorläufer des späteren Interpol dar.

Es war der erste Versuch einer Zusammenarbeit aller kriminalpolizeilichen Abteilungen in ganz Europa. Da SS-Oberführer Otto Steinhäusel direkt Heydrich unterstellt war, übernahm Heydrich unter Zustimmung der Kommissionsmitglieder am 28. August 1940 selbst die Leitung der Kommission. Damit war Heydrich Chef der einzigen internationalen Polizeiorganisation, die selbst 1940, im zweiten Kriegsjahr, noch erstaunlich gut funktionierte.

England, Frankreich und einige kleinere, von der Wehrmacht besetzte Länder, waren in der Kommission jedoch nicht mehr vertreten. Eine Anmerkung am Rande… ausgerechnet in einer noblen Villa des IKPK am Wannsee fand später die bekannte Konferenz zur „Endlösung der Judenfrage“ statt.

Als Bruno Heydrich, Reinhard Heydrichs Vater am 24. August 1938 starb, organisierte er eine pompöse Beerdigung. Ganz Halle sollte sehen, dass er, Reinhard, es geschafft hatte, dass er an der Spitze der SS angekommen war.


Der Sportler


“Mit seiner Leistung im Sport wollte er in erster Linie beispielgebend sein für die ihm unterstellten Männer, wollte er ihnen durch sein Beispiel beweisen, dass selbst stärkste Inanspruchnahme durch dienstliche Aufgaben nicht zugleich eine zielbewusste und systematische sportliche Tätigkeit unterbindet.“
Nachruf auf Heydrich als Sportler in der Prager Zeitung „Der neue Tag“


Heydrich konzentrierte sich von nun an auf seine zweite grosse Leidenschaft, den Sport. Er war begeisterter Fechter und nahm immer wieder an sportlichen Wettbewerben teil, auch wenn Heydrichs Teilnahme von einigen Sportlern mit „gemischten Gefühlen“ gesehen wurde. Man war doch froh, wenn der „SS-Fechter“ wieder weg war, da alleine seine Anwesenheit auf viele beklemmend wirkte. Heydrich war immer auf der Suche nach neuen Talenten – hatte er erst einen guten Nachwuchsfechter im Auge, war sein oberstes Ziel immer die Rekrutierung zur SS.

Nach Angaben ehemaliger Fechter konnte man als guter Sportler in der SS von Heydrich praktisch alles haben. Bekannt ist der Fall des ehemaligen deutschen Meisters Paul Sommer, der nach den Nürnberger Rassegesetzen als Jude galt. Heydrich garantierte Sommer seinen persönlichen Schutz und ermöglichte ihm die Auswanderung nach Amerika. Auch sei den polnischen Olympiafechtern auf ausdrücklichen Wunsch Heydrichs nichts passiert. Der polnische Olympiateilnehmer von 1936 Kantor – ein polnischer Jude, floh aus dem sowjetisch besetzten Teil Polens ins Generalgouvernement. Heydrich empfing Kantor sogar in Berlin, um mit ihm über die Trainingsmethoden zu sprechen und ihn im Anschluss mit Geld und Papieren ausgestattet wieder nach Warschau zurückkehren zu lassen.

Um weiter im internationalen Ansehen zu steigen erpresste Heydrich sogar die Leitung des internationalen Fechtverbandes FIE. Der designierte Vorstand und Gründungsmitglied Paul Anspach, ein Belgier, wurde von Heydrich unter Druck gesetzt bzw. teilweise richtiggehend bedroht, dass dieser auf sein Amt zugunsten von Heydrich verzichten solle. Anspach weigerte sich wehement. Heydrich ließ Anspach zwar in Ruhe und machte seine Drohungen nicht wahr, allerdings setze er letztendlich mit tatkräftiger Unterstützung des italienischen Fechtsportpräsidenten Dr. Basletta seine Berufung zum „vorübergehenden Vorsitzenden“ der FIE durch. Mit „vorübergehend“ war die Zeit des Krieges gemeint. Nach dem Krieg würde ein fester Vorsitzender gewählt werden. Heydrich war somit ein weiteres Mal am Ziel und hatte es auch privat – wenn auch unter Ausnutzung seiner Macht im Reich – in eine international renommierte Position gebracht.

Am 9. November 1935 hatte Heydrich dem Reichsführer SS einen untergeschobenen Befehl unterschreiben lassen, nachdem jeder SS-Führer verpflichtet war, das Fechten mit dem leichten Säbel zu erlernen. Zweien seiner Sportfechter-Kameraden vertraute Heydrich in Bad Kreuznach im Jahre 1941 angeblich an, er selbst würde der Erste sein, der Hitler unschädlich machen werde, falls "der Alte Mist baut." Vertraute Heydrichs gehen sogar noch einen Schritt weiter und behaupteten nach seinem Tod, dass ein lebender Heydrich am 20. Juli 1944 möglicherweise dem Lager der Putschisten angehört hätte.


Heydrichs SD und der Nachrichtendienst der Reichswehr


„Unter entsprechender Leitung sollen nun im Zuge der Endlösung die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesem unzweifelhaft um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen, da dieser, eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues anzusprechen ist.“


Führung des Sicherheitsdienstes



Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich in Wien, März 1938


Bereits im Jahre 1934, als sich der SD in der Welt der Nachrichtendienste ausbreitete, desto mehr stieß er auf den Widerstand der militärischen Abwehr, damals noch unter Kapitän zur See Conrad Patzig. Patzig hatte eine Abneigung gegen Heydrich, die auf Gegenseitigkeit beruhte.

Im Spätherbst 1934 erzählte Patzig bei einem Gespräch mit seinem Freund Canaris, dass es Heydrich nun wohl geschafft habe, einen Grund zu finden, ihn absetzen zu lassen. Tatsächlich intervenierte Heydrich bei Blomberg und forderte die Absetzung Patzigs aufgrund eines diplomatischen Zwischenfalls. Blomberg hätte diesen Vorfall ohne Heydrichs Hinweis gar nicht untersucht, denn Patzig war für Aufklärungsflüge über Warschau verantwortlich gewesen, die von den Polen bemerkt wurden, aufgrund dessen aus Warschau eine diplomatische Protestnote nach Berlin geschickt wurde. An sich keine große Sache, doch Heydrich bauschte das Thema derart auf, dass Blomberg schließlich aktiv wurde und einen geeigneten Nachfolger für Patzig suchte. Er wurde auch schnell fündig. Blomberg wusste von der Bekanntschaft zwischen Heydrich und Canaris – Heydrich diente in seiner Zeit als Seekadett unter dem ersten Offizier des Schulkreuzers „Berlin“ Wilhelm Canaris. Für Blomberg, den die Rivalität zwischen militärischer Abwehr und SD störte, Grund genug, um Canaris zum neuen Chef der Abwehr zu ernennen.

Ende Januar 1935 trafen sich Heydrich und Canaris erstmals im Hotel „Horcher“ in Berlin wieder. Das Verhältnis der Beiden war kameradschaftlich, freundlich. Zufällig wurden die Beiden wenig später sogar Nachbarn in Berlin-Südende und so freundeten sie sich auch privat an und verbrachten das eine oder andere Wochenende gemeinsam mit ihren Frauen beim Krocket spielen bzw. bei gemeinsamen Abendessen oder Ausflügen mit der Familie. Ein engeres Zusammenrücken beider Familien wird ermöglicht, als Canaris 1936 ein Haus in Berlin-Schlachtensee kauft, ziehen auch die Heydrichs wenig später eine Straße weiter in dieselbe Gegend. Musikabende wurden verbracht, bei denen Erika Canaris und Reinhard Heydrich gemeinsam Geige spielen. Die private Verbundenheit schafft auch ein angenehmeres Klima zwischen Abwehr und SD. Die Organisationen grenzten sich voneinander ab und konnten, ohne sich in die Quere zu kommen, gemeinsam existieren. Trotz aller Einigkeit konnte zwischen Canaris und Heydrich kein dauerhafter Frieden erzielt werden. Alleine die Expansion des SD, die Personalpolitik und die Vorgehensweisen, missfielen der Abwehr um Canaris zusehends. Es war scheinbar nur eine Frage der Zeit, bis neue Unstimmigkeiten zum Vorschein kommen sollten.

Die erste wirklich herbe Enttäuschung lies auch nicht lange auf sich warten. Der SD bekam von einem Doppelagenten, der nebenbei für den NKWD arbeitete, den Tipp, dass es Pläne in der militärischen Opposition in Russland gab, Stalin zu stürzen und die Macht neu zu verteilen. Der Kopf des Widerstandes gegen Stalin sollte angeblich Marschall Michail Nikolajewitsch Tuchatschewski sein. Angeblich, so der Doppelagent General Skoblin, sei Tuchatschewski extrem Anti-Deutsch eingestellt und plane bereits jetzt für einen militärischen Präventivschlag Russlands gegen das wiedererstarkte Deutschland und Frankreich.

Weihnachten, besser gesagt genau am Heiligen Abend, sprachen Heydrich und Himmler bei Hitler vor, um ihm von den ungeheuerlichen Absichten des Marschalls in Kenntnis zu setzen. Heydrich hatte auch schon eine Lösung parat, die er Hitler auch sogleich vorschlug. Heydrich wollte einige Dokumente und Briefe fälschen, um diese Stalin heimlich zuzuspielen und ihn so auf die Putschabsichten eines seiner Heerführer aufmerksam zu machen. Bei dieser Gelegenheit könnte man auch gleich ein paar Namen anderer, dem Deutschen Reich feindselig Gesinnter einfließen lassen und so die Rote Armee deutlich schwächen, indem man die hellsten Köpfe dort in diese Affäre verwickelt. Nach einer kurzen Diskussion über das Für und Wider, stimmte Hitler schließlich zu.

Heydrich ignorierte die Warnungen anderer SD-Offiziere, dass Skoblin ein Doppelagent sein könnte und lies sofort die entsprechenden Dokumente fälschen. Im März 1937 hatte Heydrich eine komplette Akte mit Briefwechsel zwischen Tuchatschewski und anderen deutschen Generälen zusammen, um sie Anfang Mai vom SD-Führer Ost SS-Standartenführer Behrends dem NKWD zuzuspielen.

Mitte Mai bereits hielt Stalin selbst die gefälschte Akte in den Händen. (Der SD erhielt drei Millionen russische Rubel für diese Informationen, die sich später allerdings als ebenso gefälscht wie die Akte herausstellten.)

Ungeklärt blieb bis heute, wie wichtig diese gefälschte Akte für Stalin tatsächlich war, denn Informationen belegen, dass er schon vor Erhalt der Akte vorhatte, in seinem Offizierskorps „aufzuräumen“. Immerhin war es aber wohl ein Anstoß von vielen, die Stalin letztlich dazu bewogen, die „interne Säuberungsaktion“ durchzuführen. Canaris war außer sich und bitter enttäuscht von Heydrich, der plötzlich von reiner defensiver Nachrichtendienstarbeit in die Offensive gegangen war und aktiv in Belangen der militärischen Abwehr eingriff.

Ab diesem Zeitpunkt konnte man praktisch sagen, dass wo immer auch im Dritten Reich eine Intrige am Laufen war, Heydrich seine Finger mit im Spiel hatte. Paradebeispiele dafür waren die Affäre um die Heirat von Blomberg mit einer Prostituierten bei der Hitler auch noch Trauzeuge war. Obwohl die Sache vertuscht werden sollte, sorgte Heydrichs SD dafür, dass es bekannt wurde und sorgte so für Blombergs Sturz. Auch der SS-feindliche Generaloberst Fritsch, der der Homosexualität bezichtigt wurde, konnte vom SD gestürzt werden, obwohl seine Unschuld an sich bewiesen war.

Heydrich unterstellte stets jedem Menschen das gleiche Maß an Misstrauen, Verschlagenheit und Berechnung, dass er selbst in sich hatte. Heydrich berechnete jeden seiner Schritte um seine eigenen Ziele zu erreichen und er ging davon aus, dass jeder andere Mensch ebenso agieren würde. Nicht zuletzt dieses tiefe Misstrauen anderen Menschen gegenüber ließ ihn nur schwer private Bindungen oder Freundschaften eingehen. Andererseits führte gerade diese Form von Paranoia zu den phänomenalen Erfolgen des SDs bei der Auffindung von Staatsfeinden und Aufdeckung von Widerständen.

Heydrichs Witwe bestätigte später: „All die Namen des 20. Juli hatte ich schon zu seinen Lebzeiten von meinem Mann gehört! Auch die meisten von denen, die damals praktisch noch nicht gegen das Dritte Reich gehandelt hatten, die hatte er doch schon im Kopf als Sicherheitsrisiken registriert, als „schräge Fürsten“, das war sein eigener Ausdruck.“

War man in Berlin zu gesellschaftlichen Anlässen eingeladen, ging Heydrich schon im Vorfeld die Anwesenheitslisten durch und warnte davor, sich mit dem einen oder anderen auf ein Gespräch einzulassen, da es „schräge Fürsten“ seien. Heydrich war z. B. der Erste, der in multinationalen Konzernen eine Gefahr sah. Er ließ nach der Eroberung von Holland und Belgien die Akten der Firma Unilever beschlagnahmen, um sie zu kontrollieren. Er erkannte frühzeitig die Gefahr derartiger Großkonzerne und warnte schon damals vor deren internationaler Macht – und das in einer Zeit, als es das Wort „Globalisierung“ noch gar nicht gab. Selbst vor seinen eigenen Freunden, Bekannten, Kollegen, Parteigenossen usw. machte er keinen Halt. Er sammelte über einfach alle Menschen Informationen „für den Fall der Fälle“.

Heydrich wusste von der Affäre Goebbels mit Lida Baarova, er beobachtete die Korruption im Umfeld Görings, er ließ die Korrespondenz von Reichsleiter Alfred Rosenberg überwachen, ja selbst die Vergangenheit Himmlers und Hitlers stellte für Heydrich kein Tabu dar.

Das Berliner Edelbordell „Salon Kitty“ wurde vom SD übernommen und ließ das gesamte Gebäude mit Abhörgeräten ausstatten und Tonbandmitschnitte von prominenten Besuchern anfertigen. Allerdings stellte sich rasch heraus, dass Parteiobere und Staatsgäste enttäuschend wenig von sich preisgaben im Bett. Aufgrund der rasanten und bis dahin friedlichen Ausdehnung des Reiches in den Jahren 1938 und 1939, dehnte sich auch der Zuständigkeitsbereich des SD erheblich aus. Sicherheitspolizei- (SIPO) und SD Dienststellen auf Rädern wurden gegründet, um überall möglichst schnell präsent sein zu können.



Heutige Ansicht des ehemaligen Edelbordells „Salon Kitty“ in Berlin-Charlottenburg (Giesebrechtstraße 11)


Bereits beim Anschluss Österreichs wurden die „Einsatzgruppen“ des SD gegründet. Sie hatten die Aufgabe hinter der vorrückenden Truppe Sicherungsaufgaben zu erfüllen. In erster Linie bestanden diese Aufgaben aus Verhaftungen politischer Gegner, Sicherstellung wichtiger Dokumente, Beschlagnahme des Eigentums von Juden und Freimaurern sowie Zerschlagung des politisch-kirchlichem Gegnertums.

Offiziell hörte sich das wie folgt an: Das Ziel der Einsatzgruppen des SDs ist, die politisch-weltanschauliche Sicherung der neuen Räume zu gewährleisten.

