Beitrag Do 15. Jan 2015, 08:20

Mosin-Nagant Repetiergewehr

Mosin-Nagant Repetiergewehr




Mit Mosin-Nagant Scharfschützengewehr ausgerüstete Kovpak Partisanen.



Im Ersten und Zweiten Weltkrieg war diese Waffe mit das verbreitetste Gewehr der russischen Armee und in verschiedenen Versionen in Anwendung. Der Bekanntheitsgrad des mit insgesamt 37 Millionen Stück gefertigten Gewehrs stieg dabei besonders im Laufe des Zweiten Weltkrieges, als insbesondere Scharfschützen auf russischer und finnischer Seite dieses Gewehr mit einer speziellen Zieloptik verwendeten. Bekannt wurde das Gewehr auch unter der Bezeichnung „Dreiliniengewehr“, wobei sich diese Bezeichnung auf die alte Kaliberangabe „Linie“ bezieht und nach der damaligen Berechnung drei Linien genau dem Kaliber 7,62 mm entsprachen.

Ausgangspunkt für die Anschaffung eines neuen Gewehrs waren die bitteren Erfahrungen der russischen Armee während des Russisch-Ottomanischen Krieges 1877/1878, bei der die Infanterie mit veralteten Gewehren kämpfen und herbe Verluste erleiden musste. In den 1880er Jahren wurden daraufhin Überlegungen zu einem neu einzuführenden Gewehr für die russische Armee angestellt. Das in Frage kommende Gewehr aus dem Jahr 1890 stammte von einer abgewandelten Version des Gewehrs von Sergei Ivanovich Mosin, das wiederum leichte Modifizierungen des belgischen Konstrukteurs Léon Nagant erhalten hatte. Nagant übte noch weiteren Einfluss bei der Ausrüstung der russischen Armee aus, als 1895 der von ihm entwickelte Nagant-Revolver zur Standardhandfeuerwaffe der russischen Armee wurde.

Vom Grundaufbau ist dieses Gewehr eine Repetierbüchse mit fünf Schuss, bei der nach dem Abfeuern mittels eines Verschlusssystems, durch manuelles zurückziehen, die Patronenhülse des zuvor abgefeuerten Projektils ausgeworfen wird. Bei dem danach durchgeführten nach vorne schieben des Verschlussbolzens wird eine neue Patrone aus dem Magazin in das Patronenlager geschoben und gleichzeitig der Schlagbolzen gespannt. Die Waffe wird nach dem Feuern gesichert, indem der offenliegende runde Knopf des Schlagbolzens, der hinten aus dem Verschluss ragt, zurückgezogen und nach links gedreht wird. Zum Nachladen des Gewehrs wird entweder ein Ladestreifen verwendet oder Patronen einzeln in die Patronenkammer des Gewehrs geschoben. Als Patrone wurde eine neu entwickelte 7,62 × 54-mm-Randpatrone mit Rundkopfgeschoss verwendet. Das Gewehr wurde zunächst in drei Versionen gebaut: Als Infanteriegewehr mit 800 mm Lauflänge und Bajonett, als Dragonergewehr mit 730 mm Lauflänge und Bajonett und als Kosakengewehr mit 730 mm Lauflänge ohne Bajonett. Bei diesen ersten Modellen gab es den großen Nachteil, dass für ein sauberes Trefferbild das Bajonett permanent angebracht sein musste. Ursache hierfür war das die Gewehre mit aufmontierten Bajonett eingeschossen wurden. Um bei der Handhabung Verbrennungen zu vermeiden wurde für die Gewehre ab dem Jahr 1894 ein Handschutz am Lauf vorgesehen. Im Jahr 1907 wurde ein Karabiner eingeführt der ein modifiziertes Visier besaß. Um das Jahr 1910 wurde eine neue Patrone mit Spitzgeschoss und besseren, ballistischen Eigenschaften eingeführt. Dies erforderte wiederum eine Anpassung des Visiers. Erwähnenswert ist dabei auch, dass die letztendlich entwickelte Randpatrone 7,62 × 54 mm R die inzwischen dienstälteste Gewehrpatrone der Welt ist und auch noch in moderneren Waffen Verwendung findet.



