Erfahrungen mit der Bergung und Erstversorgung von Verletzten im Skandinavien Feldzug der 2.LD
Von
Oberfähnrich asuser / Stellv. Divisionskommandeur
Kiruna d. 12.11.1939Der Großteil der Verletzungen wurde bei den Kämpfen mit schwedischen und norwegischen Truppen aufgrund der Einwirkung von Infanterie- und Artilleriemunition verursacht. Hierbei wurden von der Anzahl her die meisten Verwundungen bei den Gliedmaßen (64%), beim Rumpf (34%) und am Kopf (2%) registriert.
Bei der Erstversorgung von Verletzten haben sich Selbsthilfemaßnahmen wie Verbandpäckchen, das Ruhiglegen und die Schienung (Spaten/Gewehr/Äste) bewährt. Ein unerlässliches Hilfsmittel sind auch Medikamente zur Schmerzstillung und Schmerzlinderung sowohl bei der kurzzeitigen Bergung als auch bei länger andauernden Transporten. Vorrangig wurde hierbei Morphium, Prontosil und in Ausnahmefällen Alkohol eingesetzt.
Für einen erfolgreichen Sanitätsdienst ist es geboten, den Vorgesetzten und die unterwiesenen Sanitätssoldaten entsprechend Lob und Anerkennung zukommen zu lassen. Aufgrund der physischen und psychischen Belastung des Sanitätspersonals gelten hierbei besondere Verhaltensregeln. Da es in den meisten Fällen keine erfreulichen Augenblicke bei dem Thema „Verwundet sein“ zu verzeichnen gibt, ist hier auf die Wichtigkeit (Leben erhalten) des Dienstes abzustellen. Gleichwohl ist auch eine gewisse Härte beim Umgang mit verletzten Soldaten notwendig. Dies resultiert aus dem teils brutalen Aussehen von schweren Schuss- oder Granatsplitterverletzungen einerseits und den Schwierigkeiten bei der Bergung und dem Transport andererseits. In diesem Sinne ist auf eine vollständige Ausrüstung und Kontrolle des Verbandsmaterials und der Medikamente zu achten. Für die erforderliche Belastbarkeit sind regelmäßig Bergungsübungen, Handgriffe, Verbandtechniken und Symptomschulungen zu üben. Zur besseren Veranschaulichung können hierbei Schulungsfilme und Schautafeln unterstützend genutzt werden.
Für die Bergung von verletzten Soldaten haben sich die halbseitige Ruhelage und die Schultertransportbergung bewährt. Hierbei ist vordergründig auf Schockzustände und Blutverlust zu achten. Da momentan noch keine ausgewiesenen Verwundeten- Fahrzeuge zur Verfügung stehen, dienen die gegenwärtig verfügbaren Fahrzeuge als Notbehelf. Hierbei werden nach Schwere der Verwundung entsprechende Stützen (Holzlatten/verlängerte Zeltstangen) montiert, die das Ruhigstellen (speziell bei Kopfverletzungen) sicherstellen. Eine Markierung mit einem Rotkreuztuch hatte aus den bisherigen Erfahrungen auch Wirkung gezeigt beim Zusammentreffen mit gegnerischen Truppen (kein Beschuss durch Infanterie oder Flugzeugbewaffnung).
Bei schnell vorgetragenen Angriffsbewegungen ist die frontnahe Erstversorgung wichtig. Als Beispiel dient hier der Angriff der 2.LD in der Nähe von Enköping. Bei der Umklammerung von schwedischen Truppen wurde aufgrund der Heftigkeit der Kämpfe das Kradschützen-Bataillon 7 fast vollständig aufgerieben. Ein Großteil der noch in den vorderen Gräben liegenden, aber teils schwer verwundeten Soldaten konnte aber relativ schnell der Erstversorgung zugeführt werden, da in Sichtweite sogenannte Verwundeten- Nester und in zwei km Entfernung der Truppenverbandplatz angelegt war. Somit konnten schwerer Blutverlust, Schockzustände uä. sehr zügig behandelt werden.
Für schwerere Verletzungen wie Schädel-, Augen- Verletzungen, Steckschüsse, großflächige Verbrennungen oder Gliederabrisse wird der Hauptverbandplatz genutzt. Hier sind auch höherqualifizierte Chirurgen und entsprechende Spezialisten für die Weiterbehandlungen verfügbar. Ein Problem stellt aber hierbei das Nichtvorhandensein von speziellen, geländegängigen Transportfahrzeugen dar. Wie eingangs schon geschildert, sind entsprechend standardmäßige Fahrzeuge nicht vorhanden, sondern sind improvisierte Notlösungen. Da in Angriffsbewegungen meistens alle Fahrzeuge für indirekte und direkte Kampfhandlungen benötigt werden, geht oft wertvolle Zeit für das Heranführen und den Umbau eines entsprechenden Transportfahrzeuges verloren. Hier wäre es geboten, entweder eine gewisse Anzahl von geländegängigen Transportfahrzeugen vorzuhalten oder alternativ Fahrzeuge mit mobilen OP-Stationen in räumlicher Nähe zu postieren. Eine entsprechende Gefährdung durch die Frontnähe ist dabei zu berücksichtigen.

gez. Hochachtungsvoll, Oberfähnrich asuser