„Die Männer der Geheimen Staatspolizei und des SD hätten sofort mit der Säuberung der befreiten Gebiete von marxistischen Volksverrätern und anderen Staatsfeinden begonnen.“
Der Völkische Beobachter über die wahren Aufgaben der Einsatzgruppen


Berühmt war Heydrichs fingierter Überfall auf den Sender Gleiwitz, der leider oft fälschlicher Weise als Kriegsgrund des Deutschen Reichs gegen Polen angesehen wird. Tatsächlich war es jedoch so, dass im Weißbuch des Auswärtigen Amts zum Kriegsausbruch zwar der gefälschte Überfall auf den Sender Gleiwitz ausdrücklich als Aktion „polnischer Aufständischer“ eingestuft wurde, von der deutschen Regierung allerdings nicht als Beweis für einen Angriff regulärer polnischer Truppen herangezogen wurde. Was dieser Überfall jedoch definitiv zeigte, war, dass die SS bzw. der SD sich politisch komplett von der Reichsregierung gelöst hatte und selbstständig agierte, ohne groß bei Hitler nachzufragen.

Am 27. September 1939 unterzeichnet Hitler den Erlass zur Schaffung eines „Reichssicherheitshauptamtes“ in dem die Polizei des Dritten Reiches, der SD und formell auch die SS vereint sein sollen.

Walter Schellenberg und Dr. Werner Best bekamen den Auftrag, eine Abteilung zur Spionageabwehr zu gründen (Abteilung IV E). Während dieser Umorganisation und jeder Menge Schreibtischarbeit für Heydrich und die anderen Chefs des SD, beschäftigen sich die Einsatzgruppen in den besetzten polnischen Gebieten zum ersten Mal mit einem definitiven Tötungsauftrag. Sie hatten den Auftrag Hitlers auszuführen, die gesamte polnische Intelligenz zu exekutieren. Heydrich äußerte dieser Tage Ende September zum ersten Mal den Satz, dass er „das Mädchen für alles im Reich“ sei bzw. der „Mülleimer des Reichs“.

Heydrich selbst gab zu, dass die Weisungen für die fünf Einsatzgruppen „äußerst radikal“ waren. Sie erhielten ausdrückliche „Liquidierungsbefehle“ für zahlreiche polnische Politiker bzw. Professoren, Geistliche, hohe Beamte, polnische Nationalisten und ausdrücklich für alle Angehörigen des polnischen „Westmarkenvereines“ der den Plan hatte, Polen erst bei Berlin im Westen enden zu lassen. Erstmals wurde auch in verstärktem Maße gegen Juden vorgegangen – obwohl es noch keinen ausdrücklichen Befehl gab der die Massenerschießung von Juden vorsah. Die Einsatzgruppe z.b.V. von SS-Obergruppenführer Udo von Woyrsch führte diese ersten größeren Judenerschießungen durch – allerdings wurden sie aufgrund der zahlreichen Proteste der Wehrmachtsführung rasch wieder eingestellt.

Heydrich fühlte sich jedoch damals schon dazu berufen, am Schicksal des „internationalen Judentums als Weltanschauungsgegner“ an herausragender Stelle mitzuwirken. Als treibende Kräfte, die gegen das Reich arbeiten würden, identifizierte Heydrich bereits 1936 in einer Denkschrift „das Weltjudentum, Weltfreimaurertum und ein zum großen Teil politisches Priesterbeamtentum, welches Religionsbekenntnisse missbraucht“. Auch Heydrichs Witwe bestätigt: „Reinhard war zutiefst davon überzeugt, dass die Juden von den Deutschen getrennt werden müssten. Die Juden waren in seinen Augen … heimatlose Beutemacher, die darauf aus waren, sich Vorteile zu verschaffen und schließlich wie Blutsauger am fremden Volkskörper zu kleben.“

Unter Heydrich wurden so die Aufgaben der Polizei neu definiert. Unterstützt wurde er dabei von den Juristen des SD Dr. Werner Best und Dr. Reinhard Höhn. Polizeiliches Handeln sollte sich nicht mehr nur mit Sicherung und Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung beschäftigen, sondern in erster Linie an den „Bedürfnissen der Gemeinschaft“ orientieren. Nachdem dies offiziell definiert wurde, war der Schritt vom „Willen der Gemeinschaft“ zum „Willen der Führung“ und damit zum reinen Instrument der Führung nicht mehr weit. Heydrich ebnete damit den Weg, die Polizei und den SD zum Instrument des Willens des Führers zu machen. Geschaffen wurde umgehend das Referat III B 2, welches für Juden, Freimaurer, Logen und Emigranten zuständig war und später direkt dem Judenreferat des Reichssicherheitshauptamtes IV B 4 von Adolf Eichmann unterstellt wurde.

Heydrich sah sich als „Vorkämpfer des Führerwillens“, was sich später in der Wannseekonferenz und der Beschließung der Endlösung der Judenfrage schrecklichst beweisen sollte. Möglich wurde die Endlösung nicht zuletzt durch die weitsichtige Vorarbeit, die Heydrich bereits 1936 leistete, weil er bereits damals den Willen des Führers erkannte und begann ihn umzusetzen. Nicht vergessen sollte man dabei, dass der Entschluss zur Vernichtung der Juden nicht von der SS oder von Heydrich kam, sondern dass der Befehl direkt von Hitler kam. Viele Historiker versuchen ein Bild zu zeichnen, indem Heydrich als „Ideengeber und Architekt der Vernichtung“ gezeichnet wird – dieses Bild ist so nicht ganz richtig. Heydrich war lediglich der Erste, der erkannte, wohin alles führen würde und bereits die nötigen Ämter und Gruppierungen schuf, der letztliche Befehl kam trotz allem noch von Hitler. Meinungen, dass Heydrich selbst, ohne Hitlers Wissen die Endlösung der Judenfrage beschloss sind absolut unzutreffend und gehen an der Realität weit vorbei. Vor allem in den ersten Jahren des Dritten Reichs hatte Heydrich bei weitem nicht den Einfluss, den er nach dem Polenfeldzug erlangte. Er hatte somit nicht die Möglichkeiten in der autoritären Anarchie des Führerstaates mit seiner ganzen Kompetenzrangelei, derartige Alleingänge durchzuführen.



Wien 1938, rechts neben Hitler Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich


Erster Terror gegen Juden, wie z. B. der Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933 und die blutigen Ausschreitungen im März davor, trugen die Handschrift von Julius Streicher. 1934 ebbte die Terrorwelle etwas ab, weil „maßvollere Antisemiten“ das Sagen hatten und vermehrt auf den Ruf des Nationalsozialismus international achteten. Im Mai 1935 meldete der Völkische Beobachter, dass angeblich 10.000 zuvor geflüchtete Juden wieder in das Reich zurückgekehrt seien. Diese Rückkehr stachelte die gewaltbereiten Judenhetzer um Streicher wieder an, um sich spätestens in der Reichskristallnacht zu entladen. Zuvor wurde sich mit riesigen Überschriften im Wochenblatt „Judenkenner“ über „Schweinische Rassenmoral“, „Judenweiber sielen auf deutscher Butter herum“ und „Geile Judengier nach deutschen Frauen“ ausgelassen. Goebbels fing diese Tendenzen bereitwillig auf und schürte den Rassenhass in seinen Reden weiter. Goebbels allgemeines Fazit war: „Wir wollen den Juden nicht mehr!“ So schlug auch Heydrichs SD als „Vorkämpfer des Führerwillens“ erstmals 1935 einen ähnlichen Tenor ein, als er im Februar allen Juden das Hissen der Hakenkreuzfahne untersagte. Es ist ohnehin nicht anzunehmen, dass Juden das sonderlich große Bedürfnis hatten, diese Fahne an ihr Haus zu hängen, es soll nur zeigen, wie sich das Vorgehen des SD und auch von Heydrich selbst langsam steigerte.

Ende 1935 ging eine Weisung an alle Leitstellen der GESTAPO, dass alle Juden im jeweiligen Zuständigkeitsbereich zu registrieren und in einer zentralen Kartei festzuhalten seien.

1936 verbat Heydrich allen Juden das Deutsche Sportabzeichen zu tragen.
1937 befahl Heydrich zusätzlich die Überwachung aller „Halbjuden“ und der „Mischlinge ersten Grades“

„Wenn schon das Judentum ein dreidimensionaler, dämonischer und unfassbarer Weltanschauungsgegner war, dann konnte das konzeptionslose Herumschustern nicht genügen. Mit der Ariergesetzgebung ist die Gefahr des Judentums für Deutschland noch nicht gebannt. Jüdische Zweckorganisationen mit all ihren internationalen Verbindungen arbeiten nach wie vor an der Vernichtung unseres Volkes mit all seinen Werten. Alle Lebensgebiete wie Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft seien noch längst nicht frei vom Feinde.“
Heydrich im November 1938


Tatsächlich stellte sogar der israelische Heydrich-Forscher Aronson fest, dass jüdische Geschäfte und Firmen bis zu den Novemberprogromen von 1938 noch durchaus florierten und funktionierten. Die schleppende Bekämpfung des Judentums bis 1938 hatte sich nach Heydrichs Auffassung lediglich gegen die Symptome, nicht aber gegen die eigentliche Krankheit gerichtet. Heydrich wusste 1938 auch noch keine Lösung für die Judenfrage, er erkannte jedoch, dass die plumpe Hetze von Zeitungen wie dem „Stürmer“ oder dem „Judenkenner“ nicht zielführend war. Die Artikel dieser Hetzschriften widerten Heydrich an und er fand kein Verständnis für den primitiven „Haut-den-Juden-Kurs“, den einige politische Gruppierungen des Reichs einschlugen. Der intellektuelle Heydrich empfand durchaus Unbehagen bei der antisemitischen Greuelpropaganda, den eingeschlagenen Fensterscheiben und dem prügelnden SA-Mob auf den Straßen. SD und GESTAPO-Beamte machten sich mehrfach Luft, indem sie Broschüren und Plakate anprangerten, die an die niedrigsten Instinkte der Menschen appellierte. Der Unmut des SDs und Heydrichs selbst ging sogar so weit, dass der Chefredakteur der Zeitschrift „Das Schwarze Korps“, Gunter d´Alquen mit der Schlagzeile „Antisemitismus, der uns schadet“ titelte.

Heydrich wollte die Juden rational „ausscheiden“ und nicht derart primitiv bekämpfen. Der erste Schritt sollte die Entfernung der Juden aus allen öffentlichen Ämtern bzw. die Ausweisung aller Juden sein, die nach 1914 nach Deutschland migriert waren. Beispielsweise ordnete Himmler bereits im Juli 1935 an, dass Zionisten in Deutschland Geld sammelten, um Grund und Boden in Palästina zu erwerben und die Ausreise deutscher Juden dorthin zu begünstigen – diese Geldsammlungen seien nicht genehmigungspflichtig, da sie zur Unterstützung des Siedlungswesens in Palästina verwendet werden.
Die Einstellung der zionistischen Vereinigungen in Deutschland, die durchaus das Judentum als Rasse sahen, wie die Nationalsozialisten auch und die Gründung eines eigenen Staats vorantrieben, gefiel der SS durchaus und wurde nicht nur bei der Auswanderung deutscher Juden unterstützt. Zionistische Zeitungen und Verlage durften, wenn auch mit Auflagen bis 1938 weiterhin arbeiten und herausgeben.
Das Ziel der Nationalsozialisten war ein „judenreiner“ Staat, das Ziel der Zionisten war ein rein jüdischer Staat. Alleine diese verwandten Interessen ließen SD und Zionisten in regem Kontakt stehen und teilweise sogar zusammenarbeiten.

Zunehmend verfolgte damit der SD seine eigene Judenpolitik, die von der Partei teilweise stark abwich. Der Grundtenor beim SD lautete: „Lösung der Judenfrage durch Auswanderung“

Heydrichs SD vermied es daher, die Zionisten unter Druck zu setzen, sondern konzentrierte sich auf diejenigen Juden, die sich selbst als Deutsche sahen und sich weigerten, ihr Land zu verlassen. Diese Personengruppe sollte unter allen Umständen zerrüttet und zum Auswandern bewegt werden.

„Die Tätigkeit der zionistisch eingestellten Judenorganisationen liegt im Interesse der Staatsführung. Deswegen sind staatspolizeilich die Mitglieder der zionistischen Verbände nicht mit derjenigen Strenge zu behandeln, wie sie gegenüber den Angehörigen der deutsch-jüdischen Organisationen notwendig ist.“
Anweisung der Bayerischen Politischen Polizei


Während die Partei bzw. Parteikreise weiterhin die Bevölkerung versuchte gegen die Juden aufzubringen und ständig die offene Gewalt auf den Straßen schürte, verfolgte Heydrich seine ganz eigene Politik und sah die Möglichkeit eines judenfreien Deutschlands nur in der kontrollierten gelenkten Auswanderung nach Palästina durch den SD. Heydrich selbst schrieb in seiner Programmzeitschrift „Wandlungen unseres Kampfes“ wortwörtlich: „Als Nationalsozialist, bin ich Zionist!“ Er begründete diese Aussage wie folgt:

„1. Die Zionisten vertreten einen starken Rassestandpunkt und
2. Sie streben mit der Auswanderung nach Palästina die Schaffung eines eigenen Staates an.“


Im Schwarzen Korps schrieb er weiter: „Die Zeit dürfte nicht mehr allzu fern sein, in der Palästina seine seit über einem Jahrtausend verlorenen Söhne wieder aufnehmen kann. Unsere Wünsche, verbunden mit staatlichem Wohlwollen, begleiten sie.“ Heydrich interessierte sich daher auch nicht für die Vorgehensweisen des Auswärtigen Amts, die seine politischen Bestrebungen durchaus mit Argwohn sahen und missbilligten. Von 1933 bis 1937 wanderten ca. 24.000 Juden freiwillig nach Palästina aus.

Im Jahre 1937 empfing daher Adolf Eichmann einen Gesandten der geheimen zionistischen Organisation namens „Haganah“, um die Emigration weiter zu beschleunigen. Das Treffen fand im Herbst 1937 eine Wiederholung, allerdings reiste Eichmann selbst nach Palästina. Ziel war, die Mehrheit der Juden noch im Jahre 1938 nach Palästina zu schaffen.

Der Anschluss Österreichs brachte jedoch neuerlich 300.000 Juden ins Reich. Da die österreichischen Juden jedoch mehrheitlich nicht vermögend waren und sich die Umsiedlung meist nicht leisten konnten, fror Eichmann kurzerhand das gesamte jüdische Vermögen in Österreich ein, um damit die Auswanderung zu finanzieren. Im Herbst 1938 konnte Eichmann bereits stolz an Heydrich melden, dass er 45.000 Juden aus Österreich nach Palästina schaffen konnte. Allerdings kann man bei den österreichischen Juden schon nicht mehr von Freiwilligen sprechen. Erpressungen und Demütigungen waren an der Tagesordnung, um möglichst viele zur Auswanderung bewegen zu können.

Problematisch wurden die Beziehungen zum deutschen Nachbarn Schweiz, denn die Schweizer drängten in Berlin darauf, dass der Zustrom an Juden einzustellen sei und sie keine weiteren „Flüchtlinge“ mehr aufnehmen könnten. Heydrich reagierte darauf, in dem er in alle Pässe deutscher Juden ein „J“ stempeln ließ, um sie an den Grenzen leichter identifizieren zu können.

Als Polen von dem Einstempeln des „J“ erfuhr, erließen sie eine ähnliche Verordnung für alle in Polen lebenden Juden. Polen wollte sich scheinbar seiner in Deutschland lebenden Juden entledigen, denn der Stempel wurde nur an derzeit in Polen lebende Personen ausgegeben. Als Heydrich davon erfuhr, ließ er alle 15.000 polnischen Juden, die in Deutschland lebten kurzerhand festnehmen, um sie als „unerwünschte Ausländer“ nach Polen abzuschieben. Da sich die polnischen Grenzbehörden weigerten, alle 15.000 Personen auf einmal aufzunehmen, wurden sie in der Nacht zum 29. Oktober 1938 in einer Nacht-und-Nebel Aktion einfach über die Grenze geführt und im Niemandsland zwischen den beiden Staaten ihrem Schicksal überlassen.



