Streitmacht

Nach dem Morgenappell ging Hans wieder zum Bürogebäude. Soeben hatte er die Beförderung wie auch die Auszeichnung seines Sekretärs ausgesprochen. Ein schöner Moment, doch nun folgte der Papierkram. Der nun Obergefreite Hausmann hatte einige Unterschriften auf den Formularen zu leisten, die Hans im Vorfeld beim Kompaniefeldwebel besorgt hatte und nun fristgerecht weiterzuleiten hatte. Alles lag auf dem Schreibtisch bereit, als Hausmann das Büro betrat.

Herr Unteroffizier!
Obergefreiter Hausmann! Stehen Sie bequem und nehmen Sie bitte Platz. Nochmals meinen Glückwunsch, auch im Namen des Kommandeurs!
Ich danke Ihnen vielmals! Was für eine Überraschung!

Hans holte eine Flasche Cognac aus dem Schrank und füllte zwei Gläser.

Auf Sie, mein lieber Hausmann! Machen Sie weiter so, dann werden Sie es sicherlich noch weit bringen!

Sie stießen gemeinsam an, und der Obergefreite unterschrieb, was er zu unterschreiben hatte. Danach reichte Hans ihm die neuen Dienstgradabzeichen sowie die Auszeichnung. Beide unterhielten sich noch eine Weile, bevor der Dienst wie gewohnt wieder aufgenommen wurde.

Am Morgen des 20. Februar 1945 betrat Hans gut gelaunt das Bürogebäude. Sein Sekretär erledigte einigen Schreibkram.

Guten Morgen, Herr Unterfeldwebel! Noch einmal persönlich herzlichen Glückwunsch zur Beförderung sowie zum Infanterie-Sturmabzeichen!
Ich danke Ihnen, Hausmann. Was liegt an?
Nun, Ihrer Reise zum OBdH steht nichts im Wege. Um 8:30 Uhr wird ein Wagen bereitstehen, der Sie fährt.
Wunderbar! Oberleutnant Wörner ist im Bilde?
Ist er. Er sollte jeden Moment herkommen.
Fein, er kann dann direkt zu mir durchgehen.
Jawohl!

In der Tat traf der Oberleutnant nur wenige Minuten später ein. Hans und er tauschten sich aus.

Bleibt es bei der Inspektion morgen?
Ja, das habe ich vor. Sagen Sie den jeweiligen Kompaniefeldwebeln bitte bescheid. Während der Inspektion werden sämtliche Stuben zusätzlich kontrolliert.
In Ordnung, wird gemacht. Nun gut, dann wünsche ich Ihnen mal eine gute Fahrt!
Danke Ihnen.

Beide verabschiedeten sich voneinander. Es war inzwischen kurz vor 8:30 Uhr, und der Wagen stand vor dem Gebäude.

Nachtrag vom 28. Februar 1945

Hans saß an seinem Schreibtisch, als das Telefon läutete. Er ging ran.

Unterfeldwebel Winter, 3. Panzerdivision!

Generalleutnant asuser am Apparat!

Ich wollte mich persönlich vergewissern, dass gemäß Alarmbereitschaft auch bei Ihnen alles soweit klar ist und läuft. Falls es Probleme gibt, erwarte ich zeitnah Rückmeldung.

Sind Sie absehbar irgendwann in der nächsten Zeit nicht
anwesend oder verhindert?

Gut zu hören!

In den nächsten Tagen könnte es zu erhöhten Aktivitäten bzgl. Mobilmachung kommen. Da brauchen wir jeden Mann!

Bis dahin wünsche ich strammen Dienst und gute Verrichtung!

Wiederhören!

Der GL hat das Gespräch beendet.

Jawohl, Herr Generalleutnant, und danke!

Nachdem das Telefonat beendet war, suchte Hans seinen Sekretär auf.

Haben Sie gerade viel zu tun, Hausmann?
Ich habe gerade einige Berichte abgeschlossen und stehe zur Verfügung, Herr Unterfeldwebel.
Prima! Dann lassen Sie uns aufbrechen und zu unseren Truppenteilen fahren. Ich möchte mir ein Bild über die Vorbereitungen machen.
Jawohl!

Wenig später brachen sie auf.

Nachtrag vom 5. März 1945

Heute also sollte es soweit sein - die Division erhielt ihren Marschbefehl. Hans, der Obergefreite Hausmann sowie die Offiziere seiner unterstellten Einheiten befanden sich im Büro und gingen die Planungen durch, wie die Verlegung ablaufen sollte. Es war eine gewaltige logistische Unternehmung, viele Zahnräder hatten ineinander zu greifen, doch was das anging, so war die Streitmacht auf diesem Gebiet ungeschlagen.

In Ordnung, am späten Nachmittag hat die Division bereit zu stehen, damit die Verlegung und der Abtransport Regiment für Regiment, Zug für Zug, Glied für Glied erfolgen kann. Gibt es dazu irgendwelche Fragen?

