Di 1. Jan 2019, 23:43 von Hans Winter
Neujahr 1944 - Im Felde in Kroatien.
Das friedvolle Weihnachtsfest schien schon sehr lange her zu sein, dabei war es erst vor einer Woche, als Hans Winter zusammen mit seinen Kameraden Lieder wie "Stille Nacht" oder "Oh Tannenbaum" fern der Heimat sang. Die Zeit schien zu diesem Zeitpunkt still zu stehen, aber jeder Mann wusste, dass insgeheim die Uhr weiterhin tickte. Die Kämpfe gingen weiter.
Beim Sturm auf die Stadt Metlika fiel ein junger Obergefreiter direkt neben Hans. Er konnte nichts mehr für ihn tun. Nur ein paar Augenblicke vorher hatten sie über die Heimat gesprochen. Wie schön es jetzt wäre, daheim bei der Familie zu sein. Hansen, so hieß der junge Kerl neben ihm. Er hatte es nicht geschafft.
"Kopf runter, Herr Kommandant! Wir sitzen hier tierisch in der Scheiße! Keine Ahnung, was an diesem Kaff so besonders ist, aber die Kroaten scheinen es bis zum letzten Atemzug halten zu wollen!" Leutnant Wörner schrie Winter fast an, als er seinen Lagebericht gab. "Feindliche MG Nester sind hier, hier und hier", deutete er auf eine Karte zeigend an. "Zudem vermuten wir einen oder gleich mehrere Scharfschützen in dem Glockenturm im Westen der Stadt. Arme Sau, der gute Hansen. War ein netter Kerl."
"Arme Sau? Dieser Mann hat mir gerade den Arsch gerettet, indem er mich zur Seite stieß. Das ist ein Held, Wörner!", rief Hans.
Ea war wahr. Wie aus dem Nichts spürte Hans Winter, wie der Obergefreite Hansen ihn zur Seite schubste. Erst wusste er gar nicht, wie ihm geschah, doch im nächsten Moment bemerkte er, wie Hansen mit einem Kopfschuss neben ihm lag. Er hatte seinem Kommandanten das Leben gerettet, indem er das seine gab.
"Wörner! Wenn da irgendwas in dem Glockenturm ist, dann frage ich mich, warum es den Turm immer noch gibt. Zwar sind wir Panzeraufklärer, aber zur Not haben auch wir die passende Antwort, also geben wir sie ihnen!"
Die Antworten hießen zum einen Infanteriegeschütz 18 sowie Panzer IIL. Das sollte nach Hans' Ansicht genügen, um einem simplen Kirchtum dem Erdboden gleichzumachen. Er gab den Feuerbefehl, und die Scharfschützen waren in der Tat Geschichte.
"MG Nester auf 10 Uhr und auf 3 Uhr", rief Hans. Es war ein heißer Ritt auf der Rasierklinge, doch die Soldaten der 3. Schwadron erledigten ihren Aufgabe, für die sie ausgebildet wurden.
Exakt 13 Minuten später sah man in Metlika weiße Fahnen. Die örtliche Miliz kapitulierte bedingungslos und wurde umgehend verhaftet. Leutnant Wörner kam auf Hans Winter zu und erstattete Meldung: "Herr Kommandant, Metlika gehört uns. Ein großartiger Sieg für die 3. Panzerdivision. Die örtlichen Verteidiger sind in Gewahrsam. Versprengte Einheiten sind demoralisiert gen Süden geflohen. Wie lauten Ihre weiteren Befehle?"
Hans schaute gen Himmel, als der junge Leutnant ihm berichtete. "Sichern Sie die Stadt und sorgen Sie dafür, dass die Gefangenen ordentlich behandelt werden. Stellen Sie weiterhin eine Verbindung zur Division her. Ich möchte jemanden für eine Auszeichnung vorschlagen - posthum und mit allen miliärischen Ehren."
"Jawohl, Herr Kommandant!" Leutnant Wörner schlug die Hacken zusammen und entfernte sich.