Herschel Feibel Grynszpan


Ein Schneidermeister namens Grynszpan war unter den Leuten, die in dieser Nacht im Niemandsland umherirrten. Als sein 17-jähriger Sohn namens Herschel, der sich zu dieser Zeit in Paris aufhielt, von dem Schicksal seines Vaters erfuhr, streckte er am 7. November 1938 einen Beamten der deutschen Botschaft in Paris mit fünf Schüssen nieder.

Als am 9. November 1938 bei den Feierlichkeiten zum Jahrestag des Hitlerputsches von 1923 in München ein entsprechendes Telegramm aus Paris eintraf, ergriff Goebbels die Gelegenheit, „den Hass der Bevölkerung noch in dieser Nacht zum Ausbruch zu bringen“. SA-Leute wurden angewiesen im ganzen Reich Hassprogrome gegen Juden zu starten. Diese Nacht ging später unter dem Namen „Reichskristallnacht“ in die Geschichte ein. Heydrich wurde aus obigen Gründen daher lange Zeit nach dem Krieg noch als eigentlicher Auslöser der Reichskristallnacht bezeichnet, da eben diese Verkettung von Ereignissen schließlich in den Progromen endeten. Heydrich selbst erfuhr noch in derselben Nacht, als er eine Synagoge brennen sah, dass eine Dienststelle der Gaupropagandaleitung durch einen Befehl Goebbels zu der Durchführung der Judenprogrome aufgerufen hatte. Die Geheime Staatspolizei hieß es, hatte sich nicht hinderlich einzumischen. Auf Nachfrage von Heydrich bei Himmler persönlich, gab dieser nur den Befehl von Hitler weiter, dass die SS jüdisches Eigentum sicherzustellen hatte. Heydrich reagierte blitzschnell und gab gegen 1:20 Uhr nachts noch entsprechende Befehle an alle Dienststellen des SD und der GESTAPO raus, nachdem deutsches Eigentum unbedingt zu schützen sei und möglichst viele wohlhabende Juden zu verhaften seien. Heydrich wies in seinem Befehl ausdrücklich darauf hin, dass verhaftete Juden nicht zu misshandeln seien.

Die Bilanz der „spontanen Explosion des Volkszorns“:

815 zerstörte jüdische Geschäfte
29 verwüstete Warenhäuser
117 vernichtete Wohnhäuser
76 zerstörte Synagogen
191 weitere Synagogen in Brand gesteckt (und teilweise nur unzureichend oder gar nicht gelöscht)
36 getötete Juden
36 weitere Juden schwer verletzt

(das Oberste Parteigericht sprach später offiziell von 91 Tötungen)

Himmler selbst nannte die von Goebbels befohlene Aktion in einer Aktennotiz „hohlköpfig“, Heydrich sprach von einer „Riesenschweinerei“. Der Abwehroffizier und Hitler-Gegner Großcurth notierte über Heydrich in sein Tagebuch: „Heydrich hat privat geäußert, dass die Judenhetze der schwerste Schlag für Staat und Partei seit 1934 gewesen sei.“

Heydrich sah in den Ereignissen des Novembers 1938 die Gefahr, dass seine „Politik der Auswanderung“ nun scheitern würde, da die Internationale nun auf die Vorkommnisse aufmerksam geworden wären und er es nun ungleich schwerer haben würde, seine Pläne durchzusetzen. Insgesamt konnte Heydrich bis November 1938 lediglich 50.000 österreichische Juden „zum Auswandern bewegen“, aus dem Altreich sogar nur 19.000. Entgegen dem Auswärtigen Amt, dass sich nun offiziell gegen die Pläne der Auswanderung Heydrichs stellte, ordnete Göring am 24. Januar 1939 an, dass die Auswanderung der Juden mit allen Mitteln zu fördern und voranzutreiben sei. Auch Göring war von den Ereignissen des 9. November 1938 gezeichnet und wollte eine „humanere Lösung“ der Judenfrage erreichen.

Im Sommer 1939, als allen bereits klar war, dass die Auswanderungswelle schon lange ihren Höhepunkt überschritten hatte, wurden nun die Führer in den jüdischen Zentralstellen dazu gezwungen, täglich eine Liste auswanderungsbereiter Familien abzugeben. Alleine in Berlin wurden täglich 70 Namen von Familien verlangt, die bereit waren das Land in Richtung Palästina zu verlassen. 78.000 Juden aus dem „Altreich“ und 30.000 Juden aus Prag verließen so unfreiwillig das Reich. Mittlerweile gab es nicht nur aus Großbritannien Widerstände gegen die Ausweisung der Juden aus dem Deutschen Reich.

Der in Palästina entstandene Geheimdienst Mossad arbeitete daher eng mit Heydrich zusammen, um die deutschen Juden heimlich nach Palästina zu schmuggeln. Heydrich drängte nun mit Hilfe des Mossad Woche für Woche 400 Juden aus dem Land und verschiffte sie nach Palästina. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges ließ diese Transporte jedoch beinahe komplett versiegen.

Erst mit Beginn des Russland-Feldzugs sollte Heydrich letztlich einsehen, dass die Judenfrage mit Auswanderung allein nicht mehr zu lösen sei, bzw. die massenhafte Auswanderung an sich auf Grund des Krieges auch gar nicht mehr möglich sei.


Zeit des Zweiten Weltkriegs



Reinhard Heydrich / August 1940


Heydrich beschloss gegen den entschiedenen Widerstand von Himmler und Hitler sich selbst möglichst oft zu Fronteinsätzen „abzustellen“. Da Heydrich ein begeisterter Pilot war, meldete er sich als Jagdflieger zur Luftwaffe, wo er am 12. September 1939 das erste Mal als Kanzelschütze im KG 55 mitfliegen durfte. Nachdem er erfolgreich die Prüfung als Jagdflieger absolvierte, flog er bereits im Rahmen der Operation Weserübung in Norwegen selbst eine Bf 109. Er begann dort mit Aufklärungsflügen im Raume Stavanger.

Zwischen seinen Einsätzen kehrte er immer wieder mittels Nachtflügen nach Berlin zurück um seine Amtsgeschäfte weiterhin leiten zu können. Am 22. Juni 1941 meldete sich Heydrich in Uniform eines Luftwaffen-Majors am Flugfeld von Balti. Ihm wurde eine Maschine zugewiesen und er flog noch am selben Tag seinen ersten Einsatz. Bei diesem Einsatz wurde er von russischer Flak zwischen den Frontlinien abgeschossen. Der Motor seiner Bf 109 war ausgefallen und Heydrich musste zwischen den Fronten abspringen. Er konnte sich zur deutschen Front retten und überlebte den Einsatz. Zurück in Berlin wurde er mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse und der Frontflugspange in Silber ausgezeichnet. (Die genaue Zahl der Frontflüge Heydrichs ist bis heute unbekannt.) Sicher ist jedoch, dass ab diesem Tage jedwede Fronteinsätze von Hitler persönlich verboten wurden.

Der Beginn des Krieges und die rasante „Gewinnung von Lebensraum“ erschwerten Heydrichs Pläne der Auswanderung zusätzlich bzw. machten sie ab einem gewissen Punkt praktisch undurchführbar. Zu Beginn des Krieges konnten zwar immer noch kleinere „Mengen auswanderungswilliger“ Juden über Skandinavien bzw. auch Portugal ausgewiesen werden, mit Fortdauer des Krieges aber wurde es zusehends schwieriger die Transportwege aufrecht zu erhalten.

Der Krieg erforderte es, die komplette Judenproblematik zu überdenken und neu zu definieren. Alleine in Polen stand Heydrich vor dem Problem, ganze 3 Millionen Juden vertreiben zu müssen. Rein logistisch war dies ein unlösbares Problem in Kriegszeiten. Die Verantwortlichen mussten sich daher neue Wege überlegen, wie sie mit der Judenfrage künftig umgehen sollten. Hitler und Himmler in Verbindung mit dem neuen Danziger Gauleiter Albert Forster waren jedoch erstmal schneller.

Am 20. September 1939 beschlossen die drei Herren, dass alle im Reichsgebiet verbliebenen Juden binnen einem Jahres nach Polen verbracht werden sollten. Dort sollten inzwischen Ghettos eingerichtet werden, die die Flut an Menschen auffangen sollten. Erst wenn alle Juden des nun stark gewachsenen Reichs in polnischen Ghettos zusammengepfercht wären, könnte man sie besser kontrollieren bzw. deren eventuellen Abschub besser koordinieren.


Ghetto Warschau, Ghettomauer, 24. Mai 1941


Die Organisation dieser bisher nie dagewesenen Massenumsiedlung hatte Heydrich übertragen bekommen und er machte sich auch sofort mit Eifer ans Werk. Er veranlasste sofort die Bereitstellung zahlreicher Güterzüge, die den Transport ins Generalgouvernement sicherstellen sollten. Heydrich wusste jedoch von Beginn dieser Umsiedlungsaktionen an, dass es sich hier nur um eine kurzfristige, eine Übergangslösung handeln konnte. Hitler ließ bereits am 29. September 1939 verlauten, dass sein „Endziel“ der Judenvertreibung die Bildung eines Reservats sein sollte. Zwischen Weichsel und Bug, an der deutsch-russischen Grenze, sollte ein Judenreservat geschaffen werden. Alle Juden hatten später dort zu leben, ohne die Möglichkeit ausreisen zu dürfen. Hitler wollte die Juden sozusagen abschieben und ihnen die Möglichkeit bieten, in einem kleinen Reservat „leben“ zu können. Hitler verkündete dieses Vorhaben sogar in seiner Reichstagsrede vom 6. Oktober 1939, in der er näher auf die „Lösung der polnischen Zukunft“ einging. Nicht nur Juden sollten in diesem neu zu schaffenden Reservat leben, sondern alle „nicht haltbaren Splitter des deutschen Volkstums“ sollten in dieses Stück Land getrieben, abgeschoben werden. Hitler sah diese Lösung auch als friedliches Angebot an Großbritannien an, es verfehlte allerdings seine Wirkung. Heydrich war von dieser „friedlichen Lösung der Judenfrage“ begeistert und schickte sofort Adolf Eichmann und den SS-Brigadeführer Dr. Walter Stahlecker in das betreffende Gebiet um die künftigen Grenzen abzustecken.

Eichmann und Stahlecker besichtigten das Gebiet und ersahen die Kleinstadt Nisko am San als neue Hauptstadt des Judenreservats aus. Bereits am 30. Oktober 1939 ordnete Heydrich an, dass zwischen November und Februar 1940 alle Juden in das Gebiet am San verbracht werden sollten. Zu hastig jedoch wurde dieses Projekt gestartet, denn in den folgenden Wochen brach das Chaos aus. Züge wurden fehlgeleitet, es gab für diese Vielzahl an Menschen praktisch keine Unterbringungsmöglichkeiten, zu wenig Infrastruktur, zu wenig Nahrungsmittel. Heydrich musste zur Kenntnis nehmen, dass eine derartige Umsiedlungsaktion in derart kurzer Zeit nicht durchführbar war. Trotz allem trieben Heydrichs Einsatzgruppen 87.000 Juden aus den wieder eingegliederten Gebieten und 6.000 Juden aus Wien und Mährisch-Ostrau zusammen und verbrachten sie binnen kürzester Zeit in das Gebiet am San.

Für die Koordination der Umsiedlung wurde eigens das Referat IV B 4 im Reichssicherheitshauptamt gegründet. Bald schon gab es im Reich einige Gegner der Räumungsaktionen. Das Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt des OKW beanstandete den Verlust billiger Arbeitskräfte und auch Hans Frank, der Gouverneur von Polen, war gegen das Abschieben der „lästigen Juden in sein Reich“. Obwohl Frank selbst für die Einrichtung der Ghettos und die Abschiebung der Juden in diese Ghettos war, wollte er nicht „der Mistkübel des Reichs“ werden.

Frank versuchte daher bei Göring zu intervenieren und machte ihm dabei klar, dass er die Lebensmittelversorgung im besetzten Polen auf diese Art nicht aufrechterhalten könne und das gesamte Generalgouvernement gefährdet sähe, wenn diese uferlose Umsiedlungsaktion nicht sofort gestoppt werden würde. Die Wirtschaft des Landes könne im Hinblick auf den Winter kaum aufrechterhalten werden und würde zusammenbrechen. Mit diesen Argumenten hatte Frank bei Göring Erfolg. Göring, der seines Zeichens Beauftragter für den Vierjahresplan war, stoppte ab März 1940 alle Juden-Transporte Richtung Polen. Das Reichssicherheitshauptamt der SS versuchte daraufhin noch einmal die Aussiedlung anzukurbeln, am 13. April 1940 wurde der Plan eines Judenreservats jedoch endgültig verworfen. Hitler hatte den Glauben und das Interesse an einer derartigen Lösung der Judenfrage verloren.

Nicht nur für Heydrich gab es jetzt im Prinzip nur noch 2 mögliche Lösungen der Judenfrage:

1. Die vollständige, körperliche Vernichtung – Ausrottung des jüdischen Volkes in Europa
2. Die saubere Ausscheidung – Umsiedlung der Juden in ein geeignet großes Land

Im Dezember 1938, unmittelbar nach der Reichskristallnacht, vertraute der französische Außenminister Bonnet seinem deutschen Amtskollegen Ribbentrop an, dass Frankreich vorhabe “ca. 10.000 Juden irgendwohin loszuwerden“. Das Ziel der Aussiedlung sollte Madagaskar sein. Es war somit nicht verwunderlich, dass am 3. Juni 1940 erstmals Notizen über ein Madagaskar-Projekt im RSHA auftauchten. Da auch Hitler keine Bedenken gegen eine groß angelegte Aussiedlung der Juden nach Madagaskar äußerte, sah Heydrich die Chance für eine friedliche Lösung der Judenfrage und ließ sofort Vorbereitungen für eine derartige Aktion anlaufen.

Eichmann wurde beauftragt, klimatische Bedingungen im Zielgebiet zu eruieren und eine Machbarkeit der Aussiedlungsaktion zu studieren. Heydrich legte dem Führer bereits am 15. August 1940 ein Papier vor, indem er veranschlagte, binnen fünf Jahren ca. 4 Millionen Juden nach Madagaskar aussiedeln zu können – vorausgesetzt, die Kriegslage erlaube die vielen Transporte.

Die Vorraustransporte waren bereits bis ins kleinste Detail geplant. Mit den ersten Schiffen sollten Landwirte, Baufachleute und Handwerker mitfahren – sie durften bis zu 200 kg nicht sperrendes Gepäck mitführen und sollten den Aufbau und die Organisation des Reservats Vor-Ort sicherstellen. Heydrich rechnete nach dem großen Sieg gegen Frankreich, dass ein Frieden mit England bevor stand und daher sein Vorhaben ohne weiteres durchführbar sei. Heydrich rechnete fest mit einem Ende des Krieges bis Sommer 1941. Heydrich konnte also erstmals nur abwarten und seine Planungen vorantreiben. Hitler jedoch ordnete im Oktober 1940 die Abschiebung von 6.500 Juden aus dem Gebiet Baden und Saarpfalz in das unbesetzte Frankreich an. Weitere 250.000 Juden sollten aus Österreich und den wiedergewonnenen Ostgebieten ins Generalgouvernement bzw. in dortige Ghettos abgeschoben werden. Hans Frank protestierte gegen diese neuerliche Belastung „seines Reiches“, musste sich jedoch dem Willen seines Führers beugen. Zuständig für die Organisation der Transporte war wiederum Heydrich bzw. Eichmann.