Es gab keine, die Befehle des Oberkommandos waren klar und deutlich, und deren Ausführung sollte ebenso tadellos erfolgen.

Fein, dann dürfen Sie wegtreten!

Nun war es an der Zeit, dass auch Hans seine sieben Sachen zusammenpackte und sich marschbereit machte. Er schaute aus dem Fenster und dachte laut vor sich hin. "Afrika...!"

Nachtrag vom Freitag, 8. Mai 1945

An einem sonnigen Freitagmorgen betrat Hans das Bürogebäude. Er war froh, wieder "zu Hause" zu sein, auch wenn dies im ersten Moment vielleicht unwirklich klingt. Doch während seiner Abwesenheit hatte er seine Einheit und seine Männer vermisst. Oh, und natürlich auch Freya, Skadi und Wotan, denen er jeweils eine große Wurst mitgenommen hatte. Die drei Schäferhunde freuten sich, Hans wiederzusehen, und tollten um ihn herum, als er ebenso freudig auf sie zuging.

Ja, ihr seid meine Besten!

Er streichelte, kraulte und spielte eine Weile mit jedem einzelnen Hund, bevor er ihnen die Würste gab.

Guten Hunger!

Danach betrat er das Gebäude. Schon von außen konnte er das Klappern auf einer Schreibmaschine hören. Obergefreiter Hausmann war wieder einmal voll in seinem Element und bemerkte den stellvertretenden Divisionskommandeur erst gar nicht.

Lassen Sie sich nicht stören, Hausmann!

Erst jetzt erschrak Hans' Sekretär und sprang sofort auf.

Herr Unterfeldwebel!
Verzeihen Sie... ich... habe...

Hans grinste und reichte dem Obergefreiten die Hand.

Mich im Schreibmaschinenwahn nicht bemerkt? Keine Ursache, Schwamm drüber!
Herzlich Willkommen zurück! Ich... wir... sind alle froh, dass Sie wieder da sind.
Ich danke Ihnen! Wie geht es der Dritten?
Abgesehen davon, dass Sie uns gefehlt haben? Gut! Sie wissen ja, dass die Division während Ihrer Abwesenheit von Generalmajor Friedrich geführt wurde. Sehr, sehr feiner Offizier!
Ja, das ist er in der Tat! Gibt es sonst etwas Neues?
Ich werde heiraten.

Hans machte große Augen.

Du meine Güte, war ich etwa so lange weg? Ich wusste ja gar nicht, dass sie ein Mädel haben! Herzlichen Glückwunsch!
Vielen Dank! Ja, ich habe eines. Was meinen Sie, woher die ganzen Stullen und Schokoladentafeln kommen?
Na, jetzt wird mir so einiges klar!

Beide lachten.

In Ordnung, dann will ich mal ins Büro verschwinden. Seien Sie doch bitte so gut und legen mir sämtliche Berichte der Einheiten vor, damit ich mich auf den laufenden Stand bringen kann, ja? Wenn Sie dann mit Ihrer Tipperei fertig sind, können Sie in den Dienstschluss sowie ins Wochenende wegtreten. Ihre Braut wird sich sicher freuen.
Oh, vielen Dank, Herr Kommandant! Die Unterlagen bringe ich Ihnen sofort rein.

Hans nickte und ging in sein Büro. Er ließ sich auf dem Stuhl nieder, strich mit der flachen Hand über den schweren Eichenschreibtisch und blickte aus dem Fenster. Wenige Augenblicke später brachte der Obergefreite die gewünschten Unterlagen, in die er sich sofort eingrub.

Nachtrag vom 15. Mai 1945

Nachdem Hans die Inspektion der einzelnen Truppenteile der Division abgeschlossen hatte, war es Zeit, etwas Essbares zu sich zu nehmen. Da Freitag war, stand Fisch auf dem Speiseplan. Anschließend ging er zurück zum Bürogebäude. Hausmann ließ wie gewohnt seine Finger über die Schreibmaschine fliegen.

"Hat's gemschmeckt, Herr Kommandant?"
"Es war in Ordnung, danke. Wie sagt man so schön: der Hunger treibt es rein."
"Ich habe mich an den Fisch noch nicht herangetraut, aber da Sie noch stehen und wohlauf sind, werde ich ihn auch probieren. Im Übrigen sollte der neue Herr Doktor bald hier sein."

Hans schaute etwas verwirrt.

"Der neue was?"
"Na, der Ersatz für Sie für die Sanitätskompanie. Oberarzt... wo habe ich es noch gleich.... ah da! Oberarzt Prinz."
"Oh ja, natürlich! Entschuldigen Sie, es war in den letzten Tagen ziemlich viel los, da ist mir das durchgegangen."
"Macht nichts, dafür bin ich ja da!"
"Wenn er kommt, findet er mich in meinem Büro."
"Jawohl!"

