Beitrag Mo 18. Nov 2013, 14:34

Panzerabwehrbüchse 38/39 (PzB 38/39)

Panzerabwehrbüchse 38/39 (PzB 38/39)



Soldat mit Panzerbüchse 39 in Nordrussland Juni 1941



Als 1916 die ersten britischen Tanks die Schützengräben überrollten gab es keine wirksame Abwehr gegen sie. Bereits neun Monate später bekam die deutsche Infanterie hierfür eine brauchbare Waffe, das Tankgewehr M1918. Es war nichts anderes als eine Vergrößerung des Einheitsgewehres der Infanterie von Mauser, dem Karabiner 98, aber für den Rest des Krieges genügte es den Anforderungen. Mit einen Kaliber von 13,92 x 92 mm konnte die M1918 aus 100 - 200 m eine Panzerung von etwa 20 mm, bei einem Aufschlagwinkel von 90° durchschlagen, allerdings war sie mit 180 cm Länge und 17 kg Gewicht extrem unhandlich. Der Rückstoß war so gewaltig, dass der Schütze nach wenigen Schüssen ausgetauscht werden musste, da er Kopf- und Gliederschmerzen bekam.

In den Nachkriegsjahren verfolgten andere Länder die Idee der Panzerabwehrbüchse. Als die deutsche Wiederaufrüstung begann war das Mauser-Modell veraltet. Die Bedingungen des Versailler-Vertrages hatten es verboten. Somit konnte man leicht von vorne anfangen etwas Moderneres zu entwickeln. Panzerbüchsen lassen sich keineswegs leicht herstellen, da bei ihnen viele widersprüchliche Komponenten zusammentreffen, die in einer Waffe vereint sein wollen. Die Waffe musste leicht sein, so dass sie von einem, höchstens zwei Mann, getragen werden konnte. Dennoch wurde eine genügend große panzerbrechende Durchschlagskraft verlangt. Die Waffe musste klein sein um sie in einem Schützenloch getarnt in Stellung zu bringen. Dabei sollte sie die größtmögliche Reichweite besitzen, um einen Panzer unter Feuer zu nehmen, bevor dieser die Stellung erkannt hatte. Schließlich forderte man eine möglichst hohe Feuergeschwindigkeit, damit bei einem Massenangriff gepanzerter Fahrzeuge, eine hohe Anzahl von Schüssen innerhalb von kürzester Zeit abgefeuert werden konnte.

Angesichts solcher Forderungen schufen einige Konstrukteure wahre Ungeheuer. In Deutschland aber liefen die Überlegungen darauf hinaus ein möglichst leichtes Geschoss mit einer extrem hohen Mündungsgeschwindigkeit zu verwenden. Das gestattete eine ziemlich leichte und kompakte Waffe, bei der das schnelle Geschoss ausreichende Durchschlagskraft garantierte. Die erste Konstruktion von Rheinmetall-Borsig wurde als Panzerbüchse 38 in die Wehrmacht eingeführt. Basierend auf der alten 13,25 mm-Mauser-Patrone verwendete man eine auf Kaliber 7,92 mm verkleinerte, panzerbrechende Variante mit Hartkerngeschoss aus Wolframkarbid. Die PzB 38 war eine faszinierende Waffe, weil die bisherige Gewehrkonstruktion völlig abwich und in vielerlei Hinsicht einem kleinen Artilleriegeschütz ähnelte. Statt einem Zylinderverschluss besaß sie einen Vertikalblockverschluss. Durch den Rückstoß schnellte der Lauf beim Schuss zurück und öffnete den Verschluss (Halbautomat). Die Munition befand sich in einem seitlich aufgesteckten Patronenbehälter. Der Schütze hatte die Patronen somit in unmittelbarer Nähe des Griffstücks zur Verfügung und brauchte sie nur in den geöffneten Verschluss einzuführen. Nachdem dieser entriegelt wurde war die erneute Feuerbereitschaft hergestellt. Sie bildete eine der schnellsten und gelungensten Infanteriewaffen die jemals gefertigt wurden. Bis 1942 wurden 1.600 PzB 38 gebaut.


Deutsche Soldaten mit Panzerbüchse 39 an der Ostfront (Russland)


Unglücklicherweise war die PzB, wie auch viele andere Waffen der Vorkriegszeit schwer herzustellen. Innerhalb eines Jahres wurde sie schließlich durch eine vereinfachte Ausführung der Gustloff-Werke, die PzB 39, abgelöst. Sie arbeitete aber nicht halbautomatisch. Damit wurde der Rückstoß stärker und der Ladevorgang langsamer. Bei einem etwas geringerem Gewicht von 12 kg, statt 16 kg, war sie für einen Mann noch schwer genug. Bis 1942 wurden 39.232 PzB 1939 gebaut.

Eine Panzerbüchse gehörte zur Ausrüstung eines Infanterie-Zuges und wurde im Polenfeldzug 1939 und während des Frankreichfeldzuges im Jahre 1940 mitgeführt. Sie kam aber in beiden Fällen nicht oft zum Einsatz. Geplant war es, dass eine Division mit 81 Panzerbüchsen ausgerüstet werden sollte. Im Polenfeldzug wurden 62 PzB 38 und 568 PzB 39 mitgeführt. Es zeigte sich bereits deutlich, dass die Panzerbüchsen gegen gepanzerte Fahrzeuge nicht viel auszurichten vermochten. Diese Tatsache wurde in Russland noch deutlicher, wo sie sich als nutzlos erwiesen und deshalb von den enttäuschten, überladenen Infanteristen weggeworfen wurden. Einige versah man zum Abschuss von Hohlladungen mit einem verkürzten Lauf. Aber auch hiermit ließen sich keine Erfolge erzielen, so dass die Waffen meist in Straßengräben endeten. Gegen den russischen T-34 waren solche Angriffe wirkungslos, wahrscheinlich nahmen die Panzerbesatzungen das Feuer gar nicht zur Kenntnis.


Soldat mit Panzerbüchse in Nordfrankreich





Technische Daten
Panzerbüchse
38
39
Hersteller
Rheinmetall-Borsig
Gustloff-Werke
Munition7,92 x 94 mm Patrone 318 (13 mm)
Gesamtlänge
1.615 mm
1.620 mm
Lauflänge
1.086 mm
Anzahl Züge
4
Drall
Rechts
Gewicht
16,2 kg
12,1 kg
Magazin
Einzelschuss
Mündungsgeschwindigkeit
1.265 m/sek
Panzerbrechende Wirkung30 mm auf 100 m, 20 mm auf 200 m, 10 mm auf 300 m, jewils bei einem Aufprallwinkel von 30°
Stückzahlen
1.600
39.232



Quellen

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Bundesarchiv_Bild_101I-292-1262-07,_Nordfrankreich,_Soldat_mit_Panzerb%C3%BCchse.jpg
http://commons.wikimedia.org/wiki/File: ... hse_39.jpg
http://commons.wikimedia.org/wiki/File: ... BCchse.jpg
http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Waf ... uchsen.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Panzerb%C3%BCchse_38/39
http://www.bundearchiv.de
Handfeuerwaffen des 2. Weltkrieges, Wehr & Wissen, 1979
U.S. Army Publication "German Infantry Weapons" May 25, 1943, pages 34 - 40
Panzerbüchse 38, OKH, Anleitung, Berlin 1939



Autor : Helmar
Zuletzt geändert von Helmar am Mo 18. Nov 2013, 23:17, insgesamt 3-mal geändert.