Vermutlich zeigt das Bild die Hinrichtungen von Juden durch Einsatzgruppen nahe Ivangorod in der Ukraine 1942


Im Frühjahr 1941 wurde der Madagaskar-Plan endgültig aufgeschoben bzw. vorübergehend auf Eis gelegt. Die Abschiebungen ins besetzte Polen ließen nach. Der Grund dafür ist heute bekannt, Operation Barbarossa wurde vorbereitet. Die Judenfrage hatte vorübergehend an Priorität eingebüßt und wurde erstmal nicht weiter forciert.

Am 3. März 1941 erhielt die Weisung Nr. 21 (Barbarossa) von Hitler einen weiteren Passus 12b, indem Hitler dem Reichsführer SS „zur Vorbereitung der politischen Verwaltung, Sonderaufgaben im Operationsgebiet des Heeres“ auftrug. “Im Rahmen dieser Sonderaufgaben handle der Reichsführer SS selbstständig und in eigener Verantwortung. Der Reichsführer SS habe lediglich dafür Sorge zu tragen, dass die Operationen des Heeres nicht gestört werden.“

Schnell definierte Himmler wie er sich die Durchführung der Sonderaufgaben vorstellte. Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei sollten der vorrückenden Truppen auf den Fuß folgen. Am 26. März erhielt Heydrich einen ersten Befehlsentwurf des Generalquartiermeisters des OKHs Wagner, in dem von einigen Einschränkungen abgesehen, Heydrichs Einsatzgruppen bei der Ausführung ihrer „besonderen sicherheitspolitischen Aufgaben“ freie Hand haben sollten. Sie durften in den rückwärtigen Gebieten in eigener Verantwortung auch gegenüber der Zivilbevölkerung „Exekutivmaßnahmen“ treffen. Wie dieser Befehl interpretiert wurde ist hinlänglich bekannt.

Hitler selbst hatte die Sonderaufgaben der Einsatzgruppen nur in Stichworten umrissen. In keinem offiziellen Befehl war von Massenerschießungen die Rede. Die Interpretation dieser Weisungen und Befehle durch Himmler und Heydrich durfte trotz allem im Sinne des Führers gewesen sein, denn auf einer Ansprache Hitlers am 30. März 1941 vor 200 hohen Offizieren aller drei Wehrmachtsteile, bekräftigte er, dass es sich bei dem bevorstehenden Feldzug um ...

„ ...einen Rassekrieg handle, der ohne Schonung zu führen sei. Dieser Kampf lasse keinen Raum für Ritterlichkeit. Die Träger der bolschewistischen Idee, darunter die Geheimpolizisten und die politischen Kommissare, stünden seit ihren mörderischen Ausschreitungen bei der Besetzung des Baltikums, bei der sowjetischen Aggression gegen Finnland und bei ihrem Einmarsch in Ostpolen sowie in den Rumänien weggenommenen Gebieten nun außerhalb der für die Behandlung von Kriegsgefangenen gültigen Regeln. Sie seien daher unschädlich zu machen. Wir führen nicht Krieg, um den Feind zu konservieren!“

„Im Osten ist Härte mild für die Zukunft“


Erst zwei Wochen nach Beginn des Russlandfeldzuges geht aus einer Weisung Heydrichs an die höheren SS- und Polizeiführer hervor, dass es “neben der herkömmlichen sicherheitspolizeilichen Arbeit, also dem Sicherstellen und Verhaften, dem Ausforschen und Überwachen“ auch Exekutionen geben wird. “Zu exekutieren sind alle Funktionäre der Komintern, die höheren, mittleren und radikalen unteren Funktionäre der Partei, der Zentralkomitees, der Gau- und Gebietskomitees, Volkskommissare, sonstige radikale Elemente, Juden in Partei- und Staatsstellungen.“ Dass sämtliche Juden, also auch Zivilisten ermordet wurden, geht erst aus den Berichten der Einsatzgruppen hervor.

Im Mai 1941 hatte Heydrich nach zähem Ringen die Kader für seine Einsatzgruppen zusammen. Auch die Mannschaften waren nur schwer für diese „Einsätze“ zu gewinnen. Außer Arthur Nebe meldete sich kein einziger SS-Führer für diese Aufgaben, allesamt mussten sie mit Argumenten wie Feigheit usw. zum Dienst genötigt werden. Letztendlich schaffte es Heydrich, 3.000 Mann für seine Einsatzgruppen zusammen zu trommeln. Bis zuletzt sprach jedoch niemand aus, welche Aufträge genau die Einsatzgruppen durchzuführen hatten. Niemand sprach im Vorfeld von Massenerschießungen. Heydrich selbst sprach von einem Einsatz „unerhörter Härte“ vor den angetretenen Männern der Einsatzgruppen im Mai 1941.

Heydrich gliederte die Einsatzgruppen in 4 Teile:

  • Einsatzgruppe A unter der Führung von Dr. Stahlecker sollte der Heeresgruppe Nord bis Leningrad folgen.
  • Einsatzgruppe B unter Kripochef Nebe sollte der Heeresgruppe Mitte bis Moskau folgen.
  • Einsatzgruppe C unter SS-Brigadeführer Dr. Dr. Rasch und Einsatzgruppe D unter Standartenführer Ohlendorf sollten der Heeresgruppe Süd in den Raum Kiew bis zum Schwarzen Meer folgen.

Ohlendorf sagte später bei den Nürnberger Prozessen über Heydrichs Befehle aus, dass dieser den Führern der Einsatzgruppen mündlich den Führerbefehl weitergab, nachdem alle kommunistischen Funktionäre, Aktivisten, Juden, Zigeuner, Saboteure und Agenten ohne weiteres Verfahren unverzüglich hinzurichten seien. Als weiteres Beispiel ist die Einsatzgruppe C unter Dr. Dr. Rasch zu nennen, welche im Oktober 1941 meldete, aus dem Raume Kiew über die bisherige Tätigkeit, dass bislang 51.000 Hinrichtungen durchgeführt wurden. Meistens richtete sich die Gewalt jedoch gegen Juden. Besonders anschaulich ist dies in den Berichten der Einsatzgruppen nachzulesen, wonach z. B. die Einsatzgruppe 5 alleine im November 1941 15 politische Funktionäre, 21 Saboteure und Plünderer, 414 Geiseln und 10.650 Juden exekutierte! Hier lässt sich ganz klar eine Tendenz erkennen. In der Zeit vor 1941 versuchte Heydrich mit aller Kraft eine friedliche Lösung der Judenfrage zu erreichen – mit Beginn des Ostfeldzuges wird nach und nach zur blutigen Lösung übergegangen.

Bis zum Jahreswechsel 1941 / 1942 meldeten die Einsatzgruppen:

  • Einsatzgruppe A: 249.290 getötete Juden
  • Einsatzgruppe B: 45.467 getötete Juden
  • Einsatzgruppe C: 95.000 getötete Juden
  • Einsatzgruppe D: 92.000 getötete Juden


Heydrichs Rolle bei der Wannseekonferenz und der Vernichtung der Juden Europas



Villa in Berlin-Wannsee, bekannt als Haus der Wannseekonferenz


Experten gehen davon aus, dass die beschlossene Endlösung der Judenfrage bereits in den Einsatzgruppen ihren Ursprung fand. Himmler und Heydrich sahen die Möglichkeit, dass die Ausrottung der Juden in Europa offensichtlich doch möglich sei, wenn sie nur zielgerichtet stattfinden würde. Die Zahlen in den besetzten russischen Gebieten schienen dies zu bestätigen.

Am 23. Oktober 1941 ließ Hitler per Weisung schließlich die Auswanderung der Juden aus den besetzten Gebieten Europas verbieten. Dies war der erste Schritt zum Todesurteil für die 11 Millionen Juden Europas.

Am 31. Juli 1941 erhielt Heydrich einen Brief von Göring, in dem dieser bereits deutliche Worte fand. Er beauftragte Heydrich,

„alle erforderlichen Vorbereitungen in organisatorischer, sachlicher und materiellen Hinsicht zu treffen für eine Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflussgebiet in Europa.“ … „Ich beauftrage Sie weiter, mir in Bälde einen Gesamtentwurf über die organisatorischen, sachlichen und materiellen Voraussetzungen zur Durchführung der angestrebten Endlösung der Judenfrage vorzulegen.“




Die ersten Deportationsbefehle wurden von Himmler erteilt und trugen die Unterschrift von Kurt Daluege, dem Chef der Ordnungspolizei. Das Ziel des Transportes war Litzmannstadt im September 1941 und umfasste 50.000 Juden. Am 9. Dezember 1941 lud Reinhard Heydrich per persönlichem Schreiben alle an der Endlösung beteiligten Instanzen zu einer Konferenz in einer Villa am Berliner Wannsee ein. Die Konferenz wurde von Heydrich kurz darauf auf den 20. Januar 1942 verschoben und konnte dann planmäßig stattfinden.

Anwesend waren folgende Personen:

Reinhard Heydrich (Vorsitz)
Adolf Eichmann (Schriftführer)
Josef Bühler (Staatssekretär im Amt des Generalgouverneurs in Krakau)
Roland Freisler (Staatssekretär im Reichsjustizministerium)
Otto Hofmann (SS-Gruppenführer, Chef des Rasse- und Siedlungshauptamtes der SS)
Gerhard Klopfer (SS-Oberführer, Ministerialdirektor in der Parteikanzlei der NSDAP)
Friedrich Wilhelm Kritzinger (Ministerialdirektor in der Reichskanzlei)
Rudolf Lange (SS-Sturmbannführer, Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD für Lettland in Vertretung seines Befehlshabers)
Georg Leibbrandt (Reichsamtsleiter, Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete)
Martin Luther (Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt)
Alfred Meyer (Staatssekretär im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete)
Heinrich Müller (SS-Gruppenführer, Chef des Amtes IV (Gestapo) des Reichssicherheitshauptamtes)
Erich Neumann (Staatssekretär im Amt des Beauftragten für den Vierjahresplan, Vertretung von Göring)
Karl Eberhard Schöngarth (SS-Oberführer, Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD im Generalgouvernement)
Wilhelm Stuckart (Staatssekretär im Reichsministerium des Innern)


Zur Sprache kamen hauptsächlich logistische Probleme – an der Durchführung konnte nicht mehr gerüttelt werden, sie war bereits beschlossene Sache. Die Tötung der deportierten Juden in den Lagern Sobibor, Treblinka und Auschwitz stand nicht mehr zur Diskussion. Josef Bühler äußerte gar den Wunsch, dass im Generalgouvernement mit der Deportation begonnen werden sollte, da er bereits Unruhen aufgrund der hohen Zahl der in Polen befindlichen Juden befürchte.

Heydrich bekräftigte später in Prag immer wieder, dass er selbst die Befehle an die Einsatzgruppen und auch die Endlösung der Judenfrage bedaure, dass es die schwersten Befehle seines Lebens waren. Er verteidigte sie jedoch mit den Argumenten, dass diese Anordnungen kriegsbedingt notwendig waren und die Juden Europas dem Deutschen Reich ohnehin bereits vor dem 1. September 1939 den Krieg erklärt hätten und jetzt eben mit den Folgen leben müssten. Heydrich zitierte dabei stets die Aussage des Präsidenten der Jewish Agency von Mitte August 1939, in der dieser in Genf die Beteiligung „des Judentums“ an einem kommenden Krieg in Aussicht stellte. In einer Note vom 29. August 1939 hat Chaim Weizmann tatsächlich laut Londoner Times der britischen Regierung versichert, dass „wir Juden an der Seite Großbritanniens stehen und für die Demokratie kämpfen werden“. Er versprach weiterhin: „alle menschlich-jüdische Kraft, ihre Technik, ihre Hilfsmittel und alle Fähigkeiten nützlich einzusetzen.“ Der Chewish-Chronicle bekräftigte bereits eine Woche nach Kriegsbeginn die Aussage Chaim Weizmanns und lieferte so den Befürwortern einer radikalen Lösung der Judenfrage die nötige Munition bzw. Rechtfertigung.

„Beklemmend und authentisch schildert das Stück die Bürokratie und den Verwaltungsapparat des Terrors. Der funktionale Mensch delegiert sein Gewissen an die befehlsgebende vorgesetzte Stelle. Die Herren trinken Kaffee und Cognac, es herrscht eine lockere Atmosphäre, es wird gelacht, gescherzt und über die Endlösung diskutiert […] Das Grauen drückt sich durch die Normalität aus, die Selbstverständlichkeit und auch die Gewissheit richtig zu handeln, einen Auftrag zu erfüllen im Sinne der privilegierten Rasse. Sie sprechen völlig offen über die verschiedenen effektivsten Techniken des Massenmords. Die Zuschauer erwarten sich Monster und treffen auf 15 intelligente Männer, die ihnen in erschreckender Weise manchmal sogar sympathisch sein werden.“
Paul Mommertz in seinem Bühnenstück 'Die Wannseekonferenz' (1984)



Heydrichs Karriere in der Luftwaffe



12. September 1939:
  • erster Feindflug als Bordschütze beim KG 55

1940:
  • Zulassung als aktiver Pilot (Jagdflieger) der Luftwaffe

Norwegenfeldzug:
  • als Hptm. bei 6./JG 77 (Bf 109? "gelbe 3")
  • Aufklärungsflüge über England(!) mit Bf 110
  • bronzene Frontflugspange

Russlandfeldzug:
  • kategorisches Startverbot von Hitler u. Himmler,
  • illegal zur Front,
  • nach Luftkampf Notlandung hinter russischen Linien, durch dt. Stoßtrupp rausgeholt,
  • - silberne Frontflugspange
  • EK I
  • danach absolutes Frontflugverbot


Stellvertretender Reichsprotektor in Böhmen und Mähren



Reinhard Heydrich im Prager Schloss, 1941


„Ich brauche also Ruhe im Raum, damit der Arbeiter, der tschechische Arbeiter, für die deutsche Kriegsleistung hier vollgültig seine Arbeitskraft einsetzt […]. Dazu gehört, dass man den tschechischen Arbeitern natürlich das an Fressen geben muss – wenn ich es so deutlich sagen darf, dass er seine Arbeit erfüllen kann. In dieser Richtung ist [...] eine Besprechung beim Führer gewesen unter Zuziehung von Staatssekretär Backe, und wir werden voraussichtlich, ich bitte dies alles für sich zu behalten bevor es herauskommt, weil es propagandistisch entsprechend aufgemacht werden muss, [...] zu einer Erhöhung der Fettrationen bei den tschechischen Arbeitern kommen, die etwa um 400 g herum liegt, das ist eine Summe, die sich sehen lassen kann.“
Auszüge aus einer Rede Heydrichs vom 2. Oktober 1941


Seit der Besetzung des Sudetenlandes 1938 bzw. der Einverleibung 1939 bestand eine deutsche Übergangsregierung in Böhmen und Mähren. Das sogenannte Reichsprotektorat wurde gegründet. Als erster Reichsprotektor wurde Konstantin von Neurath eingesetzt.

Im Sommer 1941 häuften sich die Meldungen über die mangelnde Loyalität der Tschechen, deren Industrie vom Deutschen Reich so dringend benötigt wurde. Immer mehr Tschechen gingen von passivem zu aktivem Widerstand über und sabotierten die Rüstungsproduktionen wo es ging. Die Tschechen waren mehrheitlich mit einem Krieg gegen Russland nicht einverstanden und ließen dies die Besatzer zunehmend spüren. Zeit die Zügel enger zu nehmen, wie Gruppenführer Karl Hermann Frank bzw. auch Reinhard Heydrich fand. Beide hatten es selbst auf den Posten von Neurath abgesehen und trachteten ihn bei Hitler zu diskreditieren.

Im Frühjahr 1941 konnte der SD noch 377 illegale Hetzschriften gegen das Reich ausfindig machen – bis Oktober waren es bereits 10.000. Die Russen ließen nichts unversucht, um Einfluss auf das arbeitende Volk der Tschechen zu nehmen. Auch BBC sendete stündlich „Pomalu pracuj“ über den Äther: „Arbeite langsam!“ Alleine durch die Verwaltung und den rasanten Ausbau der Rüstungsbetriebe im ehemaligen Tschechien siedelten sich 3.000 Beamte und Ingenieure mit ihren Familien in Böhmen und Mähren an und hoben so den Anteil der deutschen Minderheit im ehemaligen Tschechien stark an. Böhmen lag zentral im Großdeutschen Reich und nahm daher nicht nur eine geopolitisch äußerst wichtige Rolle ein, sondern auch was das Transportwesen, die Industrie und die Truppenbewegungen bzw. den Nachschub betraf.

Die Skoda-Werke in Pilsen und die Brünner Waffenfabriken waren für die Großdeutsche Rüstung unersetzlich geworden. Hier im Herzen des Reiches musste alles passen, hier musste die arbeitende Bevölkerung unbedingt ruhig gehalten werden, sie musste unbedingt loyal sein und ihre ganze Kraft für den Krieg und die Rüstung aufwenden. Sabotage war hier Gift für das Reich und musste um jeden Preis unterbunden werden. Vor allem weil ein Drittel aller von der Wehrmacht eingesetzten Panzer, ein Viertel aller LKWs und 40 % aller leichten Waffen in Böhmen und Mähren produziert wurden! So half alles nichts, denn von Juli bis September 1941 sank der Ausstoß der Rüstungsbetriebe teilweise zwischen 18 und 35% ab. Die Russen einerseits und die Alliierten andererseits hatten die Bedeutung dieses Gebiets erkannt und konnten erste Erfolge verbuchen. Auch von einem geplanten Streik der tschechischen Arbeiter war die Rede. Die oberste Führung musste handeln, musste so schnell wie möglich und so wirksam wie möglich eingreifen.

Heydrich hatte bereits im Juli die Dienststellen von Sicherheitsdienst und GESTAPO in Brünn verstärkt. Heydrich war klar, dass man letztlich nur noch hart durchgreifen könne um einen offenen Aufstand in Böhmen und Mähren zu verhindern. Die Berichte seiner Leute waren besorgniserregend. Es war die Rede von einem Generalstreik um den 28. Oktober 1941. Heydrich begab sich ins Führerhauptquartier um die notwendigen Schritte mit dem Führer persönlich durchzugehen. Auch Frank reiste mit einem Vortrag über die Entschärfung der Lage in Böhmen und Mähren ins Führerhauptquartier. Konstantin von Neurath lehnte weiterhin ein schärferes Vorgehen gegen die arbeitende Schicht kategorisch ab. Als Erster traf jedoch Frank in Rastenburg ein und konnte so dem Führer persönlich Vortrag halten und die Lage und mögliche Lösungen erörtern. Im Anschluss nahm Frank auch am Mittagstisch von Hitler teil und auch hier war die Lage in Böhmen ein Gesprächsthema.

Heydrich und Himmler trafen erst am Nachmittag in Rastenburg ein. Heydrichs Vortrag war allerdings von der örtlichen GESTAPO in Böhmen bzw. vom SD mit Details gespickt. Heydrich wurde zuvor bestens auf seinen Vortrag beim Führer vorbereitet und konnte daher Informationen aus erster Hand präsentieren. Von Neurath kam bei diesem Vortrag denkbar schlecht weg und wurde als verweichlicht hingestellt. Heydrich bezeichnete von Neurath als „Beschwichtigungshofrat“ und zeigte dem Führer in aller Deutlichkeit dessen gravierende Fehler in seiner Besatzungspolitik auf. „Der gute, alte Herr verwechsle mittlerweile Gutmütigkeit und Friedlichkeit mit Schwäche und Dummheit“ soll Hitler selbst danach gesagt haben. Als von Neurath als Letzter beim Führer eintraf um Bericht zu erstatten hatte er bereits verloren.


Der Polizist des Reiches als Politiker



Konstantin Freiherr von Neurath wurde durch Reinhard Heydrich abgelöst.


Hitler konnte sich niemanden besseren mehr für diese Aufgabe vorstellen als Reinhard Heydrich. Noch nie hatte Heydrich die oberste Führung enttäuscht, stets hat er jeden Auftrag mit aller Kraft und vollstem Einsatz bewältigt. Hitlers Entschluss war gefasst, Heydrich sollte von Neurath als Reichsprotektor so schnell wie möglich ablösen. So kam es, dass nicht Gruppenführer Karl Hermann Frank das Protektorat übernahm, obwohl dieser die tschechischen Gebräuche um vieles besser kannte und sogar die tschechische Sprache beherrschte, sondern Reinhard Heydrich, der neben seinen Aufgaben im RSHA auch noch zum stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren ernannt wurde. Bei der Ernennung Heydrichs zum Reichsprotektor spielten allerdings auch andere Gedanken eine Rolle. Bormann war nicht ganz „unschuldig“ an Heydrichs Ernennung, er selbst habe Heydrich bei Hitler ins Gespräch gebracht. Bormann wollte den „genialen Heydrich“ von Himmler separieren. Himmler war Bormann zu mächtig geworden und wollte ihm so seinen besten Mann sozusagen ausspannen und im Reich binden.

Die Aufgabe im Protektorat war keineswegs einfach. Heydrich stand vor einem beinahe unlösbaren Problem. Einerseits hatte er nicht vor, den Tschechen „Honig ums Maul zu schmieren“, andererseits wollte er, dass sie ihre Arbeit bestmöglich verrichteten. Rein mit Terror war dieses Ziel nicht zu erreichen, das wusste auch Heydrich. Heydrich aber wollte es allen zeigen. Genau das war die Aufgabe, die er sich immer gewünscht hatte. Er wollte alle Macht in einem Gebiet an sich ziehen um dann etwas großes zu schaffen, wozu nur er selbst fähig war. Noch am Abend der Ernennung durch den Führer teilte er seiner Frau Lina freudestrahlend mit: “Ich werde vom Führer nach Prag berufen, um dort wieder Ordnung zu schaffen, nachdem der Herr von Neurath die Sache ganz nach der AA-Methode so weit hat kommen lassen.“

Lina Heydrich war nur wenig erfreut von Reinhards neuer, monströsen Aufgabe: “Er war ja nie, nie zu Hause oder besser immer nur zu Besuch zu Hause. Ich bin 10 Jahre mit Reinhard Heydrich verheiratet gewesen, aber ich glaube, davon war er sieben Jahre nicht daheim. Außer seiner Amtstätigkeit war er ja in Urlaub als Flieger im Krieg. Dazu kamen die vielen Übungsflüge und dann das Fechten: jeden Tag vor Dienstantritt mindestens eine Stunde. Und am Wochenende die Turniere und Ausscheidungskämpfe.“

„Ach, wärst Du doch lieber Postbote geworden!“
Seufzende Bemerkung Linas

“Begreife es doch, was das für mich bedeutet: endlich einmal eine positive Aufgabe, endlich einmal etwas anderes als der Mülleimer des Reichs!“
Erwiderung Reinhards


Am 27. September 1941 traf Heydrich in Prag ein. Er hielt noch am selben Tag eine Antrittsrede, in der er keine Fragen offen ließ: „Ich brauche also Ruhe im Raum (Böhmen und Mähren), damit der Arbeiter, der tschechische Arbeiter, für die deutsche Kriegsleistung hier vollgültig seine Arbeitskraft einsetzt […]. Dazu gehört, dass man den tschechischen Arbeitern natürlich das an Fressen geben muss – wenn ich es so deutlich sagen darf, dass er seine Arbeit erfüllen kann.“ Nach dem Krieg könne man dann mit den Tschechen abrechnen.

„Ich habe der tschechischen Bevölkerung die Erkenntnis beizubringen, dass sie an den Realitäten ihrer Zugehörigkeit und ihres Gehorsams gegen das Reich nicht vorübergehen kann.“
(Reinhard Heydrich im Oktober 1941)


Als Heydrich am 28. September am Bahnhof in Prag ankam, wehte bereits die schwarz-weisse SS-Fahne auf der Prager Burg. Heydrich gab an, dass Konstantin von Neurath aufgrund gesundheitlicher Probleme sein Amt nicht mehr fortführen könne und er selbst vom Führer persönlich ausgewählt wurde, das Potential, die wirtschaftliche Leistung der Tschechen voll auszuschöpfen. Er wolle dabei nach dem Vorsatz „Weniger dulden und weniger reizen“ vorgehen.

Heydrich ließ sich die Schatzkammer der Prager Burg und damit verbunden die Wenzelskrone zeigen. Laut einer Sage, wird jeder, der sich die Krone unberechtigter Weise aufsetzt, binnen einen Jahres zu Tode kommen und der älteste Sohn spätestens ein Jahr später gewaltsam folgen. Heydrich konnte nicht wiederstehen und setzte sich die Krone auf. Heydrichs Ermordung und der Tod seines ältesten Sohnes knapp 1 Jahr später werden noch heute als Bestätigung dieser Sage gewertet.


Prag- Thomasgasse mit Blick auf die Burg


Heydrich wollte Ordnung schaffen, wollte den Tschechen klar machen, dass sie jetzt ein Teil des Reiches waren und ihren Beitrag leisten mussten. Die Zeit der stillen Gegenwehr und der wirtschaftlichen Unproduktivität sollten endgültig zu Ende sein. Erreichen wollte Heydrich dies durch erste Sofortmaßnahmen: Harte Bekämpfung des kommunistischen Widerstandes, Einschüchterung der tschechischen Bevölkerung durch Terror, Neutralisierung der Arbeitermassen durch sozialpolitisch attraktive Angebote und die Disziplinierung einer zur Korruption neigenden Bevölkerungsgruppe vorrangig unter der deutschen Minderheit in Tschechien. Als erste Amtshandlung verhängte Heydrich den Ausnahmezustand im Protektorat. Die Begründung lautete: „Man kann auf diese Art und Weise Vorkommnissen außergewöhnlicher Art begegnen“. Ab sofort unterlagen alle Aktionen, die die „öffentliche Ordnung und Sicherheit, das Wirtschaftsleben und den Arbeitsfrieden stören oder gefährden“ dem Standrecht. Der private Besitz von Schusswaffen, Munition oder Sprengstoff wurde strengstens untersagt. Versammlungen in der Öffentlichkeit oder auch in geschlossenen Räumen waren fortan verboten.

Die Standgerichte hatten drei Urteile zur Auswahl: Freispruch, Übergabe an die GESTAPO oder Tod. Alleine in den ersten zwei Tagen wurden 58 Menschen von den Standgerichten zu Tode verurteilt und das Urteil sofort vollstreckt. Insgesamt wurden 404 Menschen während des Ausnahmezustandes standgerichtlich zum Tode verurteilt. Die tschechische Organisation des nationalen Widerstands wurde bereits wenige Tage nach Heydrichs Amtsantritt praktisch völlig ausgelöscht. Allein zwischen Oktober und November 1941 wurden zwischen 4.000 und 5.000 Menschen verhaftet. Bereits Monate zuvor wurden unzählige Personen von der GESTAPO observiert – mit Heydrichs eintreffen in Prag wurde die GESTAPO angewiesen zu handeln. Mit der zu Beginn verhafteten Führung des Widerstandes konnten auch die einzelnen Verästelungen und Untergruppierungen ausgeforscht und verhaftet werden. Nach wenigen Wochen bereits hatte Heydrich den tschechischen Widerstand gebrochen. Spionage und Sabotage waren damit ebenfalls lahm gelegt.

Die Wirtschaft begann sich sofort zu erholen. Grund dafür war nicht zuletzt die GESTAPO, die trotz allen Mühen nicht genau wusste, wer in der Bevölkerung noch mit dem Widerstand sympathisierte und daher praktisch grundsätzlich jeden Tschechen verdächtigte. Die Bevölkerung war daher darauf bedacht, sich von Gedanken des Widerstands fern zu halten und sich so neutral wie möglich zu verhalten, um nicht ins Visier der GESTAPO zu geraten. Selbst der Bürgermeister von Prag, Klapka wurde festgenommen. Schnell konnte die GESTAPO den Ministerpräsidenten des Protektorats General Elias als einen der Unterstützer des Widerstands ausfindig machen. Man zögerte jedoch mit der Verhaftung, da man den Untergrund so hart wie möglich treffen wollte und daher Elias nur beschattete, um weitere Informationen zu erhalten. Als Elias jedoch begann, Gesandte der Tschechischen Exilregierung aus London zu empfangen, platzte Heydrich der Kragen und er lies Elias verhaften. Der Prager Gestapoleiter Dr. Geschke erhob Anklage gegen Elias, da er nachweislich Kenntnis von den Aktionen des Widerstands hatte und diese nicht zur Anzeige brachte. Aufgrund der Fülle des Materials, dass die GESTAPO gesammelt hatte, blieb Elias nichts anderes übrig als zu gestehen. Elias wurde wie erwartet zum Tode verurteilt und seine Bürgerrechte wurden ihm aberkannt. Allerdings wurde dieses Urteil nicht vollstreckt. Heydrich gab an, dass die Aussagen von Elias in anderen Prozessen von Nöten seien und deshalb die Vollstreckung des Urteils ausgesetzt werde. Heydrich war klar, dass es seinen Zielen nicht dienlich sein könne, den Ministerpräsidenten töten zu lassen und damit den Unmut der Bevölkerung herauszufordern. Tschechiens Innenminister Jezek wusste ebenfalls bestens über die Aktivitäten des Untergrunds bescheid, Heydrich lies ihn jedoch nicht einmal verhaften. Heydrich wusste, dass er damit ein Druckmittel in der Hand hatte. Alle Mitwisser mussten nun fürchten, jederzeit verhaftet werden zu können. Für die teilweise sehr schlechte Versorgungslage in den Arbeiterschichten Tschechiens machte Heydrich den Schwarzhandel verantwortlich. Heydrich versprach daher dem Volk, eine wesentlich bessere Versorgung gewährleisten zu können, wenn der Schwarzhandel und die Preistreiberei mit Lebensmittel wirksam bekämpft werden könne. Hierzu sei er jedoch auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen. So kam es, dass für Hinweise aus der Bevölkerung Belohnungen ausgesetzt wurden.

Mit dieser Taktik hatte Heydrich unerwartet großen Erfolg. Die arbeitende Bevölkerung hatte die Nase von diversen Kriegsgewinnlern, die sich unermesslich bereichern konnten, gestrichen voll. Der Unmut machte sich mit unzähligen Anzeigen Luft. Sofort ließ Heydrich drastisch gegen sogenannte Wirtschaftsschädlinge durchgreifen.

Allein am 10. Oktober 1941 wurden 22 Menschen aufgrund von Wirtschaftsverbrechen gegen das Volk gehängt:

Lerach Vaclav, Viehhändler
Blazek Otokar, Fleischer
Zitek Antonin, Fleischer
Stejskal Stanislav, Viehhändler
Elicer Frantisek, Städtischer Angestellter
Leiner Karl, Händler
Klecka Bohumil, Lehrer
Uzel Josef, Fleischer
Lerach Frantisek, Steinmetz
Travnicek Antonin, Fleischer
Mikulas Arnost, Fleischer
Mans Josef, Fleischer
Kohout Bohumil, Fleischer
Tychna Frantisek, Beamter
Vanicek Josef, Fleischer

und vier weitere, namentlich unbekannte Personen.


Propagandistisch wurden die Schläge gegen das Wirtschaftsverbrechen von Heydrich gnadenlos ausgeschlachtet. Er wollte ein deutliches Zeichen in Richtung London und Moskau senden. Heydrich hatte Erfolg. Vor allem unter sozial schwächeren Schichten erntete Heydrich mit seinen Maßnahmen erste Zustimmung. Das Volk nahm die ersten drastischen Maßnahmen Heydrichs also ruhig hin, ohne an einen Aufstand zu denken. Den Zuspruch des Volkes erntete Heydrich vor allem dadurch, dass er vor bekannten Namen, Politikern und Personen des öffentlichen Lebens genauso wenig Halt machte, wie vor Volksdeutschen, die in Tschechien lebten – wenn er auch hier nur einen kleinen Teil verfolgte. Heydrich schrieb sich dadurch auf seine Fahnen, für Gerechtigkeit sorgen zu wollen und alle bestrafen zu wollen, die sich am Kriege lediglich persönlich bereichern würden.

Am 2. Oktober ordnete Heydrich eine vollständige Zählung des Viehbestandes im Protektorat an. Zugleich stellte er Nachmeldungen zur letzten Zählung unter Straffreiheit. Die Anzahl der folgenden Nachmeldungen verblüffte alle. Unzählige Berichtigungen des Viehbestandes gingen nun ein und plötzlich stellte sich die allgemeine Versorgungslage gar nicht mehr so schlecht dar wie einen Monat zuvor noch angenommen. Alleine 560.000 Schweine wurden aus dem Protektorat nachgemeldet. Das ergab fast die doppelte Anzahl wie in den Monaten zuvor.

Um das Volk weiter ruhig zu stellen, wurden auf Anweisung Heydrichs alle Waren und Lebensmittel, die bei Schiebern und Schwarzhändlern sichergestellt wurden, demonstrativ in den Kantinen von Betrieben verteilt. Heydrich erreichte damit, dass die Arbeiter tatsächlich den Eindruck hatten, dass Heydrich nicht gegen sie, sondern gegen Volksschädlinge kämpfen würde und auf der Seite der fleißig arbeitenden Menschen sei. Er vermittelte den Eindruck, dass ihnen eine neutrale Haltung des Untergrunds gegenüber und damit ihre Beteiligung an Heydrichs Kurs zugute kommen würde und sie so ihre Ruhe haben würden. Heydrich setzte durch, dass es künftig in allen Betrieben eine Kantine geben musste in der die Arbeiter des jeweiligen Betriebes ohne Lebensmittelkarten Nahrungsmittel beziehen konnten. Da es in tschechischen Betrieben bis dahin nicht üblich war, eine Kantine im Betrieb zu haben, kam diese Maßnahme außerordentlich gut an und führte weiter dazu, dass Heydrich durchaus an Beliebtheit im Volke gewann.



Angehörige des SD


Aus einem geheimen Bericht des SD, der Ende Oktober an Heydrich übergeben wurde, ging hervor, dass sich die Stimmung unter den Arbeitern trotz harter Maßnahmen gegen Schwarzhändler und Volksschädlinge aufgrund der gebesserten Versorgungslage deutlich bessere. Der Grundtenor unter den Arbeitern laute, dass man mit gewissenhafter Pflichterfüllung am besten weiterkommen würde.

Diese Tendenz unter den Arbeitern wurde in den kommenden Wochen von Heydrich gezielt ausgenutzt und weiter angeregt. Er wollte die Masse für sich gewinnen und wusste, dass dies der Schlüssel zu seinem Erfolg im Protektorat sein würde. Seine nächsten Ziele waren die Anpassung der Löhne und die soziale Fürsorge an Standards des Reichs und die weitere Verbesserung der Versorgung und auch Bekleidung des Volkes. Heydrich argumentierte seine Maßnahmen vor Hitler: "Wenn man die tschechischen Arbeiter schon brauchte, so müsse man entscheidende psychologische Fehler vermeiden, wie sie Unterschiede in der Lebensmittelzuteilung für Tschechen und Deutsche und vor allem der Ausschluss der Tschechen von der Staffelung in Normal-, Schwer-, und Schwerstarbeiter darstellten." Heydrich weiter: „Man kann sich vorstellen, wie begeistert ein Tscheche nun ausgerechnet Panzer für die Deutschen baue, wenn sie selber überhaupt nichts davon haben.“

Heydrich begann nun die tschechischen Gewerkschaften in seine Pläne mit einzubeziehen. In allen Betrieben sollten Arbeitsappelle abgehalten werden. Die Gewerkschaften sollten die Arbeiter dadurch weiter überzeugen, dass Heydrichs Politik nicht gegen sie gerichtet sei. Der Reichsprotektor sei ein Freund der arbeitenden Bevölkerung. Diese Freundschaft sollten sie nicht mit „Narreteien“, wie Sabotage oder Widerstand in welcher Form auch immer, gefährden. Im Gegenzug sollten die Gewerkschaften die Möglichkeit erhalten, Beschwerden von Arbeitern dem Reichsprotektor persönlich vortragen zu dürfen. Heydrich erhielt daraufhin einen Beschwerdekatalog, indem die Arbeiter sich über die ungenügende Versorgung mit Fett und Tabakwaren, Mangel an Schuhen und Fahrrädern und über die Ungleichbehandlung von Volksdeutschen und Tschechen im Bereich Löhne bzw. Sozialleistungen beschwerten. Am 24. Oktober, erst einen Monat nach seinem Amtsantritt, empfing Heydrich 40 Vertreter der Arbeiterschaft. Es war das erste Mal in der Geschichte Tschechiens, dass Vertreter der Arbeiter im Kaisersaal des Hradschin empfangen wurden.

Die Redner bekundeten Ihre Loyalität und wurden allesamt von Heydrich angehört. Heydrich ließ alle ausreden und erhob als letzter das Wort. Er sprach die Gewerkschaftsvertreter als „Kameraden der Arbeit“ an und bat um Verständnis für die schwierige Lage. Er versprach den Schwarzhandel (den er als Schuldigen für die Versorgungslage ausmachte) zu vernichten und damit die bessere Versorgung für alle Arbeiter sicherstellen zu können. Aufgrund der hohen Nachmeldungen an Vieh konnte er die Versorgungslage kurzfristig ohnehin erhöhen und versprach weiterhin, zusätzlich 420 Gramm Fett für 2 Millionen Arbeiter aus dem Reich kommen zu lassen. Heydrich wolle sich weiterhin um ausreichend Schuhwerk kümmern und sich für eine Kinderzulage einsetzen. Tatsächlich schaffte es Heydrich bereits Ende Oktober, die Fettrationen unter den tschechischen Arbeitern auf 1.040 Gramm anzuheben und damit das Niveau des Reichs zu erreichen. Dies betraf immerhin 30 Prozent der damaligen Bevölkerung.

Mit sichergestelltem Bargeld von verhafteten Schwarzhändlern war es Heydrich zusätzlich möglich, 200.000 Paar Arbeitsschuhe als Sofortmaßnahme bereitstellen zu können, die von den Gewerkschaften unentgeltlich in den Betrieben an die Arbeiter verteilt wurden. Heydrichs Beliebtheit unter den Arbeitern stieg dadurch weiter an. Für ihn war streichbares Fett, Arbeitsschuhe und Zigaretten weit mehr als Almosen an ein unterdrücktes Volk, für ihn war es das geeignete Mittel, seinen wehrwirtschaftlichen Auftrag Hitlers in Tschechien erfüllen zu können und Heydrich war auf besten Weg, dieses Ziel auch zu erreichen.

Am 1. April 1942 traten auf Anordnung Heydrichs Verbesserungen der Sozialversicherungen für Arbeiter und Bergleute in Kraft:

  • Renten wurden ohne Anhebung der Beiträge erhöht.
  • Invaliden- und Altersrenten erhöhten sich dadurch um ein Fünftel.
  • Eine obligatorische Arbeitslosenversicherung wurde erstmals eingeführt.

Der Feiertag des 1. Mai wurde von Heydrich kurzerhand auf einen Samstag gelegt, sodass die Arbeiter am Stück zwei Tage frei haben konnten (damals wurde noch in einer 6-Tage-Woche gearbeitet). Heydrich ließ am Morgen des verlegten Feiertags 116.000 Filmfreikarten und 18.000 Theaterkarten verschenken. Die Fußballspiele der nationalen Meisterschaft wurden extra auf die beiden freien Tage verlegt und die Karten von den Gewerkschaften kostenlos verteilt. Der Höhepunkt der Maifeier war jedoch Heydrichs große Verkündung, dass er Luxushotels in Bad Luhatschowitz in Arbeitererholungsheime umwandeln ließ. 3.000 tschechische Rüstungsarbeiter bekamen so am 1. Mai einen Erholungsurlaub geschenkt (im Jahre 1942 wurden insgesamt 7.000 Arbeiter kostenlos in diese Hotels zur Erholung geschickt – die Auswahl traf der Arbeitgeber in Verbindung mit den Betriebsräten).



Emanuel Moravec, tschechischer Propagandaminister


Heydrich konnte sich mit diesen gezielten Aktionen als Freund der tschechischen Arbeiter ins Rampenlicht stellen. Und er hatte durchaus Erfolg. Vom tschechischen Propagandaminister Moravec wurde im Rundfunk verkündet, dass „alle ehrlich schaffenden“ Tschechen „Heydrichs Leute“ seien. Zum ersten Mal, so Moravec, würden tschechische Arbeiter die Aufmerksamkeit und den Lohn für ihre Arbeit erhalten. Heydrichs Idee mit den Luxushotels wurde besonders hervorgehoben, da so auch Arbeiter in den Genuss von Erholungseinrichtungen kommen konnten, die für sie unter normalen Voraussetzungen unerschwinglich gewesen wären.

Heydrich demonstrierte immer wieder in teilweise überraschenden Besuchen in Rüstungsbetrieben, dass er die Nähe zu „seinen Tschechen“ suche. Zum Entsetzen seiner Bewacher unterhielt sich Heydrich einfach mit Arbeitern und fragte nach deren Befinden und verteilte Sonderprämien. So machte sich Heydrich beispielsweise für Menschen stark die vom Widerstand geschädigt wurden. So bekam z. B. eine Witwe 10.000 Kronen ausbezahlt, deren Mann, ein Gendarm von Widerständlern im Dienst erschossen wurde. Polizisten die im Dienst gegen den Widerstand verletzt wurden, ließ er eine Pistole mit persönlicher Widmung überreichen und Familien mit Kindern Sparbücher mit „ordentlichen Beträgen“ übergeben. Ein Bericht des SD vom Mai 1942 zur allgemeinen Lage bzw. zur Stimmung im Volk zeichnete ein eindeutiges Bild. Heydrichs Aktionen hatten Erfolg. Die Stimmung begann nun in seine Richtung zu kippen und er konnte sich bereits über ein gewisses Maß an Beliebtheit vor allem unter dem arbeitenden Volk freuen. Selbst Hitler, der ansonsten von den Tschechen keine gute Meinung hatte, war von den Berichten aus dem Protektorat beeindruckt. Noch Anfang 1942 sagte Hitler bei einem Tischgespräch, dass Tschechen und Deutsche natürliche Feinde und durch nichts zu versöhnen seien – nur für ein Volk sei Platz, das andere müsse untergehen. Doch diese Haltung änderte sich aufgrund der positiven Berichte Heydrichs und den deutlich ansteigenden Ausstoß der Rüstungsbetriebe. Heydrich schaffte es tatsächlich, die Produktivität spürbar zu verbessern.

Tschechiens Exilregierung in London, allen voran Benesch, sahen die Entwicklung im Protektorat mit Argwohn. Anfangs hatte man sich erwartet, dass Heydrich mit gewohnt eiserner Faust regieren und damit dem Untergrund und dem Widerstand mehr Menschen zuführen würde und plötzlich war das Gegenteil der Fall. Der Widerstand war praktisch zerschlagen und im Untergrund mangelte es an Zulauf. Benesch merkte, dass die Tschechen mehr und mehr dazu bereit waren, mit den Deutschen zu kollaborieren.

Hacha z. B. schenkte dem Reich 1942 zum Geburtstag des Führers einen voll ausgestatteten Lazarettzug. Im Gegenzug war Heydrich bereit, Studenten und Funktionäre des Tschechischen Turnverbandes aus dem KZ Mauthausen frei zu lassen. Derlei „Aktionen“ nährten natürlich die Hoffnung der Tschechen, dass Heydrich ihnen wohlgesonnen war.

Benesch wirkte auf die Londoner Regierung ein, dass Heydrich gestoppt werden müsse. Was Benesch nicht wusste, war, dass Hitler mit Heydrich ohnehin bereits anderweitige Pläne hatte und ihn nach Paris schicken wollte um auch dort mit dem Widerstand aufzuräumen. So wurde in London mit der Planung eines Attentats begonnen. Pläne hierzu gab es bereits 1941, allerdings war es nun an der Zeit, zur Tat zu schreiten. Was der Exilregierung in London ebenfalls verborgen blieb, war, dass Heydrich bereits plante, alle Menschen zu „evakuieren“, die nicht auf seine Linie der „Eindeutschung“ zu bringen waren. Der SD hatte den Auftrag eine entsprechende Erhebung durchzuführen und mögliche Transporte dafür bereit zu stellen. In nur 14 Tagen sollten die ersten Transporte möglich sein. Beginnen sollte die Aktion mit der Deportation aller Juden aus dem Protektorat. Die ersten Transporte sollten bereits 5.000 Juden nach Polen abschieben. Heydrich hatte vor, nach der Deportation aller Juden aus dem Protektorat auch alle Tschechen – spätestens nach dem Krieg umzusiedeln um Tschechien rein Deutsch werden zu lassen. Bereits im Februar 1942 begannen derartige Vorbereitungen anzulaufen. Vorgesehen für das tschechische Volk war der russische Eismeerraum. Betroffen von dieser „Umsiedlungsaktion“ wären ca. 40 % der gesamten tschechischen Bevölkerung. Laut Heydrichs Bericht an Hitler hätten demnach 60 % der Tschechen den gleichen „rassischen Durchschnittskoeffizienten“ wie die Deutschen. Aufgrund der späteren Ermordung Heydrichs wurden diese Pläne nie umgesetzt.

Im Jahre 1942 waren zunehmend Spannungen zwischen Heydrich und Himmler zu bemerken. Heydrich hatte sich erfolgreich aus dem Schatten Himmlers gelöst. Heydrich war trotz seiner Position als Reichsprotektor immer noch Chef des Reichssicherheitshauptamts und damit einer der mächtigsten Männer des Reichs. Hatte er früher noch die Aufgabe, Himmlers Besuche beim Führer vorzubereiten, so trug Heydrich nun seine Anliegen direkt beim Führer vor. Auch Bormann, der im innersten Kreis um den Führer seine Arbeit verrichtete und großen Einfluss auf Hitler hatte, musste bemerken, dass Heydrich sich immer wieder in verschiedensten Fragen durchsetzen und an Ansehen gewinnen konnte. Der Führer war mit Heydrich zufrieden und äußerte sich in Tischgesprächen immer wieder lobend über ihn.


Das Attentat



Der Wagen Heydrichs nach dem Attentat


Im März 1942 wurde vom SD ein Mann festgenommen, der auf einer Zugfahrt aufgefallen war. Seine Papiere wiesen ihn als deutschen Musiker aus und in seinem Musikkoffer wurde auch nur ein Instrument gefunden, allerdings machte ihn ein nagelneuer Reisekoffer verdächtig. Bei einer genaueren Durchsuchung des Koffers wurde ein Präzisionsgewehr mit Zielfernrohr gefunden, das mit wenigen Handgriffen zusammengebaut werden konnte. Nach tagelangen Verhören gab der Mann schließlich zu, aus Moskau geschickt worden zu sein, um Heydrich auf dem Weg von seinem Wohnsitz, dem Anwesen Jungfern-Breschan nach Prag zu erschießen. Die Beamten des SD hielten diese Geschichte für nicht glaubwürdig und verhörten den Mann weiter um dessen angeblichen wirklichen Auftrag zu erfahren. Da weitere Verhöre nichts mehr ergaben und man glaubte, nichts neues mehr erfahren zu können, überließ man den Mann seinem Schicksal und nahm seinen Selbstmord in der Zelle zur Kenntnis.