Hans nickte, betrat das Büro und setzte sich an den Tisch. Die Personalakte des Oberarztes lag zur Einsicht bereit - dank Hausmann. Hans begann zu lesen.

Nachtrag vom 15. Mai 1945

Beindruckende Noten und Bewertungen, Oberarzt Prinz!

Hans nickte anerkennend, als er erneut die Personalakte des jungen Feldchirurgen durchblätterte, während dieser vor ihm saß.

Vielen Dank, Herr Kommandant!
Studiert an der Charité bei Professor Sauerbruch, Abschluss magna cum laude. Mein lieber Mann, das kann sich sehen lassen. Wie ich sehe, haben Sie bereits Fronterfahrung!?
Jawohl! Ich nahm wie Sie am Kroatien-Feldzug teil. Allerdings nur im Feldhospital in Görz.
Was heißt hier nur? Ich habe gesehen, wie die Kameraden dort gearbeitet haben, und zwar exzellent. Oberleutnant Wörner vom Aufklärungs-Bataillon wurde aufgrund seiner Verwundung dorthin gebracht. Dank der behandelnden Ärzte ist er wieder 1a "zusammengewachsen".
Ja, ich... war damals Assistenzarzt unter Oberfeldarzt Dr. Krüger und kenne den Oberleutnant recht gut.

Hans strahlte auf einmal, als er dies hörte.

Also haben wir es hier bei der 3. auch mit Ihnen zu verdanken? Na, jetzt haben Sie erst recht ein Stein bei mir im Brett.

Beide lachten.

Also, sind Sie bereit für Ihre neue Aufgabe hier bei der Bären-Division?
Voll und ganz, Herr Kommandant!
Sehr gut, dann darf ich Sie Willkommen heißen und würde vorschlagen, Sie melden sich im Anschluss an dieses Gespräch im Sanitätsbereich bei Stabsarzt Dr. Höppner.
Jawohl! Darf ich... darf ich Ihnen eine Frage stellen?
Aber natürlich!
Warum haben Sie die Waffenfarben gewechselt und sind zur Infanterie gegangen? Sie sind doch ebenfalls Arzt.
Und ich werde es immer bleiben, doch die Umstände in Kroatien und auch auf Malta haben mir gezeigt, wo meine wahre Bestimmung liegt. Ich gehöre im Feld an die Seite meiner Soldaten. Meine medizinische Ausbildung wird mir da sicherlich eine Hilfe sein, keine Frage, doch bis zum Großen Sieg unserer Streitmacht tausche ich das Skalpell mit Sturmgewehr.

Oberarzt Prinz nickte anerkennend.

Das erht Sie, Herr Kommandant. Ich finde, man sollte immer seiner Bestimmung folgen. Und abgesehen davon: hätten Sie sich nicht dazu entschieden, wäre ich jetzt nicht hier bei der 3. Division.
Sehen Sie, also haben wir beide etwas davon!

Daraufhin verabschiedeten sie sich voneinander, und Oberarzt Prinz schickte sich an, sich umgehend bei der Sanitätskompanie und Stabsarzt Dr. Höppner zu melden.

Im Feldbüro des Stellvertreters der 3. Panzer-Division in Bengasi angekommen, begibt sich Hoi in das Vorzimmer. Dort trifft er auf den Obergefreiten Hausmann. Dieser erkennt den Oberst sofort und macht Meldung.

Guten Tag Herr Oberst, schön sie wiederzusehen.

Guten Tag Obergefreiter Hausmann. Ich freue mich, dass ich wieder mit der Streitmacht ein Abenteuer erleben darf.

Dann unterhalten sich beide ein wenig, bevor Hoi auf den Grund seines Besuches kommt.

Ist denn der Unterfeldwebel zu sprechen? Ich würde gerne etwas mit ihm abklären, denn ich brauche seine Expertise.

Ich schaue was sich machen lässt Herr Oberst.

Obergefreiter Hausmann verschwindet nach dem Anklopfen im Büro des Unterfeldweldwebels und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bevor dieser wieder herauskommt.

Hans ging gerade einige Unterlagen durch, als der Obergefreite Hausmann klopfte und eintrat.

Herr Unterfeldwebel!
Ja, was gibt es? Brauchen Sie eine neue Uniform, weil diese da durch ist? So eine Hitze...!

Hausmann schaute erschocken an sich herunter, bevor er merkte, dass Hans nur einen Scherz gemacht hatte.

Nein..., noch nicht. Sie haben Besuch. Oberst Neuling ist hier und möchte Sie gern sprechen.

Hans Winter blickte freudig drein.

Der Oberst ist hier? Na, dann ab und hinein mit ihm! So eine Überraschung!
Jawohl!

Hausmann verließ das Büro und macht eine Geste, dass Hoi eintreten konnte. Währenddessen erhob sich Hans von seinem Stuhl.