Beispiele für 7,62 x 54 mm Munition. Das Bild zeigt, von links nach rechts: "Sellier & Bellot" Hohlspitz-Patrone, "Tschechische Silberspitze" Stahlkern-Patrone,
"Ungarische" silber- / gelb-Spitze Stahlkern-Patrone, "Wolf Gold" Übungspatrone, "Sowjetunion" 1986 Stahlkern-Patrone, "Jugoslawische" Stahlkern-Patrone von 1953,
"UdSSR" 1940er Bleikern-Patrone



Den ersten Einsatz erfuhr die Waffe im Russisch-Japanischen Krieg (1904/1905), als ca. 3,8 Millionen Gewehre an die russische Infanterie ausgeliefert wurden. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass während des Ersten Weltkrieges die Gewehre teilweise in den USA von den Firmen Westinghouse und Remington Arms für die russische Armee angefertigt wurden. Für das Gewehr wurde auch ein Schalldämpfer (Gerät Bramit) entwickelt und im Rahmen der Hilfslieferungen der Sowjetunion im Spanischen Bürgerkrieg (1936 bis 1939) eingesetzt. In großem Umfang wurde das Gewehr auch im Winterkrieg und dessen Fortsetzung von Finnland gegen die Sowjetunion (1939, 1941/1942) verwandt. Hierbei wurden neben unterschiedlichen Gewehrläufen auch andere Zubehörteile modifiziert.



Scharfschütze Wassili Saizew (ganz links) erklärt Soldaten in der Scharfschützen Ausbildung
die Aufgabe vor Stalingrad, Dezember 1942.



Im Jahr 1938 wurde eine weitere Version eines Karabiners (M1938) eingeführt, die 1944 ein abklappbares Dreikantbajonett erhielt (M1944) – dabei wurde auch der Lauf auf 518 mm verlängert. Für die Version eines Scharfschützengewehrs wurde ein nach unten abgebogener, verlängerter Kammerstängel und ein Zielfernrohr vom Typ PE bzw. PU verwandt. Berühmte Scharfschützen und Soldaten, die dieses Gewehr nutzten, gab es zum Beispiel auf sowjetischer Seite mit Wassili Grigorjewitsch Saizew und Ivan Mikhaylovich Sidorenko. Saizew soll mit einer Scharfschützenversion des Gewehrs über 250 Gegner, Sidorenko über 500 Gegner getötet haben. In der finnischen Armee war es Simo Häyhä, der als Scharfschütze mit diesem Gewehr operierte und auch über 500 gegnerische Soldaten getötet haben soll. Häyhä (auch genannt „Weißer Tod“) soll dabei die finnische Version M/28 des Gewehrs ohne Zielfernrohr verwandt haben. Als Hauptgründe dafür nannte er eine kleinere Silhouette, das Vermeiden von Zielproblemen beim Beschlagen des Zielfernrohrglases und die Verhinderung von Reflexionen, falls das Sonnenlicht ungünstig auf die Zieloptik fiel.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das Gewehr zunächst die Standardwaffe der sowjetischen Infanterie und wurde in verschiedenen Versionen (M 91/30 und M 44) auch in vielen Bündnisstaaten der Sowjetunion gebaut und eingesetzt. Die Karabinerversion M1938 bzw. deren Variation M1944 wurden in China als Typ 53 in Lizenz produziert. In der Tschechoslowakei, Polen, Ungarn und Rumänien wurden ebenfalls nach dem Zweiten Weltkrieg Lizenzmodelle insbesondere des Karabiners M1944 gefertigt und eingesetzt.


Versionen




Mosin-Nagant Infanterie Modell 1891. Die Hauptwaffe der russischen Infanterie von 1891-1930. Wurde später in
eine leichtere und kurzläufigere Variante M1891/30 „Dragoner“ umgebaut.




Mosin-Nagant Scharfschützengewehr M91/30.




M38 Mosin-Nagant Karabiner. Dieses Gewehr sollte hauptsächlich von der Kavallerie, Pionieren, Funkern
und Artilleristen eingesetzt werden. Das Modell war kürzer und leichter und wurde ohne Bajonett verwendet.
Der nachfolgende M44 Karabiner konnte ein seitlich wegklappbares Bajonett aufnehmen.



Technische Daten
Länge (Gesamt):Infanteriegewehr: 1.306 mm
Dragoner-/Kosakengewehr: 1.234 mm
Karabiner: 1.020 mm
Gewicht (ungeladen):Infanteriegewehr: 4,22 kg Dragoner-/Kosakengewehr: 3,9 kg
Karabiner: 3,45 kg
Lauflänge:730 mm (Standard)
514 mm (Karabiner)
Kaliber:7,62 x 54 mm
Magazinfüllung:5 Schuss mit Ladestreifen
Feuergeschwindigkeit:15 Schuss/Min
Mündungsgeschwindigkeit:865 m/s (Standard)
800 m/s (Karabiner)
Feuerarten:Einzelfeuer
Anzahl Züge:4
Drall:Rechts
Visier:offene Visierung
Verschluss:Kammerstängel / zuschließend
Ladeprinzip:Repetierer




Quellen

Vladimir Dolinek, Vladimir Francev, Jan Sach (2001). Illustriertes Lexikon der Waffen im 1. und 2. Weltkrieg. Edition Dörfler im Nebel Verlag GmbH. ISBN 3-89555-223-2
http://de.wikipedia.org/wiki/Mosin-Nagant
http://en.wikipedia.org/wiki/Mosin%E2%80%93Nagant

Bildquellen
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Autor: asuser