Der Russe war jedoch nicht der einzige Attentäter, der auf Heydrich angesetzt war. Auch wenn der SD es nicht für möglich hielt, dass jemand eine derartige Aktion tatsächlich durchziehen konnte, wurden weitere Attentäter aus London eingeflogen. Zuvor ausgebildete, geflüchtete Tschechen wurden in England auf das Attentat vorbereitet. Sie sprangen nachts zwischen Weihnachten und Neujahr 1941 / 1942 mit Fallschirmen über dem Protektorat ab und tauchten bereits Wochen vor dem Tag X ab, um kein Aufsehen zu erregen. An seinem Wohnort konnte Heydrich aufgrund der vielen SS-Wachen nicht angegriffen werden. Ab März 1942 hielten sie sich bereits in der Nähe Jungfern-Breschans auf, um Heydrichs tägliche Fahrten nach Prag abzustoppen. Sie begannen seinen Weg nach Prag auszukundschaften und suchten nach einer passenden Stelle, den meist offenen Wagen Heydrichs überfallen zu können.


Josef Gabcik rechtes Bild Ian Kubis


Beide Attentäter waren ehemalige Soldaten im Rang eines Unteroffiziers. Ian Kubis, 27 Jahre alt und Sohn einer Bauernfamilie und Josef Gabcik ein ehemaliger Schlosser. Beide dienten in der französischen Fremdenlegion und waren daher bestens für diesen Auftrag geeignet. Sie rechneten damit, dass sie den Anschlag auf Heydrich nicht überleben würden. Ein Informant teilte den Attentätern, nachdem er von der evtl. Versetzung Heydrichs nach Paris Wind bekommen hatte mit, dass Heydrich am 27. oder 28. Mai zum Führer beordert wurde und das Attentat so nur mehr am 27. Mai stattfinden konnte. Tatsächlich sollte Heydrich am 28. Mai nach Berlin fliegen. Hitler wollte Heydrich befördern und ihm anschließend den Auftrag erteilen, nach Paris zu ziehen um auch dort für „Ordnung“ zu sorgen.

Am Morgen des 27. Mai nahm sich Heydrich besonders viel Zeit für seine Kinder und schob den Abfahrtstermin immer wieder hinaus. Die Attentäter wurden dadurch langsam nervös. Sie wählten den Prager Vorort Holeschowitz für Ihren Anschlag aus. Heydrichs Mercedes muss hier in einer sehr engen Kurve stark abbremsen – ein idealer Ort um den Anschlag zu verüben. Heydrich, der an sich sehr pünktlich war, verspätete sich enorm und fuhr erst gegen 10 Uhr von seiner Villa in Jungfern-Breschan los. Er hatte eigentlich schon keine Zeit mehr, denn er musste sich noch am selben Tag auf seinen Termin bei Hitler vorbereiten. Die Zeit drängte. Die Attentäter hatten ihre Hoffnung schon fast aufgegeben und wollten unverrichteter Dinge wieder abziehen, als ein Helfer namens Valcik die Ankunft Heydrichs an der besagten Stelle mittels eines Spiegels ankündigte.

Auf beiden Straßenseiten hatte sich ein Attentäter postiert. Oberscharführer Klein fuhr Heydrichs Dienstwagen, der Reichsprotektor selbst saß mit seiner Aktentasche im Beifahrersitz. Der Mercedes bremste stark ab und bog in die enge Kurve ein. Gabcik stürmte in Richtung des Wagens und richtete seine Waffe sofort auf den überraschten Heydrich. Er drückte mehrmals ab, jedoch löste sich kein Schuss – seine Waffe hatte just in diesem Moment eine Ladehemmung. Heydrich reagierte sofort, zog seinerseits seine Dienstwaffe und eröffnete das Feuer auf Gabcik, der sofort die Flucht ergriff.

Der Fahrer Klein machte nun einen entscheidenden Fehler. Er vermutete einen Einzeltäter und hielt daher den Wagen an, um Gabcik zu verfolgen. Nun kam von der anderen Straßenseite Kubis gelaufen und warf eine Mills-Spezialgranate in den stehenden Wagen, der nun ein leichtes Ziel abgab. In den Wagen traf er jedoch trotzdem nicht und so detonierte die Granate neben dem rechten Hinterrad.

Heydrich wurde von der Splitterwirkung der Granate getroffen und schwer verletzt, dies hinderte ihn jedoch nicht daran, auszusteigen und nun auch auf den 2. Attentäter zu feuern. Heydrich schoss sein gesamtes Magazin leer, bevor er über der Kühlerhaube des Wagens zusammenbrach. Klein war indes mit der Verfolgung von Kubis beschäftigt, konnte ihn jedoch nicht mehr stellen. Eine tschechische Passantin, die das Geschehen beobachtete, eilte Heydrich zu Hilfe. Sie hielt den nächsten vorbeikommenden Wagen an, welcher sich sofort bereit erklärte, Heydrich ins nächste Krankenhaus zu bringen.


Die Folgen des Attentats



Gedenkstelle für die Heydrich-Attentäter


Noch am selben Tag wurden zusätzliche SS-Polizeieinheiten nach Prag beordert die die gesamte Stadt abriegelten. Sofort wurde damit begonnen „potentiell Verdächtige“ festzunehmen und zu verhören. SD-Führung und Protektoratsregierung versammelten sich bei Heydrich im Krankenhaus. Bereits am nächsten Tag, den 28. Mai morgens, wurden die ersten Menschen exekutiert. Unzählige Menschen wurden verdächtigt Mitwisser oder Mittäter zu sein und daraufhin verurteilt. Am Abend zuvor war Heydrich noch mit seiner Frau bei einem Hausmusikabend eingeladen, der im Rahmen der Prager Musikwochen stattfand. Dort entstand auch das letzte bekannte Foto Heydrichs.

Bereits zwei Stunden nach dem Attentat wurde Frank von Hitler beauftragt, Heydrichs Amtsgeschäfte bis zu dessen Genesung zu übernehmen. Des Weiteren setzte Hitler persönlich 1 Million Reichsmark Belohnung für denjenigen aus, der die Ergreifung der Attentäter ermöglichen würde. Hitler befahl weiter, dass jeder, der den Tätern Hilfe jedweder Art zukommen ließ, sofort inklusive seiner gesamten Familie erschossen werden sollte. 10.000 Tschechen, die sich in der Vergangenheit politisch was zu Schulden haben kommen lassen bzw. ohnehin schon in einem Konzentrationslager interniert waren, sollten als Sühnemaßnahme sofort erschossen werden.

Der Erschießungsbefehl für 10.000 Menschen wurde jedoch nicht sofort vollstreckt. Frank konnte einen Aufschub dieser Massentötung erreichen, indem er Hitler um ein gesondertes Gespräch über eventuelle Sühnemaßnahmen bat. Frank ließ um 16:30 Uhr den zivilen Ausnahmezustand in Prag verhängen und ein Ausgangsverbot ab 21 Uhr in Kraft treten. Um 21:32 Uhr dehnte Frank den Ausnahmezustand auf das komplette Protektorat aus. Am späten Abend drängte Himmler noch persönlich darauf, Hitlers Erschießungsbefehl über 10.000 Tschechen auszuführen und 100 Personen aus der „tschechischen Intelligenz“ vorzuziehen und noch diese Nacht zu exekutieren. Frank ließ weiterhin den kompletten Zugverkehr von und nach Prag und auch die öffentlichen Verkehrsmittel innerhalb Prags stilllegen und eine Großfahndung einleiten.

Am 28. Mai startete die bislang größte Fahndung in der europäischen Geschichte. Allerdings blieb sie anfangs gänzlich erfolglos. Die Kriminalpolizei konnte zwar eine Vielzahl lange gesuchter Verbrecher aufgreifen, die Attentäter jedoch konnten erstmal nicht aufgespürt werden. Als Frank am nächsten Tag im Führerhauptquartier eintraf um mit Hitler über das weitere Vorgehen zu sprechen, erfuhr er, dass Hitler eigentlich SS-Obergruppenführer von dem Bach-Zelewski mit Heydrichs Vertretung beauftragen wollte, da sich dieser schon bei den Einsatzgruppen und der Bandenbekämpfung in Russland einen Namen gemacht hätte. Hitler war der Meinung, dass von dem Bach-Zelewski den Erschießungsbefehl über 10.000 Tschechen sofort und ohne nachzufragen ausgeführt hätte und nicht erst wie Frank darüber hätte reden wollen. Frank brachte das Kunststück fertig, den vor Wut rasenden Hitler erstmal davon zu überzeugen, dass 10.000 Erschießungen im Moment nur hinderlich wären und man so viele Menschen auf die Seite der Attentäter drängen würde, was die Fahndung von vornherein zum Scheitern verurteilen würde.

Heydrichs Zustand war indes weiter kritisch. Er wurde von einem Bäcker auf dessen Ladefläche ins Libovka-Krankenhaus gebracht. Heydrich war zwar bei Bewusstsein, krümmte sich jedoch vor Schmerzen. Heydrich bestand darauf, selbst zu den Untersuchungen zu gehen und weigerte sich helfen oder sich stützen zu lassen. Beim Röntgen jedoch stellte sich sofort heraus, dass Heydrich einige Splitter abbekommen hatte und umgehend operiert werden musste. Eine Rippe war zertrümmert, das Zwerchfell zerfetzt und ein Splitter steckte in der Milz. Heydrich weigerte sich anfangs von einem Tschechen operiert zu werden, da er getreu seinem Naturell grundsätzlich jedem misstraute, stimmte letztendlich dann doch der Operation zu, da Prof. Dr. Hohlbaum von der Deutschen Chirurgischen Klinik in Prag im Libovka-Krankenhaus eintraf. Himmler schickte seinen persönlichen Leibarzt und Jugendfreund Gebhardt sofort nach Prag, auch Professor Dr. Ferdinand Sauerbruch von der Charité wurde nach Prag gebeten. Eigentlich sollten die beiden für die bestmögliche medizinische Versorgung und die dringend nötige Operation sorgen, allerdings konnte aufgrund der Dringlichkeit der OP nicht auf die Ärzte gewartet werden. Heydrichs Operation wurde sofort von tschechischen und deutschstämmigen Ärzten Vor-Ort durchgeführt. Heydrichs Operation verlief ohne Komplikationen und es entstand erster Optimismus, dass der Reichsprotektor den Anschlag knapp überleben würde. Er lag zwar noch bis zum Abend des 28. Mai im Tiefschlaf, sein Zustand verschlechterte sich jedoch nicht weiter.



Generalarzt Professor Dr. Ferdinand Sauerbruch


Die besten Kriminalisten von GESTAPO und Kriminalpolizei konnten in den ersten Stunden und Tagen nach dem Attentat keinerlei Hinweise auf den Verbleib der Täter finden. Während die tschechische Exilregierung das Attentat als spontane Aktion des tschechischen Untergrunds bezeichnete, erhärtete sich in den Kreisen des SD und der GESTAPO der Verdacht, dass der Anschlag ein gesteuertes britisches Kommandounternehmen war. Auch Frank hatte dies bereits anfangs vermutet und weigerte sich daran zu glauben, dass der tschechische Widerstand es wagen würde den Reichsprotektor so offen anzugreifen. Hacha und die Regierung in Prag taten indes alles, um die tschechische Bevölkerung vor deutschen Repressalien zu schützen und lenkten den Verdacht der Organisation des Anschlags auf die Briten bzw. die tschechische Exilregierung unter Benesch in London. Hacha selbst erklärte der Presse gegenüber, dass die Tat nur von „Benesch-Agenten“ durchgeführt werden konnte und erklärte weiters die tschechische Exilregierung und Benesch selbst als „Feind Nummer eins des tschechischen Volks“.

Hacha erkärte weiter: „In unserem Land herrschte und herrscht eine vorbildliche Ruhe. Das Großdeutsche Reich habe dies gewürdigt und durch Heydrich sei es von der Loyalität der Tschechen zum Reich überzeugt worden. Dadurch sei die autonome Verwaltung der Tschechen – einen Tag vor der schändlichen Tat – wesentlich erweitert und die strengen Maßnahmen seien abgebaut worden, die das Reich – gegen die vom Feinde verführten Tschechen verhängen musste. Unsere Arbeit hatte Erfolg. Viele tschechische Menschen wurden gerettet, Urteile gemildert, Verfahren vertagt. Was die Emigranten bei uns verdorben hatten, trachteten wir zu verbessern. In diesem Augenblick gefährdet ein ruchloses Verbrechen alles bisher Erreichte."

Auf dem Prager Altstädter Ring und in Brünn auf dem Krautmarkt gingen Menschen auf die Straße und demonstrierten „gegen England und Benesch“. Der tschechische Nationalrat ging sogar so weit, dass er Benesch aus der tschechischen Nation ausstieß. Es ist jedoch zu vermuten, dass all diese Wortmeldungen und Aktionen der Tschechen nur aus Angst vor Repressalien stattfanden. Die deutschstämmige Bevölkerung forderte indes ein härteres Durchgreifen des SD und verlangte offen, dass ein Exempel an der tschechischen Bevölkerung statuiert werde.

Heydrich wachte am 29. Mai von seinem Tiefschlaf auf. Er schien auf dem Wege der Besserung zu sein und Lina durfte hoffen, dass es nun doch noch einmal gut gegangen sei. Besuche durften zum Reichsprotektor vorgelassen werden und Heydrich informierte sich über die Lage. Ein Aufatmen ging durch das Reich. Zum 3. Juni hin allerdings verschlechterte sich der Zustand Heydrichs jedoch plötzlich dramatisch. Die Ärzte vermuteten eine eintretende Sepsis. Die Splitter der Granate hatten Stoffreste vom Rücksitz des Dienstwagens mit in Heydrichs Körper gerissen. Bei der Operation konnten wohl die Splitter, die Stoffreste jedoch nicht gesehen und dadurch nicht entfernt werden. Sie verursachten eine Entzündung und letztlich eine Blutvergiftung. Heydrichs einzige Rettung hätte Penicillin sein können, allerdings standen nicht ausreichende Mengen an diesem Wirkstoff bereit. Lediglich die Briten verfügten zu dieser Zeit über entsprechende Mengen Penicillin, für Heydrich jedoch konnte es nicht rechtzeitig aufgetrieben werden. Wieder versetzten ihn die Ärzte in einen Tiefschlaf um ihm Schmerzen zu ersparen.

Noch äußerten sich die Ärzte zuversichtlich und machten Lina Heydrich und allen anderen Anwesenden Hoffnung, dass sich der Gesundheitszustand des Reichsprotektors wieder bessern würde. Um Mitternacht vom 3. auf den 4. Juni jedoch war den Medizinern klar, dass Heydrich praktisch keine Chance mehr hatte und nur noch wenige Stunden zu leben hatte. Noch ein letztes Mal wurde die Morphiumbetäubung abgesetzt und Reinhard Heydrich zurückgeholt, so dass er sich bei vollem Bewusstsein noch von seiner Frau verabschieden konnte. Er legte Lina nahe, Tschechien zu verlassen und zurück in ihr gemeinsames Haus nach Fehmarn zu gehen. Karl Hermann Frank und Kurt Daluege, die in den letzten Stunden bis zu Heydrichs Tod um 04:30 Uhr am 4. Juni im Krankenhaus waren, hielten die Todesnachricht offiziell noch bis zum Abend zurück. Der Leichnam wurde bis zum 5. Juni noch im Krankenhaus belassen und streng bewacht.

Das deutsche Reich war in dieser Phase wie gelähmt. Selbst die Nachrichten der Ostfront, wo in diesen Tagen entscheidende Kämpfe stattfanden, wurden nicht so aufmerksam verfolgt wie der Zustand Heydrichs. Die Nachrichten waren 1 Woche lang voll von Meldungen aus Prag. Am Morgen des 7. Juni wurde die Leiche Heydrichs auf einer Lafette in die Prager Burg gebracht. Im Hof des Hradschin wurde der Sarg aufgebahrt, so dass jedermann dem Reichsprotektor die letzte Ehre erweisen konnte. Viele Menschen nutzten die Gelegenheit, sich von Heydrich auf diese Art zu verabschieden.

In der Prager Burg fand bereits die erste Trauerfeier statt. Kurt Daluege hielt den ersten Nachruf vor versammelter Protektoratsregierung inkl. Hacha. Auch Himmler war anwesend, hielt jedoch keine Rede. Am Nachmittag des 7. Juni rollte der Sarg bereits in einem Sonderzug nach Berlin, wo er zuerst im Reichssicherheitshauptamt aufgebahrt wurde, um dann am 9. Juni in die Reichskanzlei verlegt zu werden.



Beisetzung Heydrich's


Um 15 Uhr am 9. Juni fand der letzte Akt statt, die größte Trauerfeier des Dritten Reichs. Während des Krieges gab es mehrere Staatsbegräbnisse – die Feier für Heydrich sprenge jedoch jeden Rahmen – sie war unter Umständen mit der von Staatspräsident Hindenburg vergleichbar. Alles was im Dritten Reich Rang und Namen hatte nahm daran teil. Die gesamte Führung der SS und der Polizei, das diplomatische Korps, die Protektoratsregierung und der tschechische Staatspräsident Hacha. Die Berliner Philharmonie spielte Wagners Trauermarsch aus der Götterdämmerung und Himmler hielt eine bewegte Trauerrede. Er erzählte von den Anfängen der SS, dem Kennenlernen mit Heydrich und dessen Tätigkeit, des SD, der GESTAPO und seinen Leistungen als Reichsprotektor von Böhmen und Mähren. Himmler bezeichnete Heydrich als persönlichen Freund der nicht nur für ihn, sondern für das gesamte Reich unersetzbar sein würde.

„…von Untermenschen, Juden und Verbrechern gehasst und verleumdet, war er ein einst auch von manchen Deutschen nicht verstandener Mann. Er war ein Herr von Geburt und Haltung, ein leuchtendes Vorbild, ein Muster an Bescheidenheit, einer der fleißigsten Männer des Reichs. Als Gründer und Schöpfer von SD und Sicherheitspolizei werde er deren Angehörigen das stets vor Augen schwebende, vielleicht niemals mehr zu erreichende Vorbild sein.

Alle Maßnahmen die er traf, packte er als Nationalsozialist und SS-Mann an. Aus den tiefen Gründen seines Herzens und seines Blutes heraus hat er die Weltanschauung Adolf Hitlers erfühlt, verstanden und verwirklicht.“

„Du, Reinhard Heydrich bist ein wahrhaft guter SS-Mann gewesen! Persönlich aber darf ich Dir hier Dank sagen für Deine unverwandelbare Treue und für die wunderbare Freundschaft, die uns in diesem Leben verband und die der Tod nicht trennen kann!“

Auszug aus Himmlers Rede am Sarg Heydrichs


„Ich habe diesem Toten nur noch wenige Worte zu widmen. Er war einer der besten Nationalsozialisten, einer der stärksten Verteidiger des deutschen Reichsgedankens, einer der größten Gegner aller Feinde dieses Reiches. Er ist als ein Blutzeuge gefallen für die Erhaltung und Sicherung des Reichs. Als Führer der Partei und als Führer des Deutschen Reiches gebe ich dir, mein lieber Kamerad Heydrich, nach dem Parteigenossen Todt als zweitem Deutschen die höchste Auszeichnung, die ich zu verleihen habe, die oberste Stufe des Deutschen Ordens.“
Auszug aus Hitlers Rede am Sarg Heydrichs

Beim Verlassen der Trauergemeinschaft murmelte Hitler nur noch: „Heydrich, er war der Mann mit dem eisernen Herzen“.

Noch während der Trauerzug sich unter Begleitung des Trauermarsches von Beethofen in Richtung des Invalidenfriedhofs zur letzten Ruhestätte Heydrichs bewegte, beriet sich Hitler bereits mit Bormann, wie die Repressalien auszusehen haben. Rückwirkend verlieh Hitler der SS-Infanteriestandarte Nr. 6 an der Ostfront den Namen und Ärmelstreifen „Reinhard Heydrich“.

Unmittelbar nach dem Begräbnis fand ein Empfang bei Hitler statt, dem auch Hacha beiwohnte. Hacha verurteilte nochmals das Attentat aufs Schärfste, Hitler fiel ihm jedoch ins Wort und drohte Hacha offen, dass wenn die Tschechen nicht endlich kooperieren und ihren Platz im Reich annehmen würden bzw. die feigen Attentäter ausliefern würden, dass er einfach alle Tschechen „aussiedeln“ würde, das wäre kein Problem und nicht das erste Mal, dass ein ganzes Volk verschwinden müsse. Schwer geschockt aufgrund der schrecklichen Androhung Hitlers, reiste Hacha zurück nach Prag. Die von Hitler und Bormann beschlossenen Vergeltungsschläge ließen nicht lange auf sich warten. Noch in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni umstellten Angehörige des SD, GESTAPO und tschechischer Polizei das Dorf Lidice.



Lidice, die Zerstörung


Alle 172 Männer, die älter als 15 Jahre alt waren wurden zusammengetrieben und im Morgengrauen in einem Hof erschossen. Weitere 9 Männer, die erst am Morgen von ihrer Nachtschicht zurückkamen bzw. 7 schwangere Frauen wurden verhaftet und nach Prag gebracht. Die Männer wurden in Prag erschossen, die Frauen mussten ihre Kinder zur Welt bringen, bevor sie mit den anderen Frauen in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert wurden. Insgesamt wurden 195 Frauen in Konzentrationslager verschleppt und teilweise ermordet. Von den 98 in Lidice lebenden Kindern wurden 13 Kinder den Lebensborn-Heimen der SS zur „Arisierung“ übergeben, die anderen wurden nach Kulmhof gebracht und ermordet. Der Ort Lidice wurde noch im Jahre 1942 komplett gesprengt und die Ruinen durch Einheiten des Reichsarbeitsdienstes abgetragen, sodaß der Ort vollständig vom Erdboden verschwunden war. Als Rechtfertigung für diese Aktion wurde angegeben, dass den Attentätern vom 27. Mai in Lidice Unterschlupf gewährt wurde, bevor sie ihre Tat verüben konnten. Der SD wusste jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits, dass die Attentäter nichts mit Lidice zu tun hatten, sondern in dem Dorf Ležáky versteckt wurden. Ležáky war der Ort, an dem die Attentäter mit dem Fallschirm gelandet waren.

In der örtlichen Mühle war ein Sender versteckt, der regelmäßig nach London berichtete. Dieser Sender konnte vom SD ausfindig gemacht werden und so bestand der Verdacht, dass Einwohner von Ležáky die Attentäter unterstützten. Am 24. Juni 1942 umstellten 500 SS-Männer unter der Leitung von SS-Hauptsturmführer Gerhard Clages das Dorf. Das Dorf wurde gestürmt und sämtliche erwachsenen Einwohner nach Pardubitz gebracht und standrechtlich erschossen. 87 Einwohner von Ležáky wurden hingerichtet, 24 Kinder verschleppt. 13 Kinder wurden dem Rasse- und Siedlungshauptamt übergeben um sie einzudeutschen bzw. zur Adoption für kinderlose SS-Familien freizugeben, die restlichen 11 wurden mit den 82 Kindern aus Lidice in das Vernichtungslager Kulmhof gebracht und dort vergast. Auch Ležáky wurde in Brand gesteckt und im Anschluss gesprengt. Der Reichsarbeitsdienst hatte auch in Ležáky letztlich alle Ruinen beseitigt. Nach dem Krieg kamen wenige überlebende Frauen zurück nach Lidice und gründeten den Ort neu.

Die Vergeltungsmaßnahmen konnten jedoch nicht von der Fahndung nach den Attentätern ablenken. SD und GESTAPO versuchten weiter mit aller Kraft die Spur der Männer aufzunehmen und Hinweise aus der Bevölkerung zu erhalten. Letztlich war es einer der Beteiligten, der ebenfalls mit dem Fallschirm bei Ležáky abgesprungen war, Karel Čurda, der um seine Familie zu retten, der GESTAPO den entscheidenden Hinweis auf eine Familie Moravec in Prag gab. Die komplette Familie Moravec wurde verhaftet und brutalst verhört. Da jedoch anfangs nichts aus den Familienmitgliedern herauszubekommen war, legte man dem jüngsten, noch minderjährigen Sohn den Kopf seiner Mutter vor ihm auf den Tisch und drohte damit auch noch den Kopf seines Vaters dazu zu legen, wenn er nicht reden würde. Schließlich brach der Junge zusammen und verriet den Aufenthaltsort der Attentäter. Sie hatten sich unter dem Schutz von Bischof Gorozad in der Prager Kirche St. Cyrill versteckt.

Am 18. Juni 1942 bereits, also noch vor der Vernichtung Ležákys, wurde die Kirche unter der Leitung von SS-Gruppenführer Karl von Fischer Treuenfeld gestürmt. Die Kirche wurde von den vier verbliebenen Attentätern mehrere Stunden verteidigt, konnte jedoch letztlich nicht gehalten werden. Die vier Exil-Tschechen nahmen sich schließlich selbst das Leben. Bischof Gorozad, Pater Petrek und zwei weitere orthodoxe Priester wurden im Anschluss hingerichtet, weil sie den Attentätern Unterschlupf gewährten. Zusätzlich zu der Vernichtung der beiden Dörfer (insgesamt 309 Opfer in Lidice und 98 Menschen in Ležáky), zählte man 3.188 Menschen, die im Rahmen der Vergeltung für das Attentat auf Heydrich zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden. Das ergibt 3.595 Menschen die wegen des Anschlags auf Heydrich den Tod fanden. Da die Attentäter letztlich nicht mehr vernommen werden konnten, blieben einige Fragen bis heute nicht 100%ig beantwortet. Zum Beispiel die Frage nach den Auftraggebern.

Es bestand vor allem durch Aussagen von Walter Schellenberg der Verdacht, dass der Anschlag auf Heydrich eventuell nicht von Benesch in Auftrag gegeben wurde, sondern von „Größen“ des Reichs. Lange Zeit hielt sich hartnäckig der Verdacht, dass Bormann in Wirklichkeit ein Agent Stalins gewesen sein soll. Des Weiteren gab Schellenberg an, dass Canaris ebenfalls im Visier von Heydrich stand. Canaris soll angeblich ein Agent der Alliierten gewesen sein – Heydrich war drauf und dran, Bormann und Canaris zu enttarnen, machte er doch mehrere Informanten der Alliierten im Kreise um Canaris ausfindig - Canaris wäre mit ziemlicher Sicherheit zum Tode verurteilt worden. Einer dieser Informanten, der den Alliierten geheime Informationen zuspielte, war ein gewisser Paul Thümmel – ein Duzfreund von Himmler und direkter Mitarbeiter von Canaris. Heydrich persönlich ließ Thümmel verhaften und äußerte seinen eigenen Mitarbeitern gegenüber immer wieder, dass er schon lange einige „schräge Fürsten“ um Canaris vermute. Thümmel wurde jedoch von hochrangigen Nazis aus Berlin geschützt und musste so nach sechs Wochen ständigen Verhören wieder frei gelassen werden. Am 20. März 1942 wurde Thümmel bereits zum dritten Mal durch Heydrichs GESTAPO verhaftet, diesmal wurde er jedoch nicht mehr frei gelassen. Welche Beweise Heydrich diesmal hatte ist unklar. Erwiesen ist, dass Heydrich am 16. Mai einen Bericht an Hitler sandte und darin wohl seine Erkenntnisse über Thümmel niederschrieb (Thümmel wurde am Führergeburtstag, 20. April 1945 im KZ Theresienstadt durch Genickschuss getötet – ohne Gerichtsverfahren). Wie später bekannt wurde, war Thümmel tatsächlich einer der wichtigsten Informanten des britischen Geheimdienstes. Die Verdachtsmomente gegen Canaris selbst wurden z. B. nach Heydrichs Tod außer von Schellenberg von niemanden mehr geäußert. Der damalige Chef des britischen Geheimdienstes Sir Kenneth Strong gab nach dem Krieg zu, mit Canaris in Kontakt gestanden zu sein. Allerdings konnten keine weiteren Beweise für Canaris Spionagetätigkeit für die Alliierten gefunden werden.

Der britische Labour Abgeordnete Ronald T. Paget schrieb nach dem Krieg zu Heydrichs Tod, dass es Ziel der britischen Regierung war, den Hass der Tschechen gegen die deutschen Besatzer wieder aufleben zu lassen, indem man Repressalien provozierte – nur deshalb habe man die Attentäter nach Prag geschickt. Weitere Beweise außer dieser Aussage Pagets gibt es hierzu jedoch nicht. Die Akten des britischen Geheimdienstes werden unter Verschluss gehalten – es ist auch bis dato nicht beabsichtigt, sie jemals freizugeben.

Werner Best fragte Heydrich zu Beginn des Krieges auf einer gemeinsamen Dienstfahrt, was er denn gerne machen würde, wäre er nicht mehr im öffentlichen Dienst. Heydrich antwortete spontan, dass er dann Leistungssportler geworden wäre und sein Leben ganz dem Sport und der besseren Organisation des Leistungssports widmen würde. Es kam anders, es kam wie es kommen musste…

„Reinhard Heydrich war einer der Haupttäter beim Massenmord an Millionen Juden. Eigentlich sollte er das Musikkonservatorium seiner Eltern übernehmen. Stattdessen wurde er über Umwege zu einer Schlüsselfigur des SS-Terrors.“



„Ja, die Welt ist nur ein Leierkasten, den unser Herrgott selber dreht.
Jeder muss nach dem Liede tanzen, das gerade auf der Walze steht.“

Reinhard Heydrich am 31. Mai 1942 im Lidova-Krankenhaus zu Heinrich Himmler



Quellen

Buch: Reinhard Heydrich: Biographie eines Reichsprotektors von Günther Dreschner
Verlag: Universitas; Auflage: 1., Aufl. (1. Oktober 2008), ISBN-10: 3800414821, ISBN-13: 978-3800414826

http://de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Heydrich
http://en.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Heydrich
http://www.deathcamps.org/reinhard/heydrich_d.html
https://www.dhm.de/lemo/biografie/reinhard-heydrich
http://www.youtube.com/watch?v=Zxq5CP36LjI
http://www.historyplace.com/worldwar2/biographies/heydrich-biography.htm
http://www.mdr.de/geschichte-mitteldeutschlands/reise/personen/artikel12378.html
http://www.meinebibliothek.de/Texte/html/heydrich.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Bruno_Heydrich
http://www.spiegel.de/einestages/heydrich-biografie-a-949446.html
http://dikigoros.150m.com/heydrich.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Sicherheitsdienst_des_Reichsf%C3%BChrers-SS
http://de.wikipedia.org/wiki/Einsatzgruppen_der_Sicherheitspolizei_und_des_SD
http://en.wikipedia.org/wiki/Lidice
http://de.wikipedia.org/wiki/Le%C5%BE%C3%A1ky
Die Internetseiten wurden im Zeitraum von Januar 2010 bis Januar 2011 genutzt.

Bildquellen

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Autor/in: Pfitzner, Prof. Dr.Josef
Titel: Das tausendjährige Prag
Verlag: Gauverlag Bayerische Ostmark
Erschienen: 1940

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Autor: von